Benzin im Blut

Nach seiner Zeit als Kartfahrer verfolgt Adrian Hochstrasser (25) die Rennen nun als Zuschauer. Bild: PD

«Das ist mein Heiligtum», sagt Adrian Hochstrasser und zeigt auf seinen speziell für ihn angefertigten, rot- weiss-schwarz gemusterten Helm mit der Aufschrift A. Hochstrasser. «Wenn ich den Helm anziehe, bin ich in einer anderen Welt und kann alles um mich herum ausblenden.» In seinem Zuhause in Teufenthal AG zeugt ein mit Pokalen vollgestopftes Holzgestell von seinen Erfolgen. «In acht Saisons holten wir rund 130 Pokale», sagt Hochstrasser. Wenn er «wir» sagt, meint er die ganze Familie, mit deren Unterstützung er bis vor Kurzem als «FHT Racing Team» Kartrennen fuhr. Hochstrasser holte in seiner Karriere viele Titel und Podestplätze. «In den intensivsten Jahren fuhren wir national und international in den grössten Feldern», sagt der 25-Jährige. Er trainierte jedes Wochenende und mass sich mit den Besten der Welt. Bevor er jeweils mit 130 Stundenkilometern über die Rennpiste brettere, bereitete er sich mental vor. Er hörte seine Lieblingssongs und ging die Strecke im Kopf durch. Und dennoch spielt Improvisation beim Kartfahren eine entscheidende Rolle. Zu unberechenbar sind die Rennen. «Der Start eines Rennens ist pure Freude, Anspannung und Nervenkitzel», beschreibt Hochstrasser den Mix seiner Empfindungen. «Man muss in diesem Moment einfach parat sein.» Bereits sein Grossvater, sein Vater und sein Onkel hatten Benzin im Blut: Sie waren leidenschaftliche Motocross-Fahrer. Auch Hochstrasser versuchte es mit Zweirädern, stieg jedoch schnell um. Mit einer selbst umgebauten Seifenkiste holte er sich fünfmal den Schweizermeister-Titel.

Mit 16 Jahren begann er dann mit Kartrennen. Und auch dort stellte sich der Erfolg schnell ein. Der intensive Sport liess sich glücklicherweise auch mit seiner Lehre in der Schreinerei Ammann in Oberentfelden vereinbaren. «Mein Lehrmeister unterstützte mich enorm und ermöglichte mir, regelmässig Rennen zu fahren», sagt Hochstrasser. «Ich weiss, dass das nicht selbstverständlich ist, und bin sehr dankbar dafür.» Vor vier Jahren wurde Hochstrasser nach Frankreich zu einem Formeltest eingeladen. Dieser lief so gut, dass er vor die Wahl gestellt wurde, eine Karriere im Rennsport oder im Beruf einzuschlagen. «Dies war eine sehr schwierige Entschei- dung», sagt er rückblickend. «Das Renn- fahren machte wahn- sinnig grossen Spass, und ich war erfolgreich.» Trotzdem ent- schied er sich gegen eine Karriere als Rennfahrer. Unter anderem auch, weil der Sport sehr teuer ist und es schwierig ist, davon zu leben. Nach der Rekrutenschule wollte Hochstrasser wieder als Schreiner arbeiten.

«Ich habe nur positive Eindrücke vom Schreinerberuf. Das Schöne daran ist, dass man am Schluss immer das Resultat der Arbeit sehen kann.» Dennoch kam es anders: Dank seines Bruders begann er, auf der Post zu arbeiten. Und auch da war er auf der Ideallinie.

«Der Schreinerberuf förderte mein kreatives Denken und den Sinn fürs Gestalterische. Dadurch bringe ich neue Gedanken in die jetzige Arbeit ein.» Bald wird er das Kadernachwuchsprogramm bei der Post absolvieren. Dies und der bevorstehende Weiterbildungslehrgang in Unternehmensführung veranlassten ihn, eine Pause beim Kartfahren einzulegen und die Rennen nur noch am (Pisten-)Rand mitzuverfolgen.

«Der Schreinerberuf förderte mein kreatives Denken und den Sinn fürs Gestalterische. Dadurch bringe ich neue Ideen in die jetzige Arbeit.»

fh

Veröffentlichung: 26. Juli 2019 / Ausgabe 28-29/2019

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