Bestehendes fit für die Zukunft machen

Die Vakuumgefriertrocknung (Mitte) nach Wasserschäden ist die Spezialität von Docusave (ganz rechts ohne Schaden). Bild: Andreas Brinkmann

Kulturelles.  Mit mehr als 120 Ausstellern und einem umfangreichen Rahmenprogramm hat die Cultura Suisse einen festen Platz in der Schweizer Messelandschaft. Gerade die handwerklichen Ausstellungsbereiche zeigen vieles, was für heutige Schreiner immer mehr relevant wird.

Als Fachmesse für Museen, Denkmalpflege und Kulturgüter präsentierte die Cultura Suisse von Mittwoch bis Freitag vergangener Woche in Bern Firmen mit Lösungen, die über das Normale hinausgehen. Die vierte Ausgabe dieser Messe, die alle zwei Jahre stattfindet, befasste sich unter anderem mit der Erfassung, Sicherung, Aufbewahrung, Klimatisierung und Präsentation von Kulturgütern in Museen. Zudem ging es aber auf den Messeständen auch um viele handwerkliche Produkte und Lösungen, die bei der Renovierung von historischen Bauten und deren Erhalt wichtig sind. Erst mit denen wird auch der Schritt in die Zukunft im Sinne aktueller Anforderungen mit den vorhandenen Liegenschaften aus ganz unterschiedlichen Zeiten ermöglicht.

Bergung und Rettung von Archiven

Egal, ob es um das Bewahren historischer Schriften, Pläne oder Bilder geht oder um Wirtschaftsdokumente, die in Papierform aufbewahrt werden müssen, Wasserschäden sind immer möglich. Eindringendes Wasser mit Schlamm, oder Pilzbefall durch hohe Feuchtigkeit, kann ganze Archive vernichten. Die Docusave AG aus Uetendorf BE hat sich auf die Bergung, Rettung, Trocknung, Dekontamination sowie Reinigung solcher Dokumente und Kulturgüter spezialisiert. Allein schon die Vakuumgefriertrocknung sorgt dafür, dass Bücher wieder zu ihrem originalen Formatzustand kommen. Muss etwas noch perfekter aufbereitet werden, gibt es Firmen, deren Restaurierungskunst auch die letzten Schadensspuren beseitigen. Was für Archive gilt, ist im übertragenen Sinn auch für ganze Gebäude machbar.

Die Vorbereitung historischer Gebäude

Die Bafob GmbH aus Bern macht schweizweit Schadstoffuntersuchungen verschiedenster Art in Gebäuden und organisiert und begleitet allfällige Behebungen. Durch Mitarbeiter mit breitgefächerten, unterschiedlichen Hintergründen sollen sich für fast alle Probleme passende Lösungen finden lassen. Auf dem Stand der Keller AG Ziegeleien aus Pfungen ZH zeigte die STF Swiss AG aus Luzern, dass sie in der Lage sind, komplexe historische Gebäude sowie Umgebungen dreidimensional zu vermessen und in Bim-Modelle oder nutzbare CAD-Daten umzuwandeln. Dazu bedienen sie sich verschiedener Aufnahme- und Messmethoden. Die Keller AG ist auch bekannt für sehr kompliziert aufgebaute Ziegelsteinwände, die per Roboter geschichtet werden. Digitale Daten sind da zum Beispiel ein absolutes Muss.

Natürliche Dämmmaterialien

Dekontaminierte und erfasste Gebäude sollen dann in der Regel so für die Zukunft aufbereitet und nutzbar gemacht werden, dass sie das Gute von früher bewahren und dennoch heutigen Ansprüchen genügen. Natürliche Baustoffe können dabei Vorteile haben. Die Firma Stroba aus Kemptthal ZH zeigte, dass Dämmplatten auch aus Hanf hergestellt werden können. Die Firma Fiwo aus Amriswil TG hat nun zu ihren Isolationsplatten aus Wolle auch einen in sich stabilen Dämmzopf aus Schafwolle, der gut aus dem Aufbewahrungssack herausgleitet und abgerissen werden kann.

Besser als die Spritze vom Arzt

Wer viel mit Furnier gearbeitet hat, kennt die Situation, dass der Leim an einer Stelle nicht perfekt hält und es einen Kürschner gibt – eine Luftkammer unter dem Furnier. Dann holt man beispielsweise in einer Apotheke eine grosse Medizinalspritze mit einer möglichst dicken Nadel, um Leim in diesen Hohlraum zu spritzen und die Stelle nachzupressen. Für alle, die irgendwelche Flüssigkeiten präzise an schwer zugängliche Stellen befördern müssen, hat die H. Sigrist & Partner AG Dosiersysteme im Angebot, die mittels mechanischer Pumpen oder Handspritzen funktionieren. Die genau zum Einsatzzweck passenden Spritzaufsätze werden dabei auf die Spritzen aufgeschraubt und können somit nicht abfallen. Es gibt sogar eine sehr feine Düse, die für die Arbeit mit Sekundenkleber tauglich sein soll.

Muster vergangener Zeiten

Fliesen legen gehört definitiv nicht zu den Aufgaben eines Schreiners. Das Einplanen besonderer Flächen bei Aufträgen kann aber ein Vorteil sein. Die Zahna-Fliesen GmbH aus Deutschland hat sich auf die originalgetreue Reproduktion alter Fliesen spezialisiert. Dieses Feinsteinzeug verfügt über Farben, die tief in die Oberfläche reichen, und wird schon vor dem Brennen mit einer Versiegelung versehen, die den Flecken- und Feuchteschutz verstärkt. Die bestehende Kollektion erlaubt historische Bildzusammenstellungen, die beispielsweise wie ein «Fliesenteppich», unter einer frei stehenden Badewanne in einen Parkettboden eingelegt, denkbar sein könnten. Das gilt auch für Nischenrückwände.

Beschläge, die weitergedacht wurden

Kunstschmiede sind zurzeit sehr gefragt, da nicht nur historische Bauten mit solchen Produkten bestückt werden. Was mit besonders geformten Knotenelementen für geschmiedete Gitter begonnen hat, wendet die Kunstschmiede Hedinger aus Bonstetten ZH auch für die Nachbildung von Drückergarnituren an. Mittels 3D-Druck in Metall können moderne Befestigungen integriert werden, und die Elemente sind durch mögliche Hohlräume leichter. Die Werk14 AG aus Grünen BE hat die ganze Befestigungstechnik ihrer Espagnolettenverschlüsse für Fenster immer weiter optimiert, damit sie einfacher montierbar und sicherer werden. Es gibt sogar einen Dreh-Kipp-Verschluss. Bei der Hager Zierbeschläge AG in Niederurnen GL wurde gezeigt, wie sich ein Espagnolettenverschluss abschliessen lässt. Die Glutz AG aus Solothurn präsentierte eine historisch wirkende Sicherheits-Drückergarnitur, die allen Anforderungen genügt. Diese wurde auf der Innenseite einem historischen Vorbild exakt nachgebildet.

Aktualisierte Türen

Egal, wie alt die Gebäude sind, die heutigen Anforderungen an Türen müssen erfüllt werden. Ein authentisches Modell auf dem Stand der FeuerschutzTeam AG, der mehrere Türenfabrikanten angehören, zeigte, wie mit den originalen Türelementen an gleicher Position alle Ansprüche erfüllt werden können. Die Schreinerei König AG aus Gümligen BE hatte sogar eine der beiden aufgedoppelten, aufgetrennten Türhälften ausgehängt. Die Firma will sich auch mit der Brandschutztauglichkeit von Fenstern in engen Altstädten befassen. Was die hochmoderne Zugangssteuerung «Lotta» bei einer historischen Tür mit Kastenschloss bewirken kann, wurde auf dem Stand der Jos. Berchtold AG sehr eindrücklich gezeigt. Via App lässt sich das Kastenschloss mit dem modernen Einsteckschloss verbinden.

www.cultura-suisse.ch

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 18. April 2024 / Ausgabe 16/2024

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