Bewährtes erhalten und Altes bewahren

Walter Keiser bei der Retouche einer Oberfläche. Für seine Modularbeit wählte er ein Wirtshausschild. Bilder: Pius Duss

Handwerk in der Denkmalpflege.  Diesen Sommer werden voraussichtlich die ersten Schreiner den Lehrgang «Handwerk in der Denkmalpflege» beenden und damit das eidgenössische Diplom erlangen. Drei zukünftige Absolventen sind in ihren jeweiligen Modulen im Schlussspurt.

Wer sich als Schreiner im Bereich der Restaurierung und Denkmalpflege spezialisieren will, landet früher oder später bei den Luzerner Schreinern, die in diesem Bereich seit Langem Weiterbildungen anbieten. Seit 2012 wird im Schulungszentrum Rothenburg die Möbelrestauratorenausbildung mit zwei fächer- und berufsübergreifenden Modulen ergänzt. Deren erfolgreiches Bestehen ist eine Voraussetzung für den eidgenössischen Fachausweis «Handwerker/in in der Denkmalpflege», Fachrichtung Möbel- und Innenausbau.

Diese zusätzlichen und für Schreiner relativ neuen Module «U1» und «U2» ergänzen die bestehenden fünf fachspezifischen Module des Möbelrestauratorenlehrgangs. Für den Lehrgang zugelassen sind gelernte Schreiner, Drechsler oder Holzbildhauer.

Vernetzung in der Denkmalpflege

In den fachspezifischen Modulen sind die Möbelrestauratoren noch unter sich. Die beiden weiterführenden Module werden dagegen auch von Absolventen der Fachrichtungen Gartenbau, Holzbau, Malerei, Mauerwerk/Verputz, Naturstein oder Pflästerung/Trockenmauerwerk besucht. «Es ist genau diese Mischung, welche die Absolventen des Lehrgangs so schätzen», sagt Armin Schmid, Leiter Weiterbildung bei den Luzerner Schreinern. Ziel des Lehrgangs sei es unter anderem, den Austausch zwischen den verschiedenen Berufen zu fördern. In der Praxis arbeiten alle Berufsleute am selben Objekt – da sei es nur wünschenswert, wenn jeder beteiligte Handwerker Verständnis für die Arbeit des anderen aufbringen könne. Ein weiterer Aspekt der Ausbildung ist gemäss Schmid die Vernetzung der Lehrgangsteilnehmer im Bereich der Denkmalpflege.

Einige Inhalte der Ausbildung

Im Modul «U1» werden hauptsächlich Grundkenntnisse vermittelt, was Funktionsweise, Hauptaufgaben, Kernaspekte und Anliegen der Denkmalpflege angeht. Das Modul «U2» setzt die Bedürfnisse der Branche dann praktisch um. Behandelt werden Vorgehens- und Arbeitsweise, aber auch fachgerechte Interventionen. Kenntnisse über Materialien und Arbeitstechniken bilden dafür die Grundlage und werden ebenso im Lehrgang vermittelt.

Jedes Modul verlangt am Ende nach einem Kompetenznachweis. Dieser könne praktisch oder schriftlich erfolgen, lässt Armin Schmid verlauten. Auch wenn konzeptionelle Arbeiten eher in den Kompetenzbereich von Restauratoren oder Konservatoren mit Fachhochschulabschluss fallen, müssen «Handwerker in der Denkmalpflege» ihre Arbeiten dokumentieren können. Das Erstellen einer solchen Dokumentation ist genauso Inhalt des Lehrgangs wie die Planung des konkreten Vorgehens oder das Offertwesen.

Voraussetzungen für den Lehrgang

«Schreiner, die diese Ausbildung in Angriff nehmen, sind Leute mit einem speziellen Flair», stellt Armin Schmid fest. Man könnte nun lange über die Eigenschaften diskutieren, die jemand mitbringen muss, um im Lehrgang am richtigen Ort zu sein. Folgende Vorlieben verbinden die Absolventen jedoch ganz gewiss: Sie sind allesamt engagierte Berufsleute mit einem Interesse an historisch bedeutenden Objekten. Sie mögen die Zusammenarbeit mit Fachleuten aus Denkmalpflege, Architektur, Konservierung und Restaurierung. Sie wollen nicht alles neu erschaffen, sondern Bewährtes erhalten und Altes bewahren. Und sie interessieren sich für die Geschichte von Objekten; wollen diese lesen und sie der Nachwelt weitererzählen.

Die Oberfläche im Fokus

Einer, der sich diesen Sommer nach bestandener Berufsprüfung «Handwerker in der Denkmalpflege» nennen darf, ist Walter Keiser. In seiner siebenjährigen selbständigen Tätigkeit als Schreiner, Zimmermann und Möbelrestaurator hat er schon vielen historischen Objekten zu einem frischen Dasein verholfen. «Allerdings wagte ich mich nie an die Oberfläche von Stilmöbeln», nennt er seine persönliche Motivation, den Lehrgang zu besuchen. Für solche Arbeiten hat der Zuger dann jeweils einen Spezialisten engagiert.

Als Projektarbeit hat Walter Keiser ein rund 400-jähriges, bemaltes Wirtshausschild wieder instand gestellt, dessen Firnis stark verunreinigt war und einen Grauschleier aufwies. «Es ging mir darum, das Wirtshausschild zu reinigen und zu konservieren, die Patina des Bildes zu erhalten, und nicht darum, das Bild wieder wie neu aussehen zu lassen», erklärt er seine Philosophie, die auch derjenigen der Schule entspricht.

Um Erkenntnisse über die bestehende Oberfläche zu gewinnen, hat Walter Keiser in der Analyse unter anderem UV-Licht eingesetzt. Die Reflexionen in Zusammenhang mit den Informationen vonseiten der Besitzerschaft zeigten ihm, dass das Bild wohl noch in seinem Originalzustand sein musste. Ein Lösungsmitteltest, durchgeführt in einer Ecke des Bildes, gab ihm Aufschluss darüber, welches Lösungsmittel für die nachträgliche Reinigung am besten geeignet sein würde.

Durchgängiges Bildungssystem

Auch Marco Böckli wird in Kürze mit dem Modul «U2» abschliessen. Die fachspezifischen Module hatte der im elterlichen Betrieb tätige Möbelrestaurator bereits vorgängig absolviert. Trotz Überarbeitung des alten Lehrgangs sei ihm das alte Restauratorendiplom als gleichwertig anerkannt worden, erklärt Armin Schmid das durchgängige Bildungssystem. Allerdings hat sich Marco Böckli nicht für den Standort Rothenburg, sondern für Biel entschieden, denn die beiden fächerübergreifenden Module können auch an der Berner Fachhochschule besucht werden.

Marco Böckli verspricht sich von der zusätzlichen Ausbildung, seine beruflichen Tätigkeiten vermehrt in den Innenausbau von denkmalgeschützten Häusern verlagern zu können.

Als Modularbeit hat der Zürcher dennoch ein Buffet aus der Nordostschweiz gewählt, das vermutlich um 1770 entstanden ist. Sein Vorgehen zeigt, dass das «Handwerk» an der Berner Fachhochschule ähnlich gelehrt wird wie beim VSSM. «Die Moduldefinition ist dieselbe», bestätigt Armin Schmid.

Erweiterung des Horizonts

Ebenfalls mit Sorgfalt ging Manuel Krischker die Restaurierung einer Kommode an, die er für seine Modularbeit auswählte, welche ihn im Sommer vorerst zum Möbelrestaurator machen soll. Die beiden Zusatzmodule beabsichtigt er gleich an das Attest anzuhängen, um dann voraussichtlich in zwei Jahren mit dem eidgenössischen Fachausweis «Handwerker in der Denkmalpflege» abzuschliessen.

Der Schreiner aus Dresden arbeitete vorerst in seiner Heimat, bevor es ihn ins Bündnerland zog und er seine Liebe zu antiken Möbeln entdeckte. Als Mitarbeiter bei Urs Ettlin Antiquitäten in St. Moritz ist er heute vor allem im Bereich der alpenländischen Möbel tätig. Von der Ausbildung hat er sich erhofft, das eigene Wissen zu erweitern und seine Fertigkeiten zu vertiefen. «Ich will viele Stile verstehen», sagt Manuel Krischker; und ergänzt, dass man nie ausgelernt habe. Als ehemaliger Küchenbauer und Möbelschreiner macht er zudem eine Aussage, die einen weiteren Grund für die zusätzliche Ausbildung vermuten lässt: «Schleifen gibt es bei uns kaum», erklärt er die Grundhaltung, welche den «Handwerker in der Denkmalpflege» vom Schreiner unterscheidet. «Um die Patina zu bewahren, ist eine mechanische Bearbeitung der Oberfläche nicht zu empfehlen.»

www.luzerner-schreiner.chwww.holzatelierkeiser.chwww.boeckli-antiquitaeten.chwww.ursettlin.ch

Nächster Lehrgang

Von ZPK und MAEK unterstützt

Die Ausbildung «Handwerker/in in der Denkmalpflege», Fachrichtung Möbel und Innenausbau, startet am 24. Oktober 2014 im Kurszentrum Rothenburg. Anmeldeschluss ist Ende Juni, die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Der Lehrgang ist MAEK- und ZPK-unterstützt. Eine komplette Modulübersicht und weitere Infos sind online verfügbar.

www.handwerkid.ch

MW

Veröffentlichung: 26. Juni 2014 / Ausgabe 26-27/2014

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