Bewegliche Wände aus Glas

Die winkelförmige Glasfront lässt sich vollständig im Boden versenken. Bild: Air-Lux Technik AG

Grossformate.  Die unverbaute Sicht in die freie Natur ist der grosse Trend in der derzeitigen Architektur. Der Ansporn, sehr grosse Fensterelemente realisieren zu können, ist daher bei den Herstellern gegeben und herausgekommen sind schon viele einzigartige Produkte.

Der Wunsch nach uneingeschränkter Sicht und die heutigen technischen Möglichkeiten führen zu immer grösseren Fensterformaten mit zum Teil auffällig unauffälligen Fensterrahmen.

Unendlich lange Glasscheiben

Mit der Erfindung des Herstellungsprozesses von Floatglas durch die englische Firma Pilkington Brothers, wurde die Möglichkeit geschaffen, ein endloses Glasband zu produzieren. Die Glassmasse gelangt dabei aus der Schmelzwanne auf ein Zinnbad und anschliessend über einen Rollentisch durch den Kühlkanal zur Schneideanlage, um formatiert zu werden. So ein Glasband ist mehr als drei Meter breit und nur die Länge des Auflagetisches nach der Schneidanlage bestimmt, wie lang eine Scheibe noch perfekt aufliegt und somit, wie lang sie werden kann.

Die Scheibenbreite reicht für die ganze Höhe eines normalen Stockwerks eines Gebäudes. Welche Länge verbaut werden kann, hat auch mit den technischen Möglichkeiten bei der Veredelung des Glases und der Produktion von Isolierglaselementen zu tun. Bei beweglichen Elementen, wie beispielsweise Schiebetüren, gehört dann eine geeignete Beschlagstechnik dazu, die das doch beträchtliche Gewicht bewältigen kann. Und es muss ein sicherer Transport, inklusive Einbau, sichergestellt sein.

Maximale Transparenz

Die Sky-Frame AG aus Frauenfeld TG ist laut Firmenangaben einer der führenden Anbieter von rahmenlosen Schiebefenstersystemen. «Dank der spektakulären rahmenlosen Glasfronten und des schwellenlosen Übergangs verschmelzen das Innen und Aussen zu einem Lebensbereich», heisst es seitens der Firma.

Beim Modell Sky-Frame Original sind die Fenster von der Decke bis zum Boden randlos transparent, was durch das in den Boden eingelassene Führungssystem möglich ist. Dank automatischem Antrieb können grosse Fensterverglasungen leise und auf Wunsch sogar ferngesteuert bewegt werden. Die komplexe Technik wird bei Sky-Frame unsichtbar eingebaut.

Mithilfe der verschiedenen Systeme, die erhältlich sind, lassen sich auch gebogene oder geneigte Schiebefenster realisieren. Mit dem Sky-Frame Hurricane bietet die Firma sogar ein hurrikangetestetes, rahmenloses Schiebefenster an. Es entspricht den Kriterien des massgebenden Standards der Branche – «High Velocity Hurricane Zone» gemäss Florida Building Code. Und ja, es gibt auch ein spezielles System für den Schutz gegen Beschuss.

Gerahmte Schiebeelemente

Der Tessiner Fensterbauer Suisse Frame AG aus Piotta ist für seine grossen Schiebetürfenster aus Holz und Holz-Aluminium bekannt. Während bei einer Variante die festen Glaselemente ohne sichtbaren Rahmen auskommen, verfügen deren Schiebeelemente über einen nach heutigen Massstäben normal dimensionierten Holz-Aluminium-Rahmen. Das Unternehmen verspricht ausser der schönen Optik auch mehr Komfort beim Gebrauch, da der Flügel nicht wie sonst üblich angehoben wird. Auch hier kommen sehr grosse und somit schwere Formate zum Einsatz, um das Sichtfeld durch möglichst wenige Friese pro Front zu stören.

Überdimensionierte Drehtüren

Nicht nur Schiebeelemente können gross sein. Auch für Drehtüren gibt es Bänder, die raumhohe Flügel mit beispielsweise 300 kg Gewicht zulassen. Einen solchen Flügel zu betätigen, fühlt sich schon sehr beeindruckend an, denn die Masse ist bei der Schwenkbewegung, im Gegensatz zu Schiebetüren, deutlicher spürbar.

Wenn es aber um wirklich grosse Elemente gehen soll, werden heute Pivot-Systeme verbaut. Dabei schwenkt die Tür nicht wie sonst üblich an seitlich angebrachten Bändern. Je ein Zapfenband im Querfries zur Decke und zum Boden ergeben die Drehachse, um den das Fensterelement gedreht wird. Durch die Drehung entstehen beidseitig der Achse Durchgangsöffnungen, die bei mittlerer Achsposition identisch, bei aus der Mitte versetzter Achse asymmetrisch sein können. Der untere Achsdrehpunkt nimmt gleichzeitig auch das ganze Gewicht des Drehelementes auf und benötigt eine entsprechende Lagerung.

Drehbares Wandelement

Es ist faszinierend, wenn ein raumhohes Glaselement durch Drehung einen Durchgang freigibt. Anspruchsvoll ist das Abdichten einer solchen Aussenfront im geschlossenen Zustand. Die Air-Lux Technik AG aus Engelburg SG arbeitet mit pneumatisch betriebenen Dichtungen. Ihre aufblasbare Dichtung liegt zu 100 % dicht am Rahmen an und lässt weder Lärm noch Schlagregen oder Wind in den Raum. Dafür sorgen zwei umlaufende Ringdichtungen, die vollumfänglich in den Aluminiumprofilen integriert sind und keine Schwachstellen in den Ecken haben. Sie kennen auch keinerlei Reibwiderstände, wie sie sonst bei Systemen mit herkömmlichen Bürstendichtungen vorkommen.

Die Firma fertigt Pivot-Türen von bis zu 5000 mm Höhe und 3000 mm Breite mit einem maximalen Gewicht von 1500 kg. Die Türen verfügen über insgesamt vier elektromechanische Verschlusspunkte und zwei Drehpunkte, die mittels Kugellager mit dem Festteil verbunden sind. Elektronische Komponenten für die Überwachung der Schliessstellung und Verriegelung der Türen ermöglichen ein bequemes Ansteuern und Überwachen der Drehtür über die Haustechnik. Die Bedienung von innen erfolgt vorzugsweise über einen Drucktaster, der im vertikalen Rahmenprofil eingebaut ist. Das Betätigen löst die Entlüftung der Dichtung und die Entriegelung aus und umgekehrt. Im Aussenbereich sind Zugangsoptionen wie Schlüsselschalter, Zahlencode oder Fingerprint verfügbar. Die Ansteuerung und die Kontrolle des Schliesszustands sind zudem über Gebäudeleitsysteme oder mobile Geräte wie Smartphones und Tablets möglich. Im Falle eines Stromunterbruchs erfolgt die Schliessung über eine Notstromversorgung.

Im Boden versenkt

Mit ihrem versenkbaren Fenster bietet Air-Lux eine neue Art der Öffnung an. Die ganze Breite der Fensterfront lässt sich öffnen und in den Boden versenken. Der Vorteil gegenüber einem Schiebeelement liegt darin, dass kein Festelement nötig ist, vor das der Schieber geschoben werden muss. Auch hier überzeugt das Dichtungssystem mit den umlaufenden, aufblasbaren Ringdichtungen.

Je grösser ein Senkfenster realisiert werden kann, desto eindrücklicher ist der Effekt im geöffneten Zustand. Einzig die Dimension des Glases begrenzt die Fläche. Aktuell ist ein durchgängiges Glaselement von 16 000 mm Länge in Arbeit. Bezüglich des Gewichts gibt es keine Limitierung. Es können Glasdicken von bis zu 60 mm verbaut werden, wobei auch Sicherheitsglas mit Durchschusshemmung möglich ist. Das Senkfenster steht auf einem stabilen Tragwerk, das mit einem Gegengewicht verbunden ist. Dadurch ist das Fenster ausbalanciert und kann mithilfe eines elektrischen Antriebs geräuschlos auf und ab bewegt werden. Im Falle eines Stromausfalls lässt sich jede Front auch manuell schliessen.

www.sky-frame.comwww.suisseframe.chwww.air-lux.ch

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 27. Oktober 2022 / Ausgabe 43/2022

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