Das ist der Hammer

Zeig mir deinen Hammer, und ich sage dir, was du machst. Fast jedes Handwerk hat seinen eigenen «verlängerten Arm». Bild: Hans Hansen

Werkzeug.  Der Hammer ist das wohl älteste Werkzeug. Durch die Spezialisierung der Berufe hat er sich mit der Zeit dem jeweiligen Handwerk angepasst. Entstanden ist eine enorme Vielfalt an Gebrauchsformen. Der Schreiner nutzt nur wenige davon.

Eine Ausstellung im Gewerbemuseum Winterthur animiert dazu, beim Handwerkzeug einmal genauer hinzuschauen. Designer und Dozent Franco Clivio zeigt in den Räumlichkeiten am Kirchplatz 14 noch bis 6. Oktober seine Sammlung aus Gegenständen, deren Gestalter nicht bekannt sind. «No Name Design» lautet der passende Name für die Wunderkammer, die in unterschiedliche Themen gegliedert ist. Eines davon heisst «Alles im Griff», da geht es um die ergonomische Gestalt von Griffen. «Die Natur kann es am besten» zeigt Objekte aus Naturmaterialien. Ein anderes Thema heisst «Schlag auf Schlag». In der so beschrifteten Vitrine befindet sich Schlagwerkzeug in allen erdenklichen Formen und Farben, Grös-sen und Gewichtsklassen.

«Das Einfache ist nicht einfach»

Was die Hämmer in der Ausstellung mit den übrigen unscheinbaren Objekten gemeinsam haben, ist nicht nur, dass sie den strengen Kriterien des Designer- und Sammlerauges genügt haben. Sie sind schlicht, einfach und gerade deshalb von grossem Nutzen. «Das Einfache ist nicht einfach», sagt Franco Clivio in diesem Zusammenhang gerne. Und meint damit wohl etwas, was dem Schreiner bestens bekannt sein dürfte: Auf Plänen sieht vieles einfach aus. Die Probleme entstehen zuweilen erst in der Praxis, wenn man die Ideen umzusetzen versucht und virtuelle Daten in der Materialisierung ihre Herausforderung finden. Abhilfe verschaffen kann sich der Schreiner in diesem Fall mit unschönen Äusserungen, lösungsorientierten Telefonaten oder dem grossen Hammer. Oft ist eine einfache Lösung dann genau die richtige.

Ein Werkzeug, viele Werkzeuge

In den USA verleiht der Richter mit seinem Hammer einem Urteil Nachdruck. Bei der Auktion wird mit einem ähnlichen Werkzeug der endgültige Käufer «festgenagelt». Hierzulande prüft der Arzt mit einem etwas kleineren Exemplar den Patellasehnenreflex seiner Patienten. Steinbildhauer und Steinmetze nennen ihren Hammer Fäustel. Der Boxer benötigt nicht eigentlich einen Hammer, um einen Hammer zu landen. Die eigene Faust ist sein Werkzeug.

Dass fast jedes Handwerk seinen eigenen Hammer hat, beweist die deutsche Traditionsschmiede Picard. Auf der Website bewirbt der Werkzeughersteller gleich 350 verschiedene Hämmer für jegliche Berufe. Der «Latthammer 790» mit preisgekrönter Form beispielsweise ist gänzlich aus Stahl geschmiedet. Sein Griff ist mit einer aufwendigen Ummantelung aus verschleissfesten Kernlederplatten ausgerüstet. Nagelzug und Nagelhalter sind gehärtet.

Beim Hammerkopf wird das hintere, breite Ende Bahn genannt. Die Schmalseite dagegen nennt man Finne. Diese Zonen müssen nicht nur beim guten Schreinerhammer gehärtet sein. Der Stiel wird im Auge aufgenommen, die Mittelzone des Kopfes nennt man Haus.

Stiele aus Holz

«Aus welchem Holz der Stiel gefertigt ist, spielt eine grosse Rolle», sagt Daniel Gasperi von Picard. «Eschenholz ist etwas günstiger als Hickoryholz. Es erfüllt die Mindestanforderungen, welche die DIN an Hammerstiele stellt.» Hickory dagegen wächst langsamer, ist langfasriger, und damit noch elastischer. Die Faserung von Hickory verhindere bei einem Defekt in den meisten Fällen ein gänzliches Abreissen des Hammerkopfes, und damit gleichzeitig die Verletzungsgefahr. Ein doppelt geschwungener Schaft liegt besonders gut in den Händen. Noch wichtiger als die Beschaffenheit des Stiels ist gemäss Daniel Gasperi jedoch der Stahl, aus dem der Kopf gefertigt ist. «Die Mindestanforderung ist C45», sagt er. Picard verwende ein Hausrezept, welches die Anforderungen übertreffe.

Hämmer, die für Schreiner infrage kommen, können wie folgt grob zusammengefasst werden.

Der Schreinerhammer: Den Schreinerhammer gibt es in französischer oder englischer Form. Die Bezeichnung geht auf Normen zurück, welche in den entsprechenden Ländern die Formen, Masse und Gewichte definieren. Der englische Schreinerhammer wird in der Schweiz kaum benutzt. Er weist eine runde Bahn auf und wird zuweilen auch als Ingenieurhammer bezeichnet. Der französische Schreinerhammer besteht aus einem Stiel, meist aus Esche oder Hickory, sowie einem geschmiedeten, lackierten Kopf. Letzterer sorgt mit einer eleganten Verjüngung zur Finne hin dafür, dass Nägel angesetzt werden können, ohne sich dabei auf die Finger zu hauen. Meist sorgt heute ein Rundkeil dafür, dass der Stiel in dem von beiden Seiten leicht konischen Auge des Kopfes fest verankert ist.

Der Schonhammer: Wie es der Name sagt, geht es beim Schonhammer darum, dass der Hammerkopf keine unerwünschten Zeichen hinterlässt. Den Kunststoffhammer mit Holzstiel benutzen zahlreiche Schreiner für den Möbelzusammenbau. Eine Kombi-nation zwischen Schreinerhammer und Schonhammer bietet die Schweizer Firma PB Swiss Tools. Der sogenannte Kombihammer besitzt auf der einen Kopfseite einen auswechselbaren Kunststoffeinsatz aus Polyamid (Nylon). Die andere Seite ist mit einer Stahlfläche bestückt, die das Werkzeug für den vielseitigen Einsatz prädestiniert. Weil die Kunststoffeinsätze auswechselbar sind, muss sich der Käufer nicht für den einen oder den anderen Hammer entscheiden.

In Wasen im Emmental stellt PB Swiss Tools seit längerer Zeit den berühmten rückschlagfreien Hammer mit den Kunststoff-einsätzen her. Dabei werden die Backen noch selber gedreht. Ebenso die Zwischenstücke für die Anbindung an den Holzstiel verschweisst man mitten im Emmental. Die Hämmer sind mit oder ohne Rückschlag sowie mit einem Stiel aus FSC-zertifiziertem Hickory oder Glasfaser erhältlich. Glasfaser hat den Vorteil, dass sie langlebiger ist als Holz, Vibrationen besser absorbiert und nicht auf klimatische Einflüsse reagiert.

Der Latthammer: In luftiger Höhe hantiert der Zimmermann gerne mit einem Werkzeug, das ihm eine Hand freihält. Der Klauen- oder Latthammer, wie er gemäss Stanley in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich benutzt wird, gewährt ihm diese Freiheit – insbesondere dann, wenn der Hammerkopf mit magnetischem Nagelhalter ausgerüstet ist. Latthämmer sind oftmals aus einem Stück geschmiedet und haben nicht selten einen ergonomischen Griff mit gutem Grip. «Mit einer Art integrierter Stimmgabel können wir zudem die Vibration dämpfen», sagt Gunnar Karmann von Stanley. Einige Produkte versprechen bis zu fünfmal weniger Vibrationen gegenüber Holzstielen. Schliesslich sei die Frage nach dem richtigen Hammer aber eine Frage des Preises und der Einstellung, so der Hammerkenner. Bei der Entscheidung schwinge stets auch der Stolz des Handwerkers mit.

www.gewerbemuseum.chwww.pbswisstools.chwww.picard-hammer.dewww.stanleyworks.de

Nachgefragt

Petra Jordi

Gelernte Bodenlegerin bei Olivier Lustenberger Parkett und Bodenbeläge in Madiswil.

SchreinerZeitung: Welche Hämmer befinden sich in Ihrer Werkzeugkiste?

Petra Jordi: Ich habe vier Hämmer in meinem Werkzeugsortiment. Darunter befinden sich zwei verschieden schwere Hämmer mit Metallkopf und Holzstiel. Zusätzlich besitze ich einen Kunststoffhammer sowie einen Nahthammer.

Wofür benutzen Sie diesen Nahthammer, und wie sieht der aus?

Wir sagen diesem Werkzeug einfach Nahthammer. Man schlägt damit keine Nägel ein, sondern drückt die Stösse von Linoleum oder Teppich an der Leimfläche fest. Es handelt sich hier um einen spezifischen Hammer für Bodenleger. Er besitzt vorne eine breite, stumpfe Finne.

Wann benutzen Sie den Kunst- stoffhammer und wann die Schlosserhämmer?

Den Kunststoffhammer benutze ich zum Anschlagen von Klebeparkettriemen. Der schwere Schlosserhammer kommt bei Massivholzdielen zum Einsatz. Da aber immer mit der entsprechenden Zulage.

Ist der Hammer oft im Einsatz?

Ja, sehr oft sogar. Er steckt aber nicht etwa in der Seitentasche, sondern liegt stets in der Werkzeugkiste bereit.

www.lustenberger-parkett.ch

Nachgefragt

Adrian Tschanz

Gelernter Schreiner und Holzbild- hauer. Sein Atelier hat er in Gwatt bei Thun.

SchreinerZeitung: Herr Tschanz, Sie benutzen einen Holzhammer zum Schnitzen Ihrer Skulpturen. Weshalb?

Adrian Tschanz: Ich benutze den Schlegel, weil man sich damit beim Meisseln dank der grossen Schlagfläche nicht auf die Finger haut. Als Holzbildhauer besitze ich Schlegel in drei Grössen. Den kleinsten setzt man für feine Schriften ein, den grössten für mächtige Skulpturen.

Ist der Schlegel aus einem besonders harten Holz hergestellt?

Er sollte sicherlich aus Hartholz sein. Die Holzart spielt aber nicht so eine Rolle. In meiner Karriere als Bildhauer habe ich erst wenige Holzhämmer ver- braucht. Man kann Birnbaum nehmen, Apfel oder Esche …

Dann bauen Sie den Schlegel selber?

Nein, ein befreundeter Drechsler hat mir mal einen gebaut.

Welchen Hammer würden Sie dem Schreiner bei Arbeiten mit dem Stechbeitel empfehlen?

Ich empfehle mit Stechbeiteln einen Holzschlegel. Die Schlagflächen am Schaftende nehmen dann keinen Schaden. Der Meissel des Schnitzlers ist da noch heikler, weil er ein Heft aus Massivholz aufweist.

www.holzbildhauerei-tschanz.ch

MW

Veröffentlichung: 15. August 2013 / Ausgabe 33/2013

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