Das Küchenmöbel hebt ab

Die «MOON»-Küche von Ancona bringt alle aktuellen Trends auf den Punkt. Bild: Noah J. Gautschi

Eurocucina.  Die Angliederung des Kochraums an den Wohnbereich war in den letzten Jahren ein grosses Thema in der Branche. An der Fachmesse Eurocucina in Mailand zeigen die Hersteller erste praxistaugliche Modelle, die gut aussehen und sich auch zum Kochen eignen.

Vergangene Woche war es wieder so weit – die alle zwei Jahre parallel zum «Salone del Mobile» in Mailand (I) stattfindende Küchenmesse «Eurocucina» öffnete ihre Tore.

Zahlreiche Fachbesucher aus der Küchen-, Design- und Einrichtungsbranche liessen sich durch die neuen Küchenkonzepte der Hersteller aus aller Welt inspirieren. Und anders als in vergangenen Jahren stellten die meisten Aussteller auch ihre Interpretation einer modernen Küche im Rahmen der Messe vor. Denn die Ansprüche der Kundschaft an das Design und die Funktion einer Küche sind gestiegen. Wie im Möbelsektor sind individuelle Anpassungsmerkmale und Variantenvielfalt gefragt.

Die Werkstatt hat sich gemacht

Schon an der letzten «Eurocucina» zeigte sich der Wandel vom reinen Designobjekt bis hin zur Küchenwerkstatt. In diesem Jahr perfektionierten die Hersteller diesen Trend. Grossflächige und robuste Arbeitsbereiche mit stabilen und funktionalen Armaturen und Bedienelementen unterstützen die Küchenbenutzer aktiv.

Ausschwenkbare oder ausfahrbare Arbeitsplatten bringen auch in kleinere Räume den zusätzlich benötigten Arbeitsraum. Dort ist Qualität gefragt, denn an den Ausstellungsküchen wurde gewackelt, gezogen, geklopft und jeder Schalter ausprobiert. Der Kunde will die Qualität spüren und sehen, deshalb hatten einige Hersteller eigene Küchenteams am Stand, welche die ausgestellten Elemente im Praxisgebrauch vorführten. Die Elektrogerätehersteller bieten diesem Trend folgend ebenfalls vermehrt wieder haptische Bedienelemente an, welche die Touchfunktionen ersetzen oder ergänzen. Somit ist auch mit der nassen oder fettigen Hand eine Bedienung möglich. Bei den Armaturenherstellern spielt die Sensortechnik, die eine Bedienung ohne direkten Handkontakt ermöglicht, in diesen Trend hinein.

Auf jeden Fall zeigten die Hersteller, dass die verbauten Geräte, Beschläge und Armaturen sowie die eingesetzten Arbeitsflächen neben einer tollen Optik auch im Gebrauch überzeugen können.

Offener Stauraum als Ergänzung

Durchs Band zeigte jeder Küchenhersteller seine eigene Interpretation des offenen Stauraumkonzeptes. Seien es nur partiell eingesetzte oder komplett über eine ganze Wand gezogene, offene Regale – Ablagen, Nischen und Einschubfächer gehören unbedingt zum aktuellen Küchentrend.

In Verbindung mit einem funktionalen Arbeitsbereich unterstützen offene Ablagen für die gebräuchlichsten Kochutensilien oder Gewürze das Kocherlebnis. Grössere Fächer, Regale oder Hängetablare bieten leicht zugänglichen Platz für Pfannen und Töpfe direkt bei der Kochstelle. Einzelne Kubusregale oder vitrinenähnliche Hängeregale unterstützen die Gestaltung und bringen Platz für individuelle Dekorelemente und Accessoires.

Abgehobener Gestaltungstrend

Schwebend, leichtfüssig oder aufgehängt kamen viele Küchenelemente daher. Dadurch wird die Annäherung an den Wohn- und Wohlfühlraum nochmals verstärkt und die Küchenzeile wirkt leicht und edel. Von 30 bis zu 400 Millimeter hoben die Aussteller ihre Küchen mit Untergestellen oder Wandaufhängungen an. Praktisch keine Küche mit traditionellem Sockel konnte auf der Messe entdeckt werden, was den Innenausbauer auch im Kundenauftrag fordern wird. Denn für Wasseranschlüsse, Abwasserleitungen und Elektrokabel müssen optisch und technisch funktionierende Lösungsalternativen gefunden werden. Gerade in der Schweiz, wo Küchen meistens in kleinere Räume eingebaut werden, ist ein genaues Abwägen von optischer Erscheinung und dem dadurch resultierenden Platzverlust ratsam.

Auch die Unterbringung von Elektrogeräten wie Geschirrspülern, Backöfen oder Steamern kann durch den fehlenden Sockelbereich zu Komplikationen führen, wenn dies in der Planung nicht beachtet wird.

Individualität ist gefordert

Vermehrt fordert der Kunde Möglichkeiten zur individuellen Anpassung seiner Küche. Dieser Nachfrage kommen die Küchenhersteller mit neuen Materialkombinationen und einer grossen Freiheit in der Farbgebung nach. So sind die Fronten in praktisch jedem erdenklichen Oberflächendesign erhältlich. Ganz gross im Trend sind momentan strukturierte und haptische Oberflächen, wie beispielsweise filzähnliche Frontverkleidungen oder strukturierte Fronten auf Zement- oder Steinbasis. Auch Metall- und leicht strukturierte Glasdekore bieten sich zum Kombinieren an.

Beim Kombinieren kommt auch der Werkstoff Holz ins Spiel, es gab praktisch keine Küche, die ohne Teilelemente aus Holz auskam. Einzelne Fronten, Nischen, Tablare, Teile der Arbeitsplatte, Griffe oder einzelne Dekorelemente, ohne Holz geht es momentan im Küchensektor nicht. Das ist toll für den Schreiner, der seiner Kundschaft individuelle Küchenhelfer aus edlen Hölzern fertigen und verkaufen kann.

Geräte spielen Verstecken

Da die Küchenhersteller gekonnt mit dem Design der Fronten und Arbeitsplatten spielen, ziehen nun auch die Küchengerätehersteller nach und bieten individuelle Designvarianten an. Whirlpool hat beispielsweise Glaskeramikfelder und Backöfen mit Stein, Rost und Holzdesigns im Sortiment. Franke arbeitet hingegen mit farbig anpassbaren Glaselementen, die im jeweiligen Küchendesign abtauchen.

Toll, dass die Hersteller nun endlich praxistaugliche Küchen präsentieren, die der Schreiner auch umsetzen kann.

Die nächste «Eurocucina» findet turnusgemäss 2020 statt. Der Messebericht zum «Salone del Mobile» folgt in der nächsten SchreinerZeitung.

www.salonemilano.it

njg

Veröffentlichung: 26. April 2018 / Ausgabe 17/2018

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