Das Örgelifieber kam aus dem Radio


Alles dreht sich um das Schwyzerörgeli: Der ehemalige Schreiner Kaspar Ambühl (68) komponiert, unterrichtet und tritt selber auf. Bild: Sabine Schaller


Alles dreht sich um das Schwyzerörgeli: Der ehemalige Schreiner Kaspar Ambühl (68) komponiert, unterrichtet und tritt selber auf. Bild: Sabine Schaller
Kaspar Ambühl sitzt in seiner Stube und hält das Schwyzerörgeli auf den Knien. Seine Finger hasten über die weissen Tasten, mit dem rechten Handteil intoniert er eine mehrstimmige Melodie, mit dem linken bringt er die tiefen Basstöne ins Spiel. Die Volksmusik hat sich früh in das Leben des heute 68-Jährigen gespielt. Sie rieselte aus dem Lautsprecher, als er, fünfjährig, den Schalter des Radios herunterkippte, und blieb in seinen Ohren hängen. «Danach habe ich jeden Morgen Radio Beromünster eingeschaltet», erinnert er sich. Die Klänge des Schwyzerörgelis haben es ihm besonders angetan. «Mir gefällt der Ton, die Melodie und das Heimelige», sagt er, während sein Blick aus dem Dachfenster auf den nebelverhangenen Eiger schweift. Sein Leben verbrachte er fortan mit drei Dingen: Üben, üben, üben. Als Jugendlicher gründete er mit «Vadret» die erste von vielen Kapellen, ungezählt sind seine Auftritte auf Schweizer Volksmusik-Bühnen. «Mein Mann hat von Beginn weg klargestellt, dass die Musik an erster Stelle steht», sagt seine Frau Erika. Sie habe gewusst, worauf sie sich einlasse, trotzdem sei sein häufiges Wegbleiben nicht immer einfach gewesen. Aber: Ohne die gemeinsame Leidenschaft für die Volksmusik hätten sich die Wege des Schwyzerörgelispielers aus dem Bündnerland und der Jodlerin aus Grindelwald wohl nicht gekreuzt, an diesem Tanzabend vor vierzig Jahren in den Berner Bergen. Und dank der Musik verbrachte das Ehepaar als Familienkapelle Ambühl, gemeinsam mit Tochter und Sohn, später auch wieder mehr Zeit zusammen.
Das Repertoire von Kaspar Ambühl ist umfangreich und schliesst zahlreiche Eigenkompositionen ein. «Sie spielen sich ganz plötzlich im Kopf ab», sagt er. So inspirierte ihn die in den Neunzigerjahren von Hans Fritschi lancierte Schneekanonen-Initiative zum Ländlerwalzer «Schneekanonier Fritschi», und so entstand nach einem langen musikalischen Abend mit Kollegen das Stück «Lustige Heifahrt us der Mühli». Was der Mann mit dem feinen Musikgehör nicht mag, sind Misstöne. «Er ist sehr exakt und perfektionistisch», bemerkt seine Frau. Die Antwort folgt prompt: «Wenn der Fachmann ein Produkt herstellt, das ihm gefällt, ist auch der Kunde damit zufrieden. Das hat mir mein Lehrmeister beigebracht, und so halte ich es bis heute», sagt der gelernte Schreiner. Zu seinem Instrument pflegt er eine innige Beziehung. Als er beim Skifahren stürzte, liess er sich den Gips am Daumen so anbringen, dass er beim Spielen nicht stört. Selbst durch die Diagnose Multiple Sklerose, die ihn zwang, den Schreinerberuf aufzugeben und frühzeitig in Pension zu gehen, liess er sich nicht einschränken – im Gegenteil: «Das Fingertraining auf den Tasten ist wie eine Therapie.» Sein Wissen gibt er an die Jungen weiter. In den Unterricht bringt er viele alte Volkslieder mit, die er für das Schwyzerörgeli arrangiert hat. Eine seiner ehemaligen Musikschülerinnen und Bandkollegin in der aktuellen Formation «Scheen und gmietli» schlug ihn 2015 der Gemeinde Grindelwald zur Nomination für die Bürgerehrung vor. Ambühl, der an der Preisverleihung für die musikalische Unterhaltung besorgt war, ahnte nichts davon. Überrascht sei er gewesen und sprachlos, als seine Kollegin zur Laudatio angesetzt habe. Die Ehrung für sein Lebenswerk mit besonderem Dank für die geleistete Jugendarbeit und Kulturförderung hängt eingerahmt bei ihm zu Hause. Dem Nachwuchs legt er derweil vor allem eines ans Herz: «Üben, üben, üben – und zwar nicht des Übens Willen, sondern solange, bis jeder Ton sitzt.»
«Wenn der Fachmann ein Produkt herstellt, das ihm gefällt, ist auch der Kunde damit zufrieden.»
Veröffentlichung: 19. Mai 2016 / Ausgabe 20/2016
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