Ein Sanitär mit viel Herz fürs Holz

Bernhard Berchtold (69) in seinem Werkraum, wo auch gedrechselt werden darf. Bild: Manuela Ziegler

Leute. Im «Werkraum» von Bernhard Berchtold in der Frauenfelder Altstadt duftet es typisch nach Holz. «Viele, die zum ersten Mal in die Werkstatt kommen, bemerken den Geruch», sagt der Inhaber und diplomierte Sanitärtechniker mit eigenem Planungsbüro.

Auf den Regalen ringsum stehen beschriftete Kisten mit Acryl, Restholz, Linoleum, Werkzeugen und vielem mehr. Eine Bandsäge und eine Ständerbohrmaschine sind vorhanden, weitere Geräte stehen im separaten Maschinenraum. Es ist eine besondere Werkstatt, in der vor allem Kinder zwischen 10 und 13 Jahren mittwochs und samstags halbtags bohren, hämmern und sägen. Manche kommen über Jahre, andere nur einige Male. «Es ist etwas Besonderes, wie sie durch die Arbeit selbstbewusst werden.» Zu Hause gebe es oft nicht den Platz und das solide Werkzeug, weiss der Fachmann. Das Schreinern begleitet den gebürtigen St.Galler seit Jugendtagen. Damals funktionierte er die elterliche Garage zu einer Werkstatt um. Bis heute experimentiert er gern mit Holz. «Die Ausbildung zum Sanitärfachmann wählte ich nur, weil ich im Lehrbetrieb Musik hören durfte», sagt er schmunzelnd. Als er 1978 abgeschlossen hatte, konnte er sich den Beruf nicht lebenslang vorstellen und versuchte sich als Forstwart. Als er beim Wildholzmachen fast von einem Baum erschlagen worden wäre, entschied er sich um. Es hatte auch ein Gutes, er habe in dieser Zeit seine heutige Frau kennengelernt.

«Für mich ist es das Grösste, wenn 10 bis 15 Kinder in Einklang miteinander schrauben, bohren und hämmern und sich gegenseitig unterstützen.»

Sein früherer Lehrmeister warb ihn wieder an, und er absolvierte ein zweijähriges Studium der Sanitärtechnik in Bern. 1987 kam er mit seiner Familie – Sohn und Tochter waren inzwischen geboren – als Geschäftsleiter in einem Ingenieurbüro nach Frauenfeld und fand in der damaligen Wohnsiedlung einen gemeinschaftlichen Werkraum. Seine Freude am Holzhandwerk teilt auch sein Sohn, der Möbelschreiner wurde. 1992 entschied sich Berchtold endgültig für die berufliche Selbstständigkeit. 2016 verwirklichte er dann seine langjährige Idee mit dem Werkraum im Ladenlokal in der Freie-Strasse und zügelte auch sein Sanitärbüro hierhin. Grundsätzlich nimmt er den Kindern so wenig Arbeit wie möglich ab, damit sie sich entwickeln können. Auch mit seinen Enkeln werkt er hin und wieder gern. In Bildung hat Berchtold viel investiert: 17 Jahre lang unterrichtete er selbst an der Gewerbeschule in St.Gallen die angehenden Gebäudetechnikplaner mit Fachrichtung Sanitär. Als er seinen Werkraum gründete, belegte er selbst überbetriebliche Kurse für Möbelschreiner. Eine sinnvolle Investition sei das gewesen. «Für mich ist es das Grösste, wenn 10 bis 15 Kinder in Einklang miteinander schrauben, bohren und hämmern und sich gegenseitig unterstützen», sagt er. Das hat er in diesem Sommer zum zweiten Mal auch auf der Kinderbaustelle, einem 2000 Quadratmeter grossen städtischen Areal, erfahren, wo nach Herzenslust kleine Häuser, Hollywoodschaukeln und Kaufläden entstehen, die unlängst für das nächste Frühjahr zurückgebaut wurden. Berchtold ist im Vorstand des Vereins, der von Stadt und lokalem Gewerbe unterstützt wird.

Doch zusammen mit Werkraum und Planungsbüro hat er aktuell zu viele Aufgaben. Aus gesundheitlichen Gründen möchte er die Planungstätigkeit reduzieren und den Verein Werkraum mit Fremdunterstützung aktiv betreiben. «Die Einrichtung einer Website ist angedacht.»

 

Manuela Ziegler

Veröffentlichung: 10. November 2025 / Ausgabe 45/2025

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