Das Rezept bleibt geheim

Schreinermonteur Remo Stäheli (50) verwöhnt in der Freizeit Gäste mit Waldfondue. Bild: PD

Leute. Was hat der Thurgauer Schreiner Remo Stäheli mit den Appenzellern gemeinsam? Sein Rezept bleibt geheim!

Die Rede ist von den Fonduemischungen, die der Weinfelder in seiner Wohnung selbst herstellt und vakuumiert. Für 200 Beutel braucht er sechs Stunden, und dann «chäselet» es in der heimischen Küche gehörig, wie er mit einem Schmunzeln verrät, während er sein Fonduemöbel mit integrierter Käsereibe und Vakuumiergerät ins Wohnzimmer rollt. Eine Eigenkon-struktion. Holz, Käse und Natur – dieses Trio begeistert den 50-Jährigen, und mit «Remos Waldfondue» macht er nicht nur seine Kundinnen und Kunden glücklich, sondern auch sich selbst. In seiner Freizeit wird der Schreinermonteur zum Käser, Fonduelieferanten an Private und zwei Hofläden, Waldfondueset-Ausleiher und Fonduemeister bei Anlässen in der Natur. Da scharen sich bis 20 Personen um einen der fünf Kessel am Dreibein und tunken mit das Brot in seine Mischung. Auch die Waldfonduesets hat er selbst gebaut, die einen Meter langen Gabeln sind Handarbeit – zum Nähen der Säckli spannte er kurzerhand seine Mutter ein. Im Moment ist Hochsaison. Stäheli hat alle Hände voll zu tun mit Bestellungen, Anfragen, Anlässen. Rund 20 Mal pro Winter – im Sommer etwas weniger – wird er von Gästen gebucht. «Die Familie wird grösser», sagt er. «Immer wieder sprechen mich Leute an: ‹He, du hast doch bei uns das Fondue gemacht, weisch nüme?›» Dann müsse er einen Moment überlegen, gibt er zu, und lacht: «Ich kann mir unmöglich jeden merken.»

«Ich rannte zum Auto, besorgte einen Blumenstrauss, steckte 1000 Franken in ein Couvert und fuhr los. Und zum Schluss erhielt ich das Rezept.»

An Erlebnisse mit Gästen hingegen erinnert er sich mühelos. «An einem Anlass mit Schwingern, insgesamt 28 Personen, ging das Brot aus – ich musste zum Tankstellenshop fahren, weil alles schon verputzt war. Die Organisatorin des Fests meinte entschuldigend: ‹Gell, üsi Jungs fressed!›» Ein anderes Mal fuhr er an den Greifensee zu einer Winterschwimmgruppe. Sturm zog auf, der Wind heulte. Die Zelte, als Schutz aufgestellt, drohten wegzufliegen. «Andere hätten den Anlass wohl abgebrochen. Aber die Winterschwimmer waren abgehärtet, hielten mit einer Hand die Fonduegabel und mit der anderen das Zelt. Danach hörten Wind und Regen auf, die Sonne drang durch die Wolken, und wir wurden mit einer mystischen Stimmung belohnt.» Angefangen hatte die Sache vor über zehn Jahren. Ein Kollege Stähelis, Käser von Beruf, lud seine Freunde zum Fondue im Garten ein. «Hey, kannst du das nicht mal bei dir machen?», fragten die Kollegen Remo. Er konnte. Baute selbst ein Set, holte die Mischung bei seinem Kollegen. «Mach es professionell!», riet ihm eine Kollegin und setzte eine Website auf. «Remos Waldfondue» war geboren. Nachdem der befreundete Käser plötzlich verstarb, produzierte dessen Mutter die geheime Mischung weiter – bis sie mit 85 nicht mehr mochte. «Ich wollte ihr das Rezept abkaufen, doch die Schwiegertochter war dagegen. Das war ein harter Schlag.»

Gerade als er sich geknickt gefragt hatte, was nun zu tun sei, klingelte das Telefon. Die Mutter. Sie werde ihm das Familienrezept geben, sie wolle, dass das Waldfondue weiterlebe. «Ich rannte zum Auto, besorgte einen Blumenstrauss, steckte 1000 Franken in ein Couvert und fuhr los. Die Blumen hat sie genommen, das Geld nicht», erzählt er. Inzwischen hat er das Hausfondue um je eine Variante mit Most und Bergkräutern erweitert. Weitere Ideen köcheln schon vor sich hin. Welche? Da schweigt er eisern. Denn das Rezept bleibt geheim.

Franziska Hidber

Veröffentlichung: 26. Februar 2024 / Ausgabe 8/2024

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