Der Ausblick ist der Lohn für den harten Aufstieg


Geschafft: Silvano Pua steht auf dem Piz Spadla oberhalb von Sent GR. Bild: PD


Geschafft: Silvano Pua steht auf dem Piz Spadla oberhalb von Sent GR. Bild: PD
Silvano Pua liebt es, auf Berge zu laufen – egal ob in Turnschuhen oder auf Skiern. Der 18-jährige Unterengadiner findet es toll, wenn die Strecke steil, weit und anspruchsvoll ist.
Silvano Pua will hoch hinaus. In seiner Freizeit zieht es ihn meistens auf einen Berg. «Früher habe ich vor allem Langlauf praktiziert», erzählt der 18-Jährige aus Vnà GR in der Nähe von Scuol. Durch seinen Vater hat er vor etwa sechs Jahren das Skitouren entdeckt. «Ich finde es super. Ich muss aktiv sein, und mit den Skiern auf einen Gipfel zu laufen, macht einfach Spass.» Man müsse schon fit sein, meint er und grinst. Unter der Woche trainiert er deswegen auch auf der Loipe, ist im Kraftraum oder auf dem Hometrainer zu finden.
Beim Skitouren findet er es am besten, wenn der Weg steil und anspruchsvoll und die Distanz weit ist. Sprints liegen ihm weniger. «Auf dem Gipfel angekommen, ist man zuerst völlig kaputt. Doch der super Ausblick, die Ruhe dort oben und die Fahrt hinunter ins Tal sind die grosse Belohnung für die Anstrengung.» Es sei wie eine Sucht.
Seine Lieblingsstrecke führt Pua auf den Piz Arina. Das ist der Hausberg von Vnà. «Wenn ich zu Hause bin und abends Zeit habe, gehe ich schnell auf den Berg» erzählt er. «Weil ich den Lauf mit den 1200 bis 1300 Höhenmetern Unterschied schon oft absolviert habe, verfüge ich dort auch über die besten Vergleichsmöglichkeiten und sehe sofort, wo ich konditionell stehe.»
Skitouren-Wettkämpfe hat der Unterengadiner bisher wenige bestritten. Eigentlich hatte er sich für diesen Winter einige Starts vorgenommen. Doch die Coronapandemie hat ihn ausgebremst. «Jetzt trainiere ich halt einfach und nächste Saison mache ich dann auch bei Wettkämpfen mit. Im Engadin gibt es noch eher wenige. Aber im nahen Südtirol werden einige Rennen ausgetragen. Ich freue mich schon heute.» Auf normale Skipisten zieht es den Bündner hingegen nur noch selten. «Skifahren sagt mir nichts mehr. Aber so ein bis zweimal im Jahr können mich Kollegen doch noch überreden, mitzugehen.»
Ist der Schnee geschmolzen, rennt Silvano Pua weiterhin die Berge hinauf – alleine oder auch in der Gruppe. Er tauscht dann die Skiausrüstung einfach gegen Turnschuhe und Läuferoutfit. «Trail Running macht mir ebenfalls grossen Spass und ist eine tolle Herausforderung», erzählt er. Bergläufe hat er schon bestritten und möchte dieses Jahr am Swiss Alpine in Davos teilnehmen, der über rund 70 Kilometer und 2600 Höhenmeter führt. Sofern der Lauf denn stattfindet.
Genauso begeistert wie von seinen Hobbys ist der Unterengadiner, dessen Muttersprache Rumantsch ist, auch von seinem Beruf. «Schon seit der ersten Klasse war mir klar, dass ich Schreiner werden möchte.» Sein Vater besitzt in Vnà eine Schreinerei, und schon als Bub habe er ihm in der Werkstatt geholfen, wann immer er gekonnt habe, erzählt er.
Seine Ausbildung macht Silvano Pua in der Schreinerei Fried in Bever GR. «Ich habe dort geschnuppert und es hat mir super gefallen. Es ist ein toller Betrieb.» Er hat noch einen Oberstift und fühlt sich im Team wohl. Je mehr überbetriebliche Kurse (ÜK) er absolviert, desto mehr Verantwortung wird ihm bei der Arbeit übertragen. Das freut ihn und spornt ihn an.
Weil sein Lehrbetrieb von seinem Wohnort weit entfernt ist, wohnt der Unterengadiner unter der Woche im Lehrlingshaus in Samedan GR. Das ist für ihn ideal, weil sich im Dorf auch die Berufsschule befindet und dort die ÜK stattfinden. Das Zusammenleben mit anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen findet er super. Man sei nie alleine.
Pua befindet sich im dritten Lehrjahr. Er konzentriert sich nun auf die baldige Teilprüfung. So richtig habe er allerdings noch nicht begonnen zu trainieren, gibt er zu. «Wir bereiten uns in der Klasse momentan mit ÜK vor, wo ich einen Schreibtisch herstelle.»
Aber zu Hause will er nun vermehrt in die Werkstatt seines Vaters gehen und viel üben. «Ich möchte nicht schon im Voraus nervös werden und an der Teilprüfung auf einen guten Tag hoffen und einfach mein Bestes geben.»
Nach der Lehre möchte Pua als Schreiner arbeiten und Erfahrungen sammeln. «Zuerst muss ich aber in die Rekrutenschule. Und ich träume davon, eine Weltreise zu machen oder im Ausland zu arbeiten.» Nach einer gewissen Zeit plant er, eine Weiterbildung anzugehen und eines Tages in den Betrieb seines Vaters einzusteigen. «Bis dahin habe ich aber noch Zeit. Ich lasse es auf mich zukommen.»
Googelt man Silvano Pua findet man Berichte über eine besondere Begegnung. «Im Sommer 2018, als ich mit meinen Eltern in unserer Jagdhütte war, haben wir draussen gejasst. Auf einmal ist am gegenüberliegenden Hang ein Bär aufgetaucht», schildert er. «Er kam recht nahe, etwa auf 200 Meter, an uns heran und wir konnten ihn sicher 20 Minuten beobachten und filmen. Das war ein spezielles Erlebnis.» Sie seien deswegen sogar für das Rätoromanische Fernsehen interviewt worden. Denn der Bär sei in seiner Region ein grosses Thema, da er selten auftaucht. Obwohl er so oft in den Engadiner Bergen unterwegs ist, sei es bei dieser einen Begegnung mit dem pelzigen Tier geblieben. «Man kann nie wissen, aber viel näher muss ich keinem Bär kommen».
Nicole D'Orazio
Veröffentlichung: 01. April 2021 / Ausgabe 14/2021
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