Der Bogen in eine andere Zeit


Sascha Lauber (39) aus Naters VS hat im alten Handwerk wohltuende Entschleunigung gefunden. Bild: Beatrix Bächtold


Sascha Lauber (39) aus Naters VS hat im alten Handwerk wohltuende Entschleunigung gefunden. Bild: Beatrix Bächtold
Wenn Schreiner Sascha Lauber an seiner altertümlichen Werkbank einen neuen Bogen schnitzt, sieht er wirklich aus wie ein Handwerker aus dem Mittelalter. Und weil er sich schon immer mehr für Naturwissenschaften und Geschichte als für trockene Theorie begeistern konnte, verzichtete er bewusst auf eine Weiterbildung im herkömmlichen Sinn. «Irgendwann stiess ich auf die Trilogie ‹Herr der Ringe› von J. R. R. Tolkien. Als die drei Bücher dann verfilmt wurden, war ich richtig besessen von dieser Geschichte und begann, die Requisiten aus Holz nachzubauen», sagt er. Der Walliser suchte und fand allgemeingültige Erkenntnisse im fast Vergessenen, während die Absolventen herkömmlicher Weiterbildungen in der Gegenwart weilen. «Ich merkte, dass wir Menschen eigenartig sind. Auf unserem Weg nach vorne haben wir uns von unseren alten Fähigkeiten entfernt. Gleichzeitig stehen wir dem Neuen ratlos gegenüber. Der Weg zurück zu den eigenen Wurzeln ist schwierig, denn es braucht dazu einen anderen Lebensstil, eine andere Lebenseinstellung», sagt er. Und auf die Frage, ob er nicht in der falschen Zeit geboren sei, erwidert er: «Wahrscheinlich lebe ich genau in der richtigen Zeit, um mein altes Wissen des Werkens mit Holz weiterzugeben.» Dann berichtet Lauber von der meditativen Kraft, die er in der Ausübung des alten Handwerks ohne Zeitdruck spürt. «Ich habe auch schon in der Industrie am Fliessband gearbeitet und spürte Tag für Tag diesen enormen Druck.» Erschwerend kam hinzu, dass er an Wochenenden auf Mittelaltermärkten seinen Stand aufstellte. Diese Doppelbelastung zehrte an der Substanz.
2015 entschleunigte Lauber sein Leben. Er kehrte der industriellen Fertigung den Rücken und fühlte sich dadurch bedeutend besser. Heute führt er eine eigene Firma mit dem Namen Natural Art und bietet unter anderem Bogenbaukurse im «Swiss Outback» im Emmental oder auf dem Balmeggberg im Napfgebiet an. «Informatiker verduften aus der Cloud, um bei mir zu spüren, wie sich altes Handwerk anfühlt und wozu es fähig ist», sagt er und fügt hinzu, dass es auch darum gehe, mit dem selbstgebauten Bogen parat zu sein. «Vulkanausbruch. Stromausfall. Alles kommt zum Erliegen. Versorgungsknappheit. Plünderungen, Panik. Mit Pfeil und Bogen in die Wildnis, dort ist die Chance zu über- leben grösser.» Bei Laubers Bogenbaukursen ist im Vorteil, wer Holz «lesen» kann. Das erleichtert die Bearbeitung des Eschen-, Eiben- oder Ulmenrohlings mit Hackebeil, Ziehmesser und Raspel. Wichtig ist, dass man das Holz versteht und die Linien richtig deutet. «Schreiner bauen einen Bogen in rund sechs Stunden. Kinder und Büromenschen brauchen etwas mehr Geduld, bis er symmetrisch ist.»
Gleichgesinnte, die vom Tempo der Zeit überrollt und von Hightech ausgelaugt sind, trifft Lauber auf Mittelaltermärkten und auf den Märkten der alternativen Szene wie zum Beispiel beim Klangfest in Signau im Emmental oder am Burning Mountain Event in Zernez.
Während des Winters zieht sich Lauber «zurück in seine Höhle», wie er es nennt. Dann hilft er als Freelancer in verschiedenen Schreinereien aus. In der kalten Jahreszeit erledigt er auch eigene Kundenaufträge. Im Frühling und Sommer stellt er dann wieder sein mit Steckverbindungen und Keilen selbst gezimmertes Bett im selbst gebauten Zelt auf diversen Märkten auf. Obwohl dieses «freie» Leben wohl auch seine Höhen und Tiefen hat, würde Lauber diesen Schritt wieder machen. Er sagt: «Ich habe es nie bereut.»
«Informatiker verduften aus der Cloud, um bei mir zu spüren, wie sich altes Handwerk anfühlt.»
Veröffentlichung: 12. September 2019 / Ausgabe 37/2019
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