Der gute Ton macht es aus

Fehltritte wie diese machen beim Kunden einen schlechten Eindruck. Wer punkten will, setzt auf gute Umgangsformen wie Aufmerksamkeit und Zuverlässigkeit.

Knigge für Handwerker.  Das Verbesserungspotenzial bei den Umgangsformen von Schreinern & Co. ist gross. Gleichzeitig stellt das kundenfreundliche Verhalten auf der Baustelle ein starkes Marketinginstrument dar und hilft, sich von der Konkurrenz abzuheben.

«Über die Handwerker wird ja gerne negativ gesprochen: Sie kommen unpünktlich, bringen Schmutz und Unordnung ins Haus, sind wenig kommunikativ und haben einen eher ungehobelten Umgangston», schildert Kurt Halter, Leiter Holzbau der Kobelt AG Holzbau in Marbach, die Vorurteile gegenüber den Berufsleuten auf dem Bau. Diese Vorurteile wollte Kurt Halter, der mit seinem Team auch Innenausbauarbeiten aller Art bewältigt, nicht auf sich sitzen lassen und besuchte zusammen mit seinen 24 Mitarbeitern einen halbtägigen Kurs für bessere Umgangsformen. «Ich bin mir bewusst, dass bei den Umgangsformen durchaus Verbesserungspotenzial besteht – gerade im Kontakt mit Bauherren, aber auch mit anderen Handwerkern. Hinzu kommt, dass meiner Meinung nach heutzutage auf den Baustellen jeder Handwerker nur für sich schaut. Es wird zu wenig zusammengearbeitet und darauf geachtet, dass das Endprodukt stimmt», berichtet Kurt Halter.

Umgangsformen als Wettbewerbsvorteil

Wie wichtig gute Umgangsformen für Handwerker sind, kann auch Christian Leschzyk von der Imageagentur Stilgerecht in Wolfhalden bestätigen. So würden heute gute Umgangsformen wieder mehr geschätzt und von den Kunden auch zunehmend erwartet. «Damit ist nicht nur gemeint, zu verhindern, dass man mit dreckigen Schuhen durch die Wohnung des Kunden läuft, sondern dem Kunden generell mehr Aufmerksamkeit schenkt und auch zuverlässig sowie pünktlich ist.»

Vor allem angesichts des herrschenden Konkurrenzkampfes können gute Umgangsformen einen Wettbewerbsvorteil darstellen, ist der Stilberater überzeugt. Denn: «Wer freundlich und zuvorkommend auftritt, wird positiv wahrgenommen. Dies wiederum führt zu einer höheren Kundenbindung und einer grösseren Chance, vom Kunden weiterempfohlen zu werden.»

Grosses Verbesserungspotenzial

Für manche Handwerker stehe die fachliche Leistung immer noch im Vordergrund. Gute Umgangsformen indes werden als eher nebensächlich betrachtet. Dabei hätten viele Handwerker beim kundenfreundlichen Gespräch eine grosse Chance, sich und ihre Leistungen besser zu verkaufen. Aber auch im Verhalten vor Ort gebe es noch einiges an Verbesserungspotenzial. «Es ist wichtig, dass Werkzeug und Maschinen sauber sind und bei der Arbeit geordnet benutzt werden. Genauso wichtig ist es aber auch, dass man Überschuhe anzieht, wenn man eine bewohnte Wohnung betritt, und dort die Privatsphäre achtet», gibt Christian Leschzyk zu bedenken. Dieser empfiehlt Handwerkern, von der Begrüssung und Vorstellung über die Arbeitsphase vor Ort bis zur Abnahme der Arbeit und Verabschiedung souverän und freundlich aufzutreten. Dazu gehöre nicht nur Sauberkeit und Pünktlichkeit, sondern auch einmal ein Gespräch mit dem Bauherrn über alltägliche Dinge.

Umgangston als Teamstärkung

Auch der gute Umgangston untereinander ist ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Teamarbeit. So trägt laut Christian Leschzyk ein motivierendes Umfeld, das den guten Umgang miteinander fördert, massgeblich zur Teamstärkung bei. «Grundsätzlich sollten im Team die gleichen Spielregeln gelten wie gegenüber den Kunden – nämlich gegen- seitiger Respekt, Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme und natürlich eine angemessene Wortwahl.» Einem Team hingegen, das untereinander einen ruppigen, wenig wertschätzenden Umgangston pflege, werde es kaum gelingen, dem Kunden ein anderes Bild zu vermitteln.

Freude am Kontakt mit Menschen

Spezielle Fähigkeiten brauche es für einen korrekten Umgang mit Bauherren, Arbeitskolleginnen und -kollegen sowie anderen Personen keine. Aber es sei sicher hilfreich, wenn man Freude am Kontakt mit Menschen habe und sein Gegenüber mit all seinen Anliegen ernst nehme. «Deshalb ist es sicher ein Vorteil, gut zuzuhören und die Bedürfnisse des Kunden schnell erfassen zu können», erläutert der Stilberater. Er ist sich bewusst, dass der Umgangston auf den Baustellen generell rauer ist als zum Beispiel auf einer Bank. Doch: Kein Kunde erwarte von einem Handwerker, dass er ihn so behandle wie ein Bankangestellter. Wohl aber möchte er mit freundlichen Worten informiert werden und erwartet bei Arbeiten in seinen eigenen vier Wänden ein Höchstmass an Sauberkeit, freundlichem Benehmen, aber auch die Beachtung der Intimsphäre. «Diese Regeln gelten selbstverständlich auch in schwierigen Situationen, in denen der Kunde reklamiert. Hier ist die genaue Abfolge der Reklamationsbehandlung sehr wichtig», betont Christian Leschzyk.

Pünktlich, freundlich, ordentlich

Was hat der Knigge-Kurs bei den Mitarbeitenden von Kurt Halter verändert? Zum einen werde grossen Wert auf Pünktlichkeit gelegt, zum andern aber auch auf die Einstellung zur Arbeit. «Ich erwarte von meinen Mitarbeitern, dass sie sich vor Kundenbesuchen entsprechend vorbereiten, die Bedürfnisse der Kunden kennen und mit Freude zum Kunden gehen. Dazu gehört auch, sich beim Kunden für den Auftrag zu bedanken», betont Kurt Halter. Als selbstverständlich bezeichnet er ausserdem, eine Baustelle sauber und ordentlich zu führen und zu verlassen. Besonders bei Sanierungen und Renovationen sei dies ein Muss, weil der Bauherr dann meistens neben oder sogar inmitten der Baustelle wohnt und täglich mit den Handwerkern in Kontakt steht.

Neue Aufträge erhalten

Die Erfahrungen, die Kurt Halter und sein Team mit den bewusst guten Umgangsformen gegenüber Kunden und anderen Handwerkern machen, seien durchwegs positiv. «Wir erhalten Komplimente von Seiten der Bauherren, die unsere Art aufzutreten und zu kommunizieren als einen Mehrwert gegenüber anderen Unternehmen in unserer Branche bezeichnen. Dies hat uns in letzter Zeit zahlreiche neue Aufträge eingebracht, vor allem für Umbauten und Sanierungen. Ich bin überzeugt, dass hier ein direkter Zusammenhang besteht», schildert Halter.

Auch seine Mitarbeiter selbst schätzen offenbar die neuen Impulse für ihr Auftreten vor Kunden und auf Baustellen. «Die einen pflegten diese Einstellung bereits vor dem Kurs und erlebten diesen als eine Bestätigung. Die anderen Mitarbeiter erhielten wertvolle Impulse und Anregungen, die sie persönlich weitergebracht haben.»

Starkes Marketinginstrument

Laut Christian Leschzyk reagieren die Handwerker in seinen Seminaren nach anfänglicher Skepsis meist sehr positiv auf das Thema Umgangsformen. «Wir geben ihnen Impulse für eine Verhaltensänderung sowie praxisnahe Tipps, wie sie im Kontakt mit den Kunden punkten können.» Sehr schnell werde dabei erkannt, dass gute Umgangsformen und eine freundliche Kommunikation zwar in manchen Punkten ein Umdenken erfordern, sich aber schnell auszahlen – monetär ebenso wie durch einen entspannteren Umgang mit den Kunden. «Zu wissen, was die Kunden erwarten, bringt Sicherheit und stärkt das Selbstvertrauen», sagt er. Gleichzeitig stehen gute Umgangsformen für ein starkes Marketinginstrument. Der Kunde sei heute bereit, etwas mehr zu bezahlen, wenn der Service darum herum für ihn stimme.

www.kobeltholzbau.chwww.stilgerecht.ch

Knigge-Tipps für die Praxis

Empfehlenswert

  • Die Termine pünktlich einhalten oder Verspätungen rechtzeitig mitteilen
  • Den Kunden von Anfang an einbinden, über wichtige Arbeitsschritte informieren und sich Zeit für die Abnahme nehmen
  • Gegenüber dem Kunden freundlich und dankbar auftreten
  • Motiviert und aufgestellt an die Arbeit gehen
  • Beim Betreten der Wohnung Überschuhe anziehen
  • Die Baustelle sauber und ordentlich führen und verlassen
  • Die Fahrzeuge mindestens einmal pro Woche reinigen
  • Sich erkundigen, welche Parkplätze man benützen darf

FM

Veröffentlichung: 08. März 2012 / Ausgabe 10/2012

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