Der Herr der Lüfte

Bei der Konstruktion seiner Flugzeuge greift Max Vogelsang (75) auf sein Know-how als Zimmermann zurück. Bild: Franziska Herren

Wenn Max Vogelsang nicht gerade mit seinem selbst konstruierten Akrobatikflugzeug «Votec» durch die Luft wirbelt, ist er meist in seinem Reich zu finden: einer grossen Werkhalle mit Büro im aargauischen Wohlen. Hier konstruiert, baut, repariert und restauriert der 75-Jährige von früh bis spät Flugzeuge. «Diese Bücker Jungmann aus dem Jahr 1936 erlitt bei der Landung einen Totalschaden», erzählt er und zeigt auf einen gelben Doppeldecker. Weil diese Flugzeuge heute äusserst gefragt sind, scheute der Besitzer den Aufwand nicht und liess die Maschine bei Vogelsang reparieren. «Die Bücker ist eines der interessantesten Flugzeuge zum Reparieren», findet dieser. Insbesondere wegen der Baustoffe Holz, Stahl und Stoff. «Ich arbeite am liebsten mit Holz. Denn für mich ist Holz einer der schönsten Baustoffe, die es gibt: stark, natürlich und nachhaltig.» Um die anspruchsvolle Reparatur am Rumpf dieses Flugzeugs auszuführen, braucht es eine spezielle Lizenz des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl). «Es gibt heute nur noch wenige, die solche Flugzeuge reparieren können», erklärt Vogelsang. Bereits als Bub entdeckte er seine Begeisterung für Flugzeuge. Sein Vater fuhr mit ihm und seinem Bruder oft mit dem Velo zu den Flugplätzen in der Umgebung. Das Fliegen war für die Familie Vogelsang damals ein unerreichbarer Traum.

Als Max Vogelsang seinem Vater mitteilte, er wolle Pilot werden, antwortete ihm dieser: «Das kommt nicht infrage. Du übernimmst die Zimmerei.» Heute ist Vogelsang seinem Vater dankbar dafür. Denn er lernte dabei das Handwerk, das ihn später befähigte, selber Flugzeuge zu bauen.

1991 gründete Vogelsang die Konstruktionsfirma MSW Aviation. Zuerst konstruierte er nach den Plänen des amerikanischen Luft- und Raumfahrtingenieurs Burt Rutan das Entenflugzeug Long-EZ und lernte dadurch Christian Schweizer kennen, einen international erfolgreichen Kunstflugpiloten. «Christian Schweizer durfte mit meiner Long-EZ fliegen, und als Gegenleistung unterrichtete er mich. So kam es, dass ich bei einem der Weltbesten das Kunstfliegen lernte.» Vogelsang flog fortan unzählige Flugshows mit einer P-51 Mustang, einem Jagdflugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg. Von den rund 20 000 Figuren des Kunstflugs kennt er rund die Hälfte. «Man muss die Figuren vollkommen sauber ausführen und das Flugzeug in jeder Lage steuern können.» Das sei, wie es der Name schon sage, eine grosse Kunst. Als Kunstflug- und Testpilot hat Max Vogelsang rund 140 verschiedene Flugzeugtpyen geflogen. «Das können nicht viele von sich behaupten», sagt er nicht ohne Stolz. Als er mit 60 Jahren die Zimmerei seinen Kindern übergab, konnte er sich voll und ganz der Konstruktion von Flugzeugen widmen. «Für mich ist es das Schlimmste, keine Probleme lösen zu können.» So entwickelte Vogelsang innerhalb zweier Jahre ein Kunstflugzeug namens «Votec».

«Ich wollte ein kleines, kompaktes Flugzeug bauen, das einhändig steuerbar ist.» Mit einem der fünf Modelle, der sogenannten Formel 1 der Lüfte, betreiben er, seine Tochter und sein Sohn heute Kunstflug.

Im Juli überreichte die Schweizer Stiftung Pro Aero Max Vogelsang und seiner Familie den Anerkennungspreis für aussergewöhnliche Leistungen in der Luftfahrt. «Es bedeutet mir enorm viel, dass meine ganze Familie den Preis gewonnen hat. Denn alle arbeiten in der MSW Aviation mit. Ohne die Unterstützung meiner Familie wäre ich nie so weit gekommen.»

«Ich arbeite am liebsten mit Holz. Denn für mich ist Holz einer der schönsten Baustoffe, die es gibt: stark, natürlich und nachhaltig.»

fh

Veröffentlichung: 30. August 2018 / Ausgabe 35/2018

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