Der junge Mann und die alten Räder

Lukas Brun (30) restauriert in seiner Freizeit Rennvelos aus den 80er-Jahren. Bild: PD

Vor fünf Jahren entdeckte Lukas Brun seine Leidenschaft für alte Rennvelos. Als ihm ein Kollege sein «Grümpelvelo» vorbeibrachte, entflammte im Ästheten und Handwerker ein Feuer: die Lust, alte Räder schön zu restaurieren. «Ich wusste nicht, wie man Fahrräder restauriert. Aber ich sagte mir, ich bin Schreiner, ich kann das.» Und so recherchierte der 30-Jährige im Netz, erkundigte sich bei Velohändlern und tauchte ein in diese für ihn neue Materie. Wenn er von seinen Rennvelos erzählt, klingt es, als würde ein Fahrradmechaniker sprechen. Seine Devise lautet: möglichst vieles im Originalzustand belassen. Die Originalteile restauriert er feinsäuberlich. Kettenblätter, Bremsen und Tretlager kann er oft wiederverwenden. Sie müssen nur gereinigt und gefettet werden. Den abblätternden Lack entfernt Brun und spritzt den Rahmen anschliessend mit Autolack. Wenn der Sattel defekt ist, kauft er dünnes Leder und bezieht ihn neu. Räder mit einer Acht richtet er wieder. «Im schlimmsten Fall muss ich die Felgen ersetzen.» Verschleissteile wie Bremsklötze, Lenkbänder, Pneus oder Schläuche ersetzt er. Ihn faszinieren die alten, klassischen Stahlrahmen, die Muffen oder die alten Schriftzüge, aber auch die typischen Farben aus den 80er-Jahren wie das knallige Gelb oder das leuchtende Rosa. «Die früheren Fahrradbauer haben die Fahrräder mit ihren schlichten Designs mit so viel Liebe fürs Detail hergestellt.»

Für die heutigen Carbonräder aus der Massenproduktion hat er nicht viel übrig. Dem 30-Jährigen ist es ein Anliegen, dass die alten Velos nicht verschrottet, sondern am Leben erhalten werden. Er sucht sich die alten Rennvelos auf Onlineplattformen wie Tutti oder Ricardo. Ihn interessieren Markenvelos von Cilo oder Mondia. Mittlerweile stapeln sich die alten Rennvelos in seinem Keller, sodass er ein Aussenlager bei seinen Eltern bezogen hat. Die Rennvelos restauriert und verkauft der Schreiner vorwiegend in seinem privaten Umfeld. Er finde es schön, wenn er seine restaurierten Rennvelos immer wieder sehe. «Ich bin auch schon an Velobörsen gegangen und habe versucht, meine Renner dort zu verkaufen. Aber die Leute bezahlen heute für die aufwendige Restaurationsarbeit nicht den entsprechenden Preis. Sie kaufen sich lieber ein Billigfahrrad aus China, das nach kurzer Zeit futsch ist.» Das sei ein trauriges Abbild der Konsum- und Wegwerfgesellschaft. Sein Anspruch sei es, ein altes Rad so instand zu setzen, dass es noch weitere 20 Jahre tauge. Er selbst ist begeisterter Velofahrer. Seit er mit dem Restaurieren begonnen hat, braucht er das Fahrrad noch häufiger. «Du bewegst dich und kommst schnell voran.» Wenn immer möglich, legt er seinen Arbeitsweg mit dem Fahrrad zurück. Von seinem Zuhause in Greifensee bis nach Zürich seien es rund zwei Stunden Hin- und Rückfahrt. So integriere er den Sport in den Alltag. Aber auch in seiner Freizeit unternimmt er gerne mehrtägige Touren. Es sei ein schönes Gefühl, von zu Hause aus zu starten und nur mit der eigenen Körperkraft ans Ziel zu kommen. Brun spielt mit dem Gedanken, mit einem seiner restaurierten Rennvelos bis ans Meer zu fahren. «Am liebsten mit jemanden zusammen.» Per Rad sehe man viel mehr vom Weg, von der Umgebung und der Natur.

«Ich wusste nicht, wie man Fahrräder restauriert. Aber ich sagte mir, ich bin Schreiner, ich kann das.»

Caroline Schneider

Veröffentlichung: 15. April 2021 / Ausgabe 16/2021

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