Der Traum vom Kinderspielzeug

Adrian Dellenbach (63) arbeitet in der Stiftung Weizenkorn, wo unter anderem klingende Kugelbahnen entstehen. Bild: Franziska Herren

Was gibt es Schöneres, als Spielzeuge für Kinder herzustellen? Dieser Gedanke liess Adrian Dellenbach vor mehr als dreissig Jahren nicht mehr los. Der gelernte Möbelschreiner hatte zu diesem Zeitpunkt bereits in etlichen Schreinereien gearbeitet und in der Kunstgewerbeschule Basel die Fachklasse für Innenarchitektur und Design absolviert. «Ich wollte mein gestalterisches Flair mit der Herstellung von Kinderspielzeug verbinden.» Dellenbach war kurz davor, eine Schreinerei zu übernehmen, um seinen Traum zu verwirklichen. Genau in diesem Moment suchte die Stiftung Weizenkorn in Basel einen Mann wie ihn. So nahmen die Dinge ihren Lauf. Dellenbach stieg als Mitglied der Geschäftsleitung in die Stiftung ein, wo er bis heute den Bereich Holzwaren mit dreizehn Angestellten und siebzig Mitarbeitenden an geschützten Arbeitsplätzen leitet. «In dieser Aufgabe konnte ich auch die Anfänge der Schreinerei Weizenkorn mitgestalten», erklärt Dellenbach. Im Weizenkorn arbeitet der Grossteil der Mitarbeitenden an geschützten Arbeitsplätzen. Das bedeutet, dass die meisten eine IV-Rente beziehen. Das Spezielle ist, dass fast niemand einen Beruf in der Holzverarbeitung erlernt hat. Damit sie die Arbeit sicher ausführen können, wurden Schablonen und Spannvorrichtungen entwickelt, welche die Arbeit an den Maschinen sicher und effizient machen. «Die Arbeit im Weizenkorn erfordert viel Empathie. Sich in andere einzufühlen, Mitgefühl und Anteilnahme zu zeigen, ist zentral», sagt der Bereichsleiter. Der wichtigste Wert ist für Dellenbach die Liebe zu den Mitmenschen. Diesen Wert lebt er sowohl bei der Arbeit als auch privat in seiner Familie aus.

«Musikmachende Kugelbahnen aus Holz sind eine Spezialität unserer Stiftung.» Dellenbach setzt eine Murmel an einen Startpunkt der ausgeklügelten Bahn. Während die Murmel hinunterrollt, stösst sie an austauschbare Klangplatten, so, dass «Freude schöner Götterfunken» von Ludwig van Beethoven erklingt. Je nachdem wie die Kugelbahn zusammengebaut wird, lassen sich verschiedenste Melodien erzeugen. «Vor Kurzem haben wir auf Anregung von ausländischen Kunden eine Kugelbahn mit grossen Kugeln und Klängen für Kinder unter drei Jahren entwickelt. Diese konnte ich wesentlich mitgestalten», sagt Dellenbach strahlend. Zum Sortiment der Stiftung gehören nebst den Kugelbahnen für Gross und Klein auch klassische Holzspielzeuge wie Nachzieh-Hasen, Flugzeuge und Puzzles. Im Weizenkorn werden aber auch Spezialprodukte aus Holz hergestellt, die von Kunden gewünscht werden. Dellenbach wickelt diese Aufträge von der Anfrage über die Beratung bis zur Rechnungsstellung ab. Als Ausgleich zu seiner sitzenden Bürotätigkeit macht der 63-Jäh- rige in seiner freien Zeit oft mit seiner Kamera Streifzüge durch die Natur. Als begeisterter Hobbyfotograf hat er an seinem Wohnort Reinach über Jahre hinweg ein Gelände fotografisch dokumentiert, das sich von einer wilden Brache zu einer verdichteten Wohnüberbauung entwickelt hat. «Beim Fotografieren wird mir bewusst, in welchem Reichtum wir leben», erzählt er begeistert.

In zwei Jahren wird Dellenbach pensioniert. Sein grösster Traum ist, nach seiner Pensionierung für seine Enkelkinder da zu sein und für sie ein nahbarer Opa zu sein. Dann werden die Holzspielzeuge, die er mitgeprägt hat, auch zu Hause vermehrt zum Einsatz kommen.

«Die Arbeit im Weizenkorn erfordert viel Empathie. Sich in andere einzufühlen, Mitgefühl und Anteilnahme zu zeigen, ist zentral.»

Franziska Herren

Veröffentlichung: 07. Oktober 2021 / Ausgabe 41/2021

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