Des Schreiners gute Daten

Für den permanenten Zugriff auf alle wichtigen Daten braucht es offene Schnittstellen. Bild: Gerd Altmann (Pixabay)

Schnittstellen.  Im Arbeitsalltag nimmt das Datenhandling eine immer wichtigere Stellung ein. Die Arbeitsabwicklung bedarf eines permanenten Zugriffs auf aktuelle, interne und externe Daten. Die SchreinerZeitung hat nachgefragt, was in der Praxis schon alles funktioniert.

Bereits im Jahr 2000, lange bevor das Thema Digitalisierung die Baubranche einnahm und Schlagwörter wie Bim, Schnittstellen und Durchgängigkeit in aller Munde waren, wurde die Comnorm GmbH gegründet. Die führenden Schweizer Softwareanbieter schufen gemeinsam den offenen Schnittstellenstandard mit dem Ziel, das wachsende Bedürfnis der Schreiner und deren Zulieferer nach einem einfachen Datenaustausch zu bedienen.

Heute, genau 20 Jahre später, nutzen 13 Softwarepartner und 29 Lieferantenpartner diesen einheitlichen und offenen Standard zum Datentransfer zwischen sich und dem Schreiner.

Roland Wick, Geschäftsführer der Comnorm GmbH mit Sitz in St. Gallen, ist selbst gelernter Schreiner und erklärt im Interview, wo die Schreinerbranche im Bereich Schnittstellen steht.

SchreinerZeitung: Herr Wick, welche Berührungspunkte hat Comnorm heute noch mit dem Schreinergewerbe?
Roland Wick: Sehr viele. Comnorm wurde von Beginn an explizit auf diese Branche ausgerichtet. Das ist auch heute noch so, obwohl das Spektrum mit Küchen-, Laden- und Holzbau um einiges umfangreicher geworden ist.
Wie haben Sie sich in den letzten Jahren entwickelt, konnte der Schnittstellenstandard wachsen?
Wir funktionieren ähnlich wie ein Telefonbuch. Das bedeutet, wir vermitteln lediglich den Kontakt, damit die Partner unter- und miteinander arbeiten können. Deshalb verfügen wir über keine genauen Umsatz- oder Nutzungszahlen. Aus meiner Erfahrung kann ich im Laufe der letzten zehn Jahre jedoch einen Nutzeranstieg von etwa 700 Prozent verzeichnen.
Suchen Sie aktiv nach neuen Mitgliedern und Partnern?
Vor zehn Jahren mussten wir noch aktiv suchen. Heute kommen unsere Partner wie zum Beispiel ein Fachhändler in der Regel von sich aus auf uns zu, weil ihr Kunde, der Schreiner, nach einer durchgängigen Lösung verlangt.
Das bedeutet, der Schreiner ist sich der Vorteile bewusst. Wie sehen Sie den aktuellen Stand der Schweizer Schreinerunternehmen, was Schnittstellen anbetrifft?
Der Nutzen respektive die Notwendigkeit von Schnittstellen wurde klar erkannt. Daten zu nutzen, anstatt diese selber zu pflegen, bringt Einsparungen und erhöht zudem die Qualität der Daten. Jedoch sind noch sehr viele individuelle Lösungen im Einsatz. Lösungen, die nur zwischen zwei Partnern funktionieren, indem sich diese individuell absprechen.
Dann lohnt sich für den Schreiner eine Investition in die Durchgängigkeit seiner Datenschnittstellen?
Umfragen bei unseren Anwendern haben gezeigt, dass viel eingespart werden kann, wenn die Daten nur noch genutzt anstatt gepflegt werden müssen. Zudem werden die Prozesse, beispielsweise die Beschaffung oder das Kreditorenmanagement, effizienter und um einiges sicherer.
Was gibt es zu beachten, wenn man sich im Bereich Schnittstellen verbessern will?
Die meisten Schreiner haben eine «Hands On»- Mentalität. Sie sind Macher und nicht reine Theoretiker. Dennoch wäre es wünschenswert, dass gerade im Bereich der Schnittstellen etwas genauer analysiert werden würde, anstatt einfach das erstbeste Angebot zu realisieren.
In welchen Bereichen sollte der Schreiner Ihrer Meinung nach noch genauer hinschauen?
Eine kurze Kosten-Nutzen-Analyse reicht in diesem Falle. Der Schreiner sollte sich genau überlegen, ob er bereits bestehende proprietäre, also herstellergebundene Schnittstellen einführen will. Diese vermeintlich günstigen oder sogar kostenlosen Angebote gehen oft mit Kundenbindungssystemen und Einschränkung der Lieferantenwahl einher. So funktioniert beispielsweise ein kostenloses Lagerbewirtschaftungssystem eines Lieferanten meist nur mit dessen oder ausgesuchten Produkten.
Das bedeutet, man ist bei individuellen Schnittstellen von seinem Partner abhängiger als bei offenen?
Hier ist sicherlich der Aspekt der Langfristigkeit und der verwendeten Technologien wichtig. Individuelle Schnittstellen müssen immer von beiden Partnern gepflegt und angepasst werden. Diese doppelten Aufwände sollten mit dem Nutzen einer Schnittstelle gegengerechnet werden. Ähnlich sieht es mit dem Datentransfer mittels Datenträger oder Datendateien aus. Diese sind schnell nicht mehr aktuell, und Informationen müssen rund um die Uhr und jederzeit aktuell abrufbar sein. Als Beispiel nenne ich hier die Adresspflege: Wer nutzt heute noch ein Papier-Telefonbuch oder eine Adressdaten-CD, wenn es online aktuellere Daten gibt.
Gibt es Unterschiede bei internen und externen Schnittstellen?
Die Unterschiede werden immer kleiner. Dank der neuen Technologien macht es heutzutage oftmals kaum einen Unterschied, ob die spezifischen Daten von einem In-House-Server geholt werden oder von einem Webserver im Internet stammen. Während intern jedoch oftmals spezifische, proprietäre Systeme zum Einsatz kommen, werden für externe Schnittstellen heute schon vermehrt standardisierte Kommunikationsformen genutzt.
Funktioniert Ihre Schnittstelle gewerbe- übergreifend, ist sie sogar für den Bereich Bim zu gebrauchen?
Da befinden wir uns noch in der Abstimmungsphase. Ich höre jedoch vermehrt Stimmen, die solche Standards nachfragen. Bim gehört heutzutage sicherlich mit dazu und ist im Handwerk ein Thema. Theoretisch wäre es möglich, dass auch der einzelne Schreiner seine Daten über den Comnorm-Standard anderen Partnern zur Nutzung anbietet und so zu neuen Kunden und in neue Absatzmärkte vordringen kann.
Wie steht es um den Datenaustausch und die Datenverfügbarkeit, wenn es um die Zusammenarbeit zwischen Schreinern und Fachhändlern geht?
Die Nachfragen seitens der einzelnen Fachhändler nach Comnorm steigen, und immer mehr Lieferanten werden auf uns aufmerksam. Aktuell diskutieren wir gerade die Weiterentwicklung des einheitlichen Datenaustauschs von Comnorm und die Zusammenarbeit mit den externen Lieferanten- und Softwarepartnern. Unser Ziel ist es, das Datennetzwerk für die Schreinerbranche noch grösser und dichter zu knüpfen und die Datenqualität weiter zu steigern.
Wo sehen Sie die Vorteile einer einheitlichen und offenen Schnittstelle?
Wenn man bedenkt, was täglich in der Schreinerbranche für die Pflege und Nutzung von externen Daten aufgewendet wird, kommen einige Stunden an Sparpotenzial zusammen. Dabei wird an vielen Stellen mehrmals dieselbe Arbeit gemacht, wie beispielsweise das Ver- oder Entpacken von Dateien. Mit einer einheitlichen Schnittstelle werden diese Aufwendungen gebündelt und somit reduziert. Auch die Aktualität der Daten kann über eine offene Schnittstelle gewährleistet werden. So kann der Avor beispielsweise für seinen Werkplan immer mit der aktuellsten Version eines Zeichenblocks arbeiten, anstatt einen möglicherweise veralteten Datensatz aus dem betriebsinternen Netzwerk einzusetzen. Und der Beschlägehersteller oder Händler kann auf diese Weise einfach sein Angebotsportfolio auf dem neuesten Stand halten und seine Produkte pflegen.
Wo sehen Sie eine aktuelle Heraus- forderung bei den Schnittstellen?
Variable Produkte und die einheitliche Handhabung der Einheiten sind komplexe Themen und werden folglich noch nicht immer korrekt umgesetzt. Bei den Einheiten muss genau definiert werden, was als eine Einheit verstanden werden soll. Der Schreiner versteht beispielsweise unter einer Einheit eine Packung, der Händler eine Kiste voller Packungen und der Hersteller eine ganze Palette. Dadurch kommt es zu Situationen, in denen die Partner aneinander vorbeikommunizieren. Wir nehmen die Anforderungen und Bedürfnisse der Anwender und Partner auf und haben in den letzten Jahren entsprechend die Möglichkeiten der Schnittstelle erweitert.
Wie werden sich offene Schnittstellen in der Schreinerbranche Ihrer Meinung nach weiterentwickeln, und wo sehen Sie das grösste Potenzial?
Die Möglichkeiten zur Nutzung von Schnittstellen sind momentan sicherlich noch nicht ausgeschöpft. Um den Werkplatz Schweiz konkurrenzfähig zu halten, bedarf es weiterer Optimierungen der Prozesse und damit auch der einzelnen Schnittstellen. Sie sind schliesslich eine spezifische Form der Kommunikation zwischen zwei Parteien, eine Art Sprache. Oftmals wird aber noch zu viel übersetzt oder missverstanden. Ob für den Zukauf von Teilen bei einem Spezialisten, bei der Verwendung von Online-Bibliotheken oder in den Bereichen der Prozess- und Maschinensteuerung, in der normierten Kommunikation steckt für die Zukunft noch viel Potenzial.

www.comnorm.ch

Zur Person

Roland Wick schloss nach der Schreinerlehre und dem Berufs- maturitäts- lehrgang das Ingenieurstudium in Richtung Verfahrens- und Fertigungstechnik Biel BE ab. Berufsbeglei- tend bildete er sich zum Betriebswirtschafter des Gewerbes weiter. Seit 20 Jahren ist Roland Wick in diversen Funktionen bei der Borm Informatik AG tätig, seit 2010 in Teilzeitfunktion als Geschäftsleiter der Comnorm GmbH.

njg

Veröffentlichung: 09. Januar 2020 / Ausgabe 1-2/2020

Artikel zum Thema

24. April 2025

Alle Daten sicher digital im Griff

ERp-Übersicht.  Die nachfolgende Übersicht wirft einen Blick auf die führenden ERP-Systeme der Schweizer Schreinerbranche. Sie spielen eine Schlüsselrolle und bündeln sämtliche betrieblichen Prozesse von der Offerte über die Produktion bis hin zur Abrechnung.

mehr
24. April 2025

Die Werkbank als Kontrollzentrum

Digitale Tools.  Mit der digitalen Werkbank werden die Möglichkeiten der Digitalisierung im Bankraum aufgezeigt. Der Zugriff auf alle Produktions- und Auftragsdaten bringt den Mitarbeitenden Nutzen, Herausforderungen und Chancen.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Digitalisierung