Des Schreiners neue Kleider


Bei offiziellen Anlässen der Burgergemeinde trägt der ehemalige Schreiner Marc Fermaud (60) den Ornat in den Kantonsfarben von Bern. Bild: Sabine Schaller


Bei offiziellen Anlässen der Burgergemeinde trägt der ehemalige Schreiner Marc Fermaud (60) den Ornat in den Kantonsfarben von Bern. Bild: Sabine Schaller
Die Holztür an der Amthausgasse 5 fällt mit einem satten Ton ins Schloss. In der Eingangshalle windet sich eine Treppe in die oberen Etagen. Die Stufen sind mit rotem Teppich belegt, das kunstvoll geschmiedete Geländer ist an den Säulen verschraubt. Hier arbeitet Marc Fermaud. Seit 40 Jahren steht er im Dienst der Burgergemeinde Bern, davon 31 Jahre als Offizial. «Der Offizial fungiert als Drehscheibe der Burgergemeinde», erklärt er. Gefordert sind handwerkliches und administratives Geschick sowie Führungsqualitäten: Fermaud bearbeitet die Post, macht Kurierdienste, gewährleistet den reibungslosen Ablauf von Wahlen und Abstimmungen, koordiniert die Reservation der Sitzungszimmer und leitet das Hausdienst- und Reinigungspersonal. Die Burgergemeinde geht auf die Zeit zurück, als Bern noch ein Stadtstaat, in welchem die politische Macht und der Grundbesitz in den Händen der aristokratischen Burgerfamilien lagen. Nachdem der Kanton Bern gegründet worden war, teilten 1833 die neu geschaffene Einwohnergemeinde und die Burgergemeinde die Güter und die politischen Zuständigkeiten untereinander auf. Seither lenken die beiden Institutionen die Geschicke der Hauptstadt. Der Burgergemeinde gehören rund ein Drittel des städtischen Bodens und zudem Einrichtungen wie das Kulturcasino und das Naturhistorische Museum, in dem Fermaud einst als Betriebsschreiner tätig war. Den Wechsel ins Amt des Offizials hat er nie bereut: «Das ist meine Berufung.» Fermaud agiert vorwiegend hinter den Kulissen. Ein paarmal im Jahr hat der Berner aber einen Auftritt auf der grossen Bühne – zum Beispiel am Neujahrsempfang. Dann streift er einen Umhang in den Farben Schwarz und Rot über seinen Anzug, setzt einen Hut auf, schlüpft in weisse Handschuhe und greift nach dem Weibelstab.
In seiner Amtskluft – dem Ornat – nimmt er auf dem Kutschbock neben dem Wagenlenker Platz, hinten im Landauer sitzen der Präsident und der Vizepräsident der Burgergemeinde. «Ich begleite sie zum Bundeshaus, wo die Berner Regierung vom Bundespräsidenten empfangen wird», erklärt er. Der 60-Jährige ist längst eine kleine Berühmtheit. Geht er hinaus auf die Strasse, grüssen ihn die Leute. «Das ist schon seltsam, weil ich sie oft nicht kenne. Sie sehen mich auf der Bühne, ich aber sehe bei offiziellen Anlässen nur die Menschenmenge.» In der Stadt Bern fühlt er sich daheim. Sein Lieblingsort? Die Amthausgasse 5. Der barocke Prachtbau ist im 18. Jahrhundert am Reissbrett des Berner Stararchitekten Erasmus Ritter entstanden und seit 1952 administratives Zentrum der Burgergemeinde. Beim Gang über knarrendes Parkett, durch antik möblierte Zimmer, schlägt sein Herz höher. «Ich schätze die handwerkliche Leistung, die hier vollbracht wurde. Es ist ein Privileg in diesem Umfeld zu arbeiten.» Umso schwerer wird ihm der Umzug der Burgergemeinde Ende Oktober fallen.
Der Abschied vom Haus, das voller Erinnerungen steckt, weckt Wehmut. «Ich werde nicht einfach den Schlüssel drehen können und sagen: so, das wars», erklärt Fermaud. Aber auch im Burgerspittel am Bahnhofplatz wird er jeden Morgen die Tür eines barocken Baus aufschliessen – und sein Herz vielleicht zum zweiten Mal an ein altehrwürdiges Gebäude verlieren.
«Ich werde nicht einfach den Schlüssel drehen können und sagen: so, das wars.»
Veröffentlichung: 13. Oktober 2014 / Ausgabe 40/2014
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