Die letzte Konsequenz beim Schliessen


Erst eine doppelte Dichtung isoliert den Fugenbereich durch den entstehenden geschlossenen Fugenraum. Bilder: Andreas Brinkmann


Erst eine doppelte Dichtung isoliert den Fugenbereich durch den entstehenden geschlossenen Fugenraum. Bilder: Andreas Brinkmann
Dichtungen. Damit Türen einen Durchgang wirklich verschliessen, braucht der Bereich, der auch immer wieder aufgehen muss, äusserst beständige, wiederholt verformbare Dichtungsprofile. Nur: Woraus diese bestehen und was sonst für den Schreiner nützlich ist, weiss nicht jeder.
Türen ermöglichen Durchgänge durch Wände, damit dahinterliegende Räume betreten werden können. Ansonsten sollen sie aber diese Öffnungen in der technischen Wirkung vor allem so verschliessen, wie wenn sie nicht existieren würden.
Jede Wandöffnung ist eine Schwächung eines Gebäudes, da dort Dinge wie Schall, Regen von aussen und Dampf von innen, Wärme, Kälte und Zugluft einfacher durchkommen als beim Wandelement selber.
Türelemente mit ihren Rahmen und Wandanschlüssen wurden daher enorm weiterentwickelt und leisten mittlerweile Erstaunliches. Dabei gibt es aber immer einen Bereich, der äusserst sensibel ist und eine spezielle Aufmerksamkeit verlangt, wenn diese Leistung über lange Zeit erreicht werden soll: die Dichtungen.
Auch der Zwischenraum vom beweglichen zum festen Teil muss die genannten unerwünschten Dinge sicher abhalten. Das erfordert ein immer wieder sofortiges Verschliessen dieser Fugen ohne Ermüdungserscheinungen.
Die meisten Handwerker sprechen von Gummidichtungen und meinen damit die feinen, elastischen, gummiartigen Profile, die in die Falzprofile der Türen mit eingelassen werden. Wie immer, wenn es um Kunststoffe geht, ist es allerdings wichtig, welches Material tatsächlich verwendet wird, denn nicht jedes eignet sich für die gleichen Aufgaben.
Schon länger bekannt und weit verbreitet für Dichtungen sind EPDM-Profile (Ethylen-Propylen-Terpolymer-Kautschuk). Ihre allgemein guten Eigenschaften speziell in der Witterungsbeständigkeit und im Preis-Leistungs-Verhältnis erschliessen ein sehr weitreichendes Anwendungsgebiet. Und doch werden sie mittlerweile etwas verdrängt. Das dürfte auch vermehrt mit ästhetischen Ansprüchen zu tun haben. Da EPDM als Bestandteil auch Russ enthält, ist es farblich nur in Grau oder Schwarz erhältlich. Zieht man ein Profil über ein weisses Stück Papier, gibt es einen dunklen Strich. Das bedeutet: Die Profile können abfärben, was sich bei einer weiss gestrichenen Tür in Form eines dunklen Schattens auf der Aufschlagfläche zeigen kann. Dazu kommt noch, dass das Material bei der Produktion eine chemische Veränderung erfährt. Bei einem erneuten Schmelzen zerfällt es und ist somit nicht recyclingfähig.
Es gibt kaum ein Gebiet, wo keine Thermoplastischen Elastomere (TPE) anzutreffen sind. Das als Granulat erhältliche Material kann mehrfach geschmolzen und zu Dichtungsprofilen extrudiert werden, wobei auch sehr dünnwandige Ausführungen problemlos möglich sind. Das Granulat erlaubt zudem ein einfaches Beimischen verschiedener Zusatzstoffe zur Optimierung der gewünschten Eigenschaften.
Für den Schreiner richtig interessant ist aber eine ganz andere Möglichkeit: Es ist so ziemlich jede RAL-Farbe erhältlich. Somit lassen sich die Dichtungen der Tür- oder Falzfarbe anpassen. Damit sind die Zeiten vorbei, in denen geöffnete Durchgänge vor allem durch ihre dunklen Rahmen auffielen. Es muss dafür früh genug konkret geplant werden. Bis solche Sonderfarben als Granulat vorhanden sind, müssen rund vier bis fünf Wochen zusätzlich eingerechnet werden.
Geht es um Hygienebereiche, erhöhte Anforderungen an die Witterungsbeständigkeit, Kälte- und Wärmebeständigkeit oder um Brandschutzanforderungen, kommt man nicht um Silikondichtungen herum. Diese erlauben dünnwandige Profile wie mit TPE und sind ebenfalls farblich anpassbar – nicht gerade nach RAL-Farbkarte, aber doch angepasst.
Vor dem Extrudieren müssen die durchgefärbten Silikonblöcke gewalzt werden. Mithilfe dieses Walzvorganges können verschiedenfarbige Blöcke zusammengewalzt werden, wodurch in gröberen Abstufungen Zwischentöne und somit Farbanpassungen möglich sind. Silikon hat den Nachteil, auf UV-Licht schneller mit Vergilbung zu reagieren als manch andere Materialien. Das kann zu Problemen bei der Verwendung heller Farbtöne führen, wenn das Vergilben nicht von Anfang an mit in die Farbwahl einbezogen wird.
Als die ersten extrudierten Dichtungen auf den Markt kamen, wurden diese mit Bostitchklammern in einer Falzecke befestigt und hatten mindestens eine Dichtungslippe. Diese sollte vor allem die Zugluft zurückhalten. Kurz darauf kamen Lappendichtungen zum Einfräsen, die mit einem Kamm mit Rückhaltelamellen in eine Nut gesteckt wurden. Auch für schlauchförmige Dichtungen mit einem solchen Kamm wurden und werden in der Falzecke Nuten gefräst.
Manche Lappendichtungen sind empfindlich, bis sie in die Nut eingepresst sind, und haben deshalb einen Reisssteg, der die Dichtungslippe zur Nut hin abstützt und sichert. Ist die Dichtung montiert, muss dieser Steg dann aus dem Profil herausgerissen werden. Ansonsten wäre der Auflagedruck beim Schliessen der Tür zu gross.
Etwas dünnwandiger und mit bereits leicht geknickter Form gibt es den Steg auch als Federsteg. Der bleibt drin und unterstützt die Lippe beim Anpressdruck. Im Querschnitt zeigt diese Dichtung, dass sie so eine Hohlkammer hat. Hohlkammerdichtungen gibt es mittlerweile in sehr vielen Formen, und im Türenbereich sind sie immer öfter erste Wahl. Sie bieten einen besseren Schallschutz und dank ihrer besonderen Geometrie bessere Isolationswerte.
Wer den Katalog eines Dichtungsherstellers aufschlägt, wird erschlagen von einer immensen Flut an Möglichkeiten. Damit ein Schreiner schnell und unkompliziert das wirklich geeignete Produkt für seine Kundenarbeit erhält, empfiehlt sich die direkte Kontaktaufnahme mit dem Hersteller. Diese sollte im Idealfall schon beim Planungsstart erfolgen, denn Art und Position einer Dichtung sind relevant für die Konstruktion des Türelementes. Dazu braucht es erste Schnittzeichnungen der zu planenden Tür mit Angaben zum Einsatzgebiet, zu den Anforderungen und dazu, aus welcher Richtung welche Belastungen zu erwarten sind. Die grosse Erfahrung des Dichtungsherstellers lässt diesen aus seinem Fundus schöpfen. Beispielsweise macht die Poesia Holding AG im aargauischen Unterkulm anhand der Zeichnung ein konkretes Angebot mittels einer Vorschlagszeichnung. Die Firma sieht im vorgängigen direkten Kontakt mit dem Schreiner einen grossen Mehrwert. Mit einem Angebot, das exakt auf die Situation angepasst werden kann, lässt sich das Produkt schon in der Planungsphase optimieren. Der Schreiner erhält das, was zu seiner Konstruktion passt, und kann das allenfalls als eigenen Standard für solche Fälle hinterlegen.
Wenn trotz der riesigen Auswahl die richtige Dichtung nicht gefunden werden kann, gibt es immer noch die Flucht nach vorne.
Das heisst zum eigenen Profil. Bei Poesia beträgt die Mindestabnahmemenge für die eigene Lösung 300 Laufmeter. Könnte das Profil auch für andere Kunden interessant sein, übernimmt der Hersteller die Werkzeugkosten. Ansonsten zahlt diese der Schreiner, was zusätzlich rund 700 bis 1100 Franken für TPE kostet. Bei Silikon liegt der Preis noch rund 100 Franken höher. Zeitlich bedeutet ein eigenes Profil etwa fünf bis sechs Wochen Lieferzeit – inklusive der Werkzeugherstellung.
Natürlich können Dichtungen beim Einsetzen in den Ecken einfach gestossen werden. Dicht ist das aber nicht, auch kann diese Fuge mit der Zeit zusätzlich aufgehen. Besser ist eine fest verbundene Dichtungsecke. Silikon ist vor allem vulkanisierbar, EPDM auch. Letzteres lässt sich aber auch kleben wie TPE. Und dieses kann auch geschweisst werden. Zum Schweissen gibt es mobile Geräte, die aber etwas Übung im Umgang verlangen. Das Kleben scheint da etwas einfacher. Problematisch sind vor allem feine, dünnwandige Profile, die viel Fingerspitzengefühl beim Zusammenfügen verlangen. Einfacher ist es, man bestellt die Ware gleich konfektioniert. Dort geht es dann um die Sicherheit, dass die Masse auch wirklich stimmen. Entsprechend vorbereitete Bestellblätter vom Hersteller sind da sicher eine Hilfe. Wem das noch zu unsicher ist, der kann auch die eigene Werkzeichnung mit der entsprechenden Vermassung schicken. Wie immer kommt es auf die richtige Kommunikation an.
Zum Schluss muss noch auf Folgendes hingewiesen werden: Auch das Dichtungs- und dessen Trägermaterial kommunizieren miteinander, was auch unerwünschte Folgen haben kann. Jede Oberflächenbehandlung eines Türelementes muss ganz ausgehärtet sein, bevor die Dichtung eingesetzt wird. Ansonsten kann es zu einer Reaktion des Kunststoffes kommen, was die Funktion und Haltbarkeit beeinträchtigt oder im Extremfall ganz verunmöglicht. Entsprechend darf auch keine Dichtung überstrichen werden. Ähnlich sieht das auch bei Putzmitteln aus.
Dichtungen vertragen vor allem Wasser und Seife – ein feuchter Lappen genügt in der Regel. Entsprechend muss auch das Reinigungspersonal geschult werden, damit der Durchgang geschlossen zu einem Teil der Wand wird.
www.poesia.chVeröffentlichung: 23. Februar 2017 / Ausgabe 8/2017
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