Sicher kontrollierter Zugang

Die Zutrittskontrolle lässt sich mit verschiedenenSystemen realisieren. Bild: Assa Abloy (Schweiz) AG

Zutrittssysteme.  Aktuelle Zutrittssysteme vereinfachen die Freischaltung von Zutrittsrechten und erfordern gleichzeitig den sorgfältigen Umgang mit sensiblen Daten im Rahmen der rechtlichen Vorgaben. Was dabei zu beachten ist, erklärt der Sicherheitsexperte Max Keller im Interview.

Der Wunsch nach Schutz und Sicherheit besteht seit Menschengedenken. Und damit auch das Verlangen nach einem kontrollierten Zutritt. Die Entwicklung des mechanischen Schlosses und des Bohrmuldenschlüssels veränderte und vereinfachte den kontrollierten Zutritt markant. Als kostenattraktive Lösung wurde damit auch erstmals die Planung von Schliessanlagen möglich.

Vom Wo und Wer zum Wann

Mit herkömmlichen Schlüsseln lässt sich zwar das «Wo» und «Wer» beim Einlass bestimmen, allerdings nicht das «Wann». Mit dem Einzug der Elektrotechnik in die Schliesstechnik vor rund 40 Jahren wurde der Mangel aufgehoben: Schlüssel und Zylinder sind nun mit elektronischen Komponenten versehen, wodurch die Zugriffsrechte mechanisch und digital geprüft sowie mit Zeitprofilen versehen werden können. Dadurch lässt sich exakt definieren, wem, wann und zu welchem Zeitpunkt oder in welchem Zeitrahmen der Zugriff gewährt wird. Ausserdem sind sämtliche Bewegungen damit exakt rückverfolg- und dokumentierbar. Der wohl signifikanteste Unterschied elektronischer Zugangsmittel gegenüber mechanischen Schlüsseln: Gehen Schlüssel verloren oder werden gestohlen, müssen je nach Konzept ganze Schliessanlagen ausgetauscht oder zumindest Zylinder teilweise ausgewechselt werden, was kosten- und zeitintensiv ist.

Die heutigen Zutrittssysteme mit ihrer Möglichkeit, Informationen abzuspeichern und gar auszuwerten, werfen Fragen hinsichtlich des Datenschutzes auf. Mit über 40 Jahren Erfahrung in der Sicherheitsbranche gibt Max Keller im nachfolgenden Interview einen kurzen Überblick in die Welt der Zutrittskontrolle.

Schreinerzeitung: Herr Keller, gibt es bei mechanischen oder mechatronischen Systemen bestimmte Problembereiche?
max keller: In der Realität habe ich mit vielen Gebäuden zu tun, deren Schliesspläne veraltet sind und bei denen kaum noch eine genaue Übersicht besteht, wer welche Schlüssel besitzt.
Braucht es dann noch solche Systeme, oder lassen sie sich durch andere Zutrittssysteme ersetzen?
Sicher ist es wichtig, das System jeweils individuell an die entsprechende Situation anzupassen und zu schauen, welche Anforderungen überhaupt nötig sind. Allerdings stützen sich die baulichen Vorgaben auf die Normen für Rettungswegtechnik und Fluchtwege SN EN 179, SN EN 1125 sowie SN 13637. Im Weiteren muss der Zugang im Notfall für eine Intervention durch einen mechanischen Schlüssel gewährt sein.
Wo werden mechatronische Systeme verwendet?
Für kleinere Firmen, Anlagen oder Häuser wird das System teilweise noch eingesetzt. Die Zugriffsrechte lassen sich einfach programmieren. Allerdings kommt man etwas von den mechatronischen Lösungen weg, was aber nicht bedeutet, dass diese falsch sind. Es ist auch keine Zutrittskontrolle im eigentlichen Sinne, jedoch eine Verbesserung eines rein mechanischen Systems.
Was sind die Gründe dafür?
Mechanische Schlüssel mit einem Chip sind einfach teuer. So kostet ein verloren gegangener Schlüssel rasch zwischen 100 und 150 Franken, also das x-Fache eines Badges. Zutrittsrechte müssen lokal auf die Türkomponente geladen werden, und Kartensperrungen sind im Notfall nicht unmittelbar aktiv.
Wo liegt der genaue Unterschied zwischen einer Offline- und einer Online-Zutrittskontrolle?
Bei der Offline-Lösung sind die Kosten-, Montage- und Installationsaufwände gering, weil lediglich der Beschlag getauscht werden muss und keine Verkabelung notwendig ist. Im Gegensatz dazu erfordert die Online-Zutrittskontrolle die Verkabelung der Türen. Dafür sind aber Informationen wie Türüberwachung, Zutrittsrechte, Ereignismeldungen und Kartensperrungen in Echtzeit überwach- respektive programmierbar. Zudem ergeben sich damit viel mehr Möglichkeiten punkto Zutrittsberechtigungen.
Welche Zutrittssysteme werden aktuell eingesetzt?
Der Trend geht heute zur Verknüpfung von Offline- mit Online-Systemen. Sie sind sehr ausgereift und nähern sich einander immer mehr an. So gibt es ausgeklügelte Methoden, um aus einem Offline-System ein Online-System zu machen.
Und wie sieht das in einem konkreten Fall aus?
Bei einem Gebäude werden die Türen, die eine hohe Sicherheit aufweisen sollen, also Aussentüren, Garagentüren oder EDV-Raumtüren, mit einem Online-System ausgestattet. Das heisst, sie werden mit einem Elektroschloss und Leser versehen und verkabelt. Alle anderen Türen im Innenbereich rüstet man heute in der Regel mit einem Offline-System aus.
Kann ein Offline-System dann auch mit einem mechatronischen Schlüsselsystem kombiniert werden?
Das kann man machen, ist aber nicht ideal, weil das Metall des Schlüssels unter Umständen das Lesegerät stört. Das grösste Handicap bleibt hier aber auch wieder der hohe Preis.
Wie sieht ein aktuelles Schliesskonzept mit Zutrittskontrolle aus?
Ein Beispiel: Für die Ausseneingänge eines alten Gebäudes wird ein neuer Schliessplan mit einer Online-Zutrittskontrolle eingerichtet, die auch extern überwacht werden kann. Die mechanischen Zylinder an den Innentüren bleiben jedoch unverändert bestehen. So lässt sich kosteneffektiv ein kontrollierter Zugang zum Gebäude einrichten.
Was ist bei Zutrittssystemen zu beachten?
Ganz wichtig ist es, dass der Planer zusammen mit dem Kunden die exakten Bedürfnisse und Anforderungen an die jeweiligen Türen und so die geeigneten Zugangssysteme ausarbeitet und plant. Wichtig ist auch, sich zu überlegen, wie die Mitarbeitenden, ohne sie zu behindern, einfach an ihren Arbeitsplatz gelangen. Also, wie sie die Türen öffnen und schliessen – sei dies beispielsweise mit einem Schlüssel oder einem Badge. Das geht leider manchmal vergessen, weil man die Mitarbeitenden zu wenig berücksichtigt.
Dann ist das Zutrittssystem auch vom Objekt abhängig?
Natürlich muss unterschieden und berücksichtigt werden, wie gross der Personenfluss ist. So sind beispielsweise die Sicherheits-, aber auch die Abnutzungsanforderungen an eine Eingangstür und ihre Komponenten einer Schule speziell.
Wo können die Schwierigkeiten einer Zutrittskontrolle liegen?
Das Hauptproblem ist, wenn die Mitarbeitenden nicht miteinbezogen werden. Dann kann es sein, dass das System nicht funktioniert, weil die Leute sich einfach weigern, es richtig zu benutzen. Man muss den Leuten klarmachen, dass ein Zutrittsleser nicht da ist, um jemandem etwas zu verwehren. Es geht nur darum, im Ereignisfall möglichst schnell und einfach zu sehen, wer zur gegebenen Zeit überhaupt Zutritt hatte, um den Kreis der Verdächtigen einzuschränken.
Dürfen die Zutrittsinformationen gespeichert werden?
Das Gesetz sagt, dass die Daten in einem vernünftigen Rahmen und nicht länger als unbedingt nötig aufbewahrt werden dürfen.
Das klingt etwas vage.
Bei der Datenspeicherung wird keine klare Zeitdauer vom Gesetz definiert. Die Daten mehr als ein halbes Jahr aufzubewahren, macht aus meiner Sicht keinen Sinn. Erfahrungsgemäss hat auch niemand Zeit, und auch kein Interesse, sich diese Informationen anzuschauen.
Wo werden diese Daten gespeichert?
Die Offline-Beschläge speichern eine gewisse Anzahl von Zutrittsbewegungen bei sich ab, die sich vor Ort auslesen oder auch über WLAN oder eine Karte übertragen lassen. Online-Zutrittssysteme speichern ihre Daten in einer Datenbank auf dem Server der Firma. Sie ist für die Sicherheit verantwortlich und bestimmt auch den Standort des Servers.
Ist es erlaubt, die Daten auszuwerten?
Es gilt die Verhältnismässigkeit. Grundsätzlich werden die Daten nur im Ereignisfall ausgewertet, alles andere kann kritisch werden. Die Informationen der Zutrittskontrolle gleichzeitig zur Zeiterfassung zu verwenden, ist nicht im Sinne des Erfinders und wird auch nur in den allerseltensten Fällen berücksichtigt. Es sei denn, es handelt sich um ganz spezielle Fälle wie ein Atomkraftwerk. Dort muss man von Gesetzes wegen belegen können, wie oft und wie lange ein Mitarbeiter jeweils in den Räumen war.
Wer entscheidet über die Zutrittsberechtigungen?
In grösseren Firmen sind es die Sicherheitsverantwortlichen, die ein Zutrittskonzept ausstellen. Das lässt sich zu den Vorgesetzten oder Abteilungsleitern herunterbrechen, die die Zutrittsberechtigungen für neue Mitarbeitende im System eingeben. Das wird von der Geschäftsleitung oder dem Sicherheitsverantwortlichen geprüft und schliesslich freigegeben.
Was ist Ihrer Meinung nach ein gutes Zutrittssystem?
Ein sicheres System ist eines, das vom Berater, Eigentümer und Nutzer gut konzipiert wurde. Ein System ist nur so sicher, wie sich die einzelnen Personen verhalten. Es muss so konzipiert sein, dass sich die Leute nicht behindert fühlen. Ein Beispiel: Ich hatte ein Objekt, bei dem nur biometrische Leser installiert waren. Für den Toilettengang mussten die Mitarbeitenden dann an drei bis vier solchen Lesern vorbei, was natürlich völlig unverhältnismässig ist. Biometrische Systeme sind nicht immer so einfach und bedingen manchmal ein mehrmaliges Lesen, sodass sich Mitarbeitende in diesem Fall zu Recht genötigt fühlten. Überdies sind auch die einschlägigen Normen für Zutrittskontrollanlagen SN EN 60839-11-1 und 60839-11-2 sowie SN EN 60839-11-31 zu berücksichtigen.
Wo sind biometrische Systeme sinnvoll?
In Kombination mit einem Badge oder Code erhöhen biometrische Zutrittssysteme die Sicherheit, deshalb sind sie bei sensiblen Räumen angebracht. Auch beim Wohnungsbau, bei Einfamilienhäusern, sind biometrische Systeme wie der Fingerprint eine sinnvolle Option, die auch schon oft zum Tragen kommt. Dass sie aber bei einer grösseren Firma beim Haupteingang eingesetzt werden, ist eher nicht der Fall.
Welche Entwicklung ist zu erwarten?
Die Systeme entwickeln sich ständig weiter und werden technisch immer raffinierter. Aber auch die Verknüpfung von unterschiedlichen Systemen wird immer wichtiger. Gerade bei Grosskonzernen, die teilweise mehrere Zutrittssysteme haben, geht man hin und verbindet die verschiedenen Systeme in einem sogenannten Meta-Management miteinander.
Welche Auswirkungen hat künstliche Intelligenz auf Zutrittssysteme?
Je nach Systemgrösse sind die sehr komplex, da die verschiedenen Softwarefunktionen aufeinander abgestimmt und abgesichert werden müssen. Das alles manuell zu kontrollieren, ist sehr zeitintensiv und absorbiert eine Person stark. Bei solchen Routineaufgaben, insbesondere aber auch in der Erstellung der Software, wird KI zum Tragen kommen respektive kommt zum Teil schon zum Tragen.

Zur Person

Max Keller trat 1990 als Berater, Planer und Errichter in die Sitec System AG, später Siaxma AG, ein. Anschliessend übernahm er die Geschäftsleitung, die er bis Ende 2022 ausübte. Seither ist er Verwaltungsratspräsident und bringt sein Fachwissen weiterhin als Sicherheitsberater in Siaxma ein. Viele Jahre engagierte sich Keller zudem im Verband Schweizerischer Errichter von Sicherheitsanlagen (SES), wo er die Ausbildung zum Projektleiter Sicherheitssysteme mit eidg. Fachausweis verantwortete. Als Mitglied der Technischen Arbeitskommission «Access Control» leitete er das Projekt Business-Dossier Zutrittskontrollsysteme und Türmanagement. Heute ist er weiterhin im SES tätig und arbeitet in der QS-Kommission Ausbildung Sicherheitssysteme mit.

www.siaxma.ch

Michi Läuchli, ML

Veröffentlichung: 28. August 2025 / Ausgabe 35/2025

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