Ein Informatiker mit Herz für Holz

Thomas Blatter (43) in der Werkstatt im Keller, die er selbst entworfenund eingerichtet hat. Bild: Fränzi Hurni

Leute. Thomas Blatter, «Thomsson» genannt, hat die Schreinerlehre aus Überzeugung und mit viel Herzblut absolviert.

Sein Vater hat zwar eine Möbelschreinerei in Brienz BE. Er hat jedoch nie Erwartungen an seinen Sohn gestellt, sondern sich einfach gefreut, dass die «Holz-Gene» in der Familie weitergegeben wurden. Alles, was danach in Blatters Leben passiert ist, erinnert ein bisschen an ein Puzzle, bei dem Teilchen für Teilchen zu einem grossen Ganzen zusammengefügt wurden. Vieles durch puren Zufall oder schlicht Glück. Schon zu Schulzeiten hat sich der 43-Jährige für Computer interessiert. «Ich wollte immer schon verstehen, wie und warum etwas funktioniert, die Zusammenhänge begreifen.» Während seiner Schreinerlehre ist er immer tiefer in die CAD-Materie eingetaucht. «Ich hatte schon damals Spass daran, die Informatik mit dem Hölzigen zu verbinden und die Möglichkeiten auszuloten.» Weil sein Wissensdurst gross war, entschied er sich nach dem Militärdienst und einer Australienreise für ein Studium an der Schweizerischen Fachschule Teko Bern. Seit 2007 ist er diplomierter Informatiktechniker HF. Ursprünglich wäre seine Anstellung bei der Frama AG in Lauperswil als dreimonatige Übergangslösung gedacht gewesen – es sind fast 10 Jahre daraus geworden. «Die Einführung von SAP war am Anfang viel ‹learning by doing›», sagt der Familienvater mit einem Schmunzeln. Die Business-Software SAP hat den gebürtigen Brienzer gepackt, und er hat sich während der folgenden Jahre laufend weitergebildet. Seit 2019 ist er als Wirtschaftsinformatiker bei der Schweizerischen Mobiliar Versicherungsgesellschaft angestellt.

«Ich habe die Liebe zum Holz und die Freude am Handwerk nie verloren.»

Wie die erste Arbeitsstelle war auch die Unterkunft bei einer Tante in Jaberg für kurze Zeit als Überbrückung geplant gewesen. Heute wohnt Blatter mit seiner Frau und den drei gemeinsamen Söhnen immer noch an der gleichen Strasse in Jaberg, inzwischen im Eigenheim. Ein weiteres Puzzleteil hatte seinen Platz gefunden. Am Wochenende ist die Familie oft auf dem Fussballfeld anzutreffen. Alle drei Jungs spielen in einer Mannschaft. Im Winter ist die sportliche Familie nach Möglichkeit auf der Axalp auf der Skipiste. Gerne ist die Familie auch auf oder im Wasser oder mit den Velos unterwegs. «Ich habe die Liebe zum Holz und die Freude an der handwerklichen Arbeit nie verloren», sagt Blatter. Dazu gekommen ist mit den Jahren ein grosses Fachwissen in der digitalen Welt. In seiner Freizeit kombiniert er seine beiden Passionen. Im Keller seines Hauses richtete er sich eine kleine Werkstatt ein. Tönt an sich unspektakulär, ist aber eindrücklich. «Entstanden ist alles zuerst im Kopf, danach dreidimensional auf dem Computer und schliesslich alles ‹Handmade by Thomsson›.» Jedes Werkzeug hat seinen Platz, jede Maschine einen eigenen magnetischen Absaugschlauch, jedes kleinste Detail ist durchdacht, digital verbunden und automatisiert, nichts wurde dem Zufall überlassen. An der Wand hat es «French Cleat»-Keilleisten, in welche die Arbeitsgeräte ein- und angehängt werden können und dadurch jederzeit am richtigen Ort sind.

Wenn etwas fehlt oder einfach auch nur praktisch wäre, wird es durch den Bauschreiner mit der CNC-Maschine, dem 3D-Drucker oder dem Laser hergestellt. Das kann eine defekte Batterieabdeckung eines Spielzeuges der Kinder sein, ein neues Arbeitsgerät, eine fehlende Weiche der Spielzeugeisenbahn, eine Garderobe, eine Holz-Sonnenbrille oder eine Lampe über dem Esstisch der Familie. Mittlerweilen arbeitet der Familienvater mit dem dritten selbst gezeichneten und konstruierten 3D-Drucker.

Fränzi Hurni

Veröffentlichung: 10. Juni 2024 / Ausgabe 23/2024

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