Ein Prost auf die Freundschaft

Raphael Schäfer (33) hat sich kürzlich als Schreiner selbstständig gemacht. In seiner Freizeit dagegen braut er mit Freunden Bier. Bild: Isabel Hempen

Sie heissen «Wikinger», «Jäger», «Büezer» oder «Mönch», und ein «Huus» lagert ebenfalls in den Harassen: Es sind «Güxbier»-Kreationen der «Üdiker Braufründe», die fast nur ab Rampe der Kleinbrauerei erhältlich sind. Diese ist in einem ehemaligen Kuhstall im zürcherischen Uitikon einquartiert, und Raphael Schäfer hat eben den Schlüssel im Schloss der schweren Holztür gedreht. «Im Moment versuchen wir uns an einem Bier mit Himbeeren», erzählt der Schreiner, der für die beiden kleinen Räume das Mobiliar angefertigt hat. 30 Liter haben er und seine fünf Freunde gebraut, mit denen er im Dorf aufgewachsen ist. Wie und ob die neue Sorte schmecken wird, bleibt aber eine Überraschung. «Das sehen wir dann in sechs bis acht Wochen, wenn das Bier trinkbereit ist», sagt der 33-Jährige lachend. Die gemeinsame Liebe zum Gerstensaft war es, die das Sechsergespann 2017 dazu brachte, einen Bierbraukurs zu besuchen. Die Freunde kauften einen 30-Liter-Topf und einen Gasbrenner, bestellten im Internet die nötigen Zutaten und begannen, in der Werkstatt eines ihrer Väter zu experimentieren. «Das war ultraaufwendig, weil wir jedes Mal alles wieder auf- und abbauen mussten», erzählt Schäfer und öffnet einen der Kühlschränke, aus dem er sich ein «Huus»-Bier greift – ein American Lager mit 5,2 Volumenprozent. Die Braukessel stehen im angrenzenden Kabäuschen, wo sich auch die vollen Harasse stapeln. Nach ersten Brauversuchen im Sommer vor vier Jahren wagten sich die Freunde im Herbst darauf an ein Winterbier mit Koriander.

Als die sechs dieses an einem Anlass im Dorf präsentierten, stiess es sofort auf Anklang. «Das eine ergab das andere: Wir kauften einen 100-Liter-Topf, bald darauf einen 120-Liter-Topf, und schliesslich ging es auch in der Werkstatt nicht mehr.» Seit zwei Jahren nun sind sie in ihrem Lokal eingemietet. Zur Eröffnungsfeier ihrer «Güxerei» kamen 400 Leute, die letzten blieben bis zwei Uhr morgens. Die Rezepte, die sie ausprobieren, finden sie jeweils im Internet. Selten kommt es vor, dass ein Bier völlig «abverheit». «Das können wir dann beim Bauern nebenan in das Güllenloch runterkippen», sagt Schär amüsiert. Nicht so schlimm, dann pröbeln sie eben weiter. Und dann gibt es Sorten wie ihr «Mönch»-Bier, wo sie den Dreh noch nicht ganz heraushaben. «Ein super Witbier mit Orange und Koriander – aber sobald du den Deckel aufmachst, schäumt es erst mal über», erklärt Schäfer das Problem mit diesem belgischen Weizenbier. Trotz grosser Nachfrage aus dem Dorf ist das «Güx»- Angebot begrenzt. «Es hat, solange es hat», lautet die Philosophie der sechs Männer, von denen jeweils etwa vier jeden dritten Samstag vor Ort sind und 120 Liter Bier produzieren. Dabei kommen sie mit den Leuten ins Gespräch, wenn diese etwa vom Üetliberg herunterkommen oder gerade hinaufwandern. «Kürzlich habe ich mit zwei alten Damen Bier getrunken. Die sind fast durchgedreht, weil sie es so fein fanden», sagt Schäfer beglückt. Er mag es, «bei den Leuten» zu sein und direktes Feedback zu erhalten. Deshalb soll das Brauen auch in Zukunft eine Freizeitbeschäftigung bleiben. Ausserdem sind alle sechs beruflich ausgelastet.

Schäfer selbst hat sich vor wenigen Monaten als Schreiner selbstständig gemacht. Das gemeinsame Hobby dient den Freunden vor allem als guter Vorwand, sich regelmässig zu sehen – und gemeinsam zu trinken. «Wir stossen mit unserem eigenen Bier an», sagt der Hobbybrauer. «Besser gehts nicht.»

«Wir stossen mit unserem eigenen Bier an. Besser gehts nicht.»

Isabel Hempen

Veröffentlichung: 30. September 2021 / Ausgabe 40/2021

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