Ein Tausendsassa macht Käse


Der gelernte Landwirt und Schreiner Alfred Zahnd (56) trägt oft und gerne den Chäs-rock, die bestickte Samtjacke der Berner Unterländer Tracht. Bild: Christoph Hostettler


Der gelernte Landwirt und Schreiner Alfred Zahnd (56) trägt oft und gerne den Chäs-rock, die bestickte Samtjacke der Berner Unterländer Tracht. Bild: Christoph Hostettler
Die Geissen rupfen mit ihrer rauen Zunge das grüne Gras. «Ich mag meine Ziegenherde», sagt Alfred Zahnd, «die Tiere sind zutraulich und sehr klug.» Sie kauen genüsslich und ohne zu meckern, obwohl man dem Bergspezialisten mit dem auffälligen Kinnbart doch nachsagt, das Nörgeln erfunden zu haben. Diesen Sommer gibt es für die Tiere aus dem Stall der Familie Zahnd keinen Anlass dazu – anders als die Menschen, welche die letzten Wochen unter der Hitze geächzt haben, fühlen sich die Ziegen bei diesen Temperaturen wohl. Ihre Zufriedenheit lässt sich am steigenden Milchpegel messen. «Im Moment geben sie etwa 400 Liter Milch in der Woche. Bei normalen Verhältnissen sind es rund 250», erklärt Zahnd. Siebzig Geissen – Toggenburger, gämsfarbige Gebirgsziegen und Bündner Strahlengeissen – weiden auf dem kleinen Hof in Rüschegg-Gambach BE. Wenn sie satt sind und es eindunkelt, werden sie von Alfreds Frau Vreni in den Stall gebracht. «Dort sind sie sicher vor Luchs, Wolf und Fuchs.» In der Region Rüschegg kreuzen sich hier und da die Wege von Wildtier und Mensch. Erst vor einem Jahr sei sein Sohn beim nahe gelegenen Wasserfall plötzlich einem Wolf gegenübergestanden und kreideweiss angerannt gekommen, berichtet der vierfache Familienvater. Die Ziegen sind Familiensache. Sie werden jeden Tag von Vreni gemolken. Am Samstag um 3 Uhr in der Früh beginnt Alfred Zahnd mit der Milchveredelung. Er stellt Tomme-Käse her, aromatisiert mit Chili, Schnittlauch, Heublumen, Kräutern oder einer Tomaten-Basilikum-Mischung.
Den Käse verkauft er seit zwölf Jahren jeden Samstag an einem Marktstand in der Berner Münstergasse. Die meisten seiner Kunden sind Stammkunden – doch einmal machte auch der deutsche Bundespräsident Jo-achim Gauck an seinem Stand halt. Gemeinsam mit Didier Burkhalter probierte er ein Stück Ziegenkäse. «Aber das war nur für das Foto und nicht wegen des Käses», sagt Zahnd und lacht. «Käsen ist keine Hexerei», erklärt er. Um seine Talente macht der Berner kein Aufheben: Nach der Ausbildung zum Landwirt absolvierte er eine Schreinerlehre, «weil es ohne Heimet in diesem Beruf schwierig ist», und arbeitete einige Jahre als Zimmermann in der Region. Dann bot sich die Chance, in die Landwirtschaft einzusteigen, und die Familie zog auf eine Alp in Sangernboden, wo Alfred Zahnd erste Erfahrungen in der Käseherstellung sammelte. Aber viel Geld lässt sich auf einer Alp nicht verdienen und die Schulwege sind lang. Deshalb kauften die Zahnds in Rüschegg-Gambach ein Grundstück, rissen das bestehende Haus ab und bauten ein neues. Die Pläne dazu hatte Alfred Zahnd gezeichnet, das Holz für den Fleckenbau band er gemeinsam mit seiner Frau bei einem befreundeten Schreiner ab. «Am Morgen wurde der Stall gemacht und dann bis abends um acht das Holz zugeschnitten, drei Monate lang», sagt er und schmunzelt.
Hauptberuflich ist der 56-Jährige heute beim Vermessungsamt der Stadt Bern beschäftigt. Nebenberuflich ist er Käser, Holzschnitzer, Jodler, Jäger und erfolgreicher Sportschütze im Ruhestand. «Irgendwie ist alles in meinem Leben ineinandergelaufen», sagt der bescheidene Berner, der wie die allerersten Käser auf der Alp mit Stolz den Chäsrock trägt und zwischendurch gerne einen Jutz singt.
«Ich mag meine Ziegenherde, die Tiere sind zutraulich und sehr klug.»
Veröffentlichung: 27. August 2015 / Ausgabe 34/2015
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