Ein Werk von Visionären

«Hier oben ist es wie im Klassenlager»: Bruno Krucker über die einmalige Lage der HF Bürgenstock. Bild: Sascha Frey

75 Jahre Bürgenstock.  Kommendes Jahr feiert die Höhere Fachschule Bürgenstock ihr 75-jähriges Bestehen. Schulleiter Bruno Krucker verrät, wie die HF Bürgenstock das Jubiläum begehen wird und dabei zeigen will, dass sie viel mehr ist als bloss eine Schule «am Ende der Welt».

SchreinerZeitung: 1944 baute der VSSM ein eigenes Bildungszentrum an einem Ort, der kaum erschlossen war. Das müssen Spinner gewesen sein.

Bruno Krucker: Nein, das waren Visionäre. Stellen Sie sich das mal vor: Die Leute haben ein Haus für die Bildung gebaut, obwohl es noch gar kein richtiges Bildungssystem gab. Sie machten das, weil sie merkten, dass die Bildung enorm wichtig ist. So wichtig nämlich, dass der Verband selber die Fäden in die Hand nehmen musste. Er wollte die Entwicklung steuern, und das zeugt von grossem Verantwortungsbewusstsein. Aber klar, ein bisschen haben Sie schon recht. Man baute ein Haus, das damals bloss sieben Wochen im Jahr gebraucht wurde. Budgetiert waren 200 000 Franken, und es kam zu einer Kostenüberschreitung von mehr als 100 Prozent. Doch das waren ja nicht die ersten Visionäre, die sich bei den Kosten verrechneten.

Vielleicht war der Verband damals der Zeit voraus. Trotzdem fragen sich sicher einige, ob es richtig ist, im Jahr 2019 an diesem Ort eine Schule zu betreiben.

Kritiker gibt es immer, damit müssen wir leben. Rein geografisch sind wir wohl, wie einige sich ausdrücken, etwas «am Ende der Welt». Allerdings sind wir keine 30 Kilometer vom Mittelpunkt der Schweiz entfernt, das muss auch noch gesagt sein. Und wir sind extrem nah dran an den Schreinerinnen und Schreinern, weil wir ein Teil des VSSM sind und deshalb immer den Mitgliedern den Puls fühlen können. Das ermöglicht es uns, aktuell zu sein und sofort auf Entwicklungen zu reagieren. Und dann, das wissen Sie auch, geht es nicht immer nur ums Lernen, sondern auch um Kameradschaft, um Vernetzung in einer Bildungsgemeinschaft. Unter diesem Aspekt ist die Lage der HF Bürgenstock ein Vorteil. Hier oben ist es wie in einem Klassenlager.

Tausende junge Berufsleute haben in den letzten 75 Jahren eine Ausbildung auf dem Bürgenstock absolviert. Sollen sie nächstes Jahr alle auf den Bürgenstock zur Jubiläumsfeier pilgern?

Nein. Wir haben uns dazu viele Gedanken gemacht. Und wir sind zum Schluss gekommen, dass ein grosses Bier- und Bratwurstfest an diesem Ort keinen Sinn macht, weil vielleicht einige ehemalige Absolventen auch gar nicht mehr so mobil sind. Wir möchten die Leute von zu Hause aus am Jubiläum teilnehmen lassen. In der SchreinerZeitung ist eine lose Serie geplant, in der mit Kurzgeschichten episodenhaft auf 75 Jahre HF Bürgenstock zurückgeschaut wird. Da ist immer wieder etwas zum Schmunzeln dabei. Ab dem 1. Januar haben wir ausserdem eine Jubiläums-Internetseite, auf der man vieles entdecken kann. Auf diese Weise können wir das Jubiläum über längere Zeit warmhalten, es verpufft nicht nach einem einzigen Anlass. Höhepunkt wird dann sicher die Messe Holz im Oktober 2019 sein. Dort wollen wir dem Jubiläum einen würdigen Platz einräumen, und selbstverständlich wird unser Stand auch ein Ort der Begegnung sein, wo wir Ehemalige treffen und uns mit ihnen unterhalten können. Auch auf dem Bürgenstock selber wird sich natürlich hin und wieder die Gelegenheit zum Zurückschauen bieten. Gerne führen wir zum Beispiel ehemalige Klassen oder Berufsschulen durch das Haus. Wer Interesse hat, kann sich einfach bei uns melden.

Schauen wir nicht nur zurück, sondern auch nach vorn: Wo steht die HF Bürgenstock in 25 Jahren?

Dank des Ausbaus vor sechs Jahren herrschen hier optimale Rahmenbedingungen für die Zukunft. Wir müssen nicht primär in der Menge gut sein, sondern in der Qualität. Unser Anspruch ist es, dicht am Markt dranzubleiben und Impulse zu setzen. Der VSSM betreibt dieses Haus, weil er die Schreinerinnen und Schreiner, weil er die ganze Branche in Bewegung halten will. Alle sollen sehen, dass sie sich bilden müssen, um im Beruf weiterzukommen. Wir bieten dafür Wege an. Doch letztlich ist es nicht so wichtig, an welchem Bildungsinstitut die Schreiner ihren Horizont erweitern. Hauptsache ist, dass sie es machen und sich und die Branche weiterbringen.

Bruno Krucker (64) ist seit 1984 an der Höheren Fachschule Bürgenstock tätig, seit 2000 in der Funktion des Schulleiters.

 

Jahresprogramm 2019 der HF Bürgenstock

Immer auf der Höhe bleiben

Das neue Jahresprogramm 2019 der HF Bürgenstock (HFB) bietet zahlreiche Gelegenheiten für ein Höhentraining im Herzen der Schweiz. «Am Ende der Welt», so hört man es manchmal, wenn jemand das erste Mal die Höhere Fachschule Bürgenstock besucht. Die Vorteile dieses einzigartigen Standorts kommen oft erst zum Vorschein, wenn man ihn selbst erlebt. Während eines Höhentrainings auf 883 Metern über Meer entsteht Abstand zum Berufsalltag, und man kann sich voll auf die Weiterbildung konzentrieren. Zudem fördert der Austausch mit Berufskollegen aus der ganzen Deutschschweiz neue Ideen und bisher unbedachte Perspektiven. Das eben erschienene Jahresprogramm 2019 bietet Gelegenheit, die einmalige Bürgenstock-Atmosphäre in zahlreichen Weiterbildungsangeboten zu erleben.

Die eigene Chance nutzen

Wie es nicht die eine Laufbahn gibt, gibt es auch nicht die eine Weiterbildungsplanung für Unternehmen. Jede Person und jedes Unternehmen hat ein individuelles Umfeld, das berücksichtigt werden muss. Entscheidend ist allerdings die Bereitschaft zur Veränderung. Dazu ist eine Standortbestimmung das A und O: Wie sehen die betrieblichen, beruflichen und persönlichen Ziele aus? Welche Ressourcen habe ich zur Verfügung? In einer Einzelberatung klärt die HFB diese Fragen und zeigt mögliche Zukunftsperspektiven auf, sodass man sich für den nächsten Schritt auf seinem persönlichen Weg entscheiden kann.

Gemeinsam mit der HFB führt der VSSM die Instrumente aus der Bildungsinitiative zur betrieblichen Selbsteinschätzung fort. Mit dem «VSSM-Mitarbeiterförderungstool» oder auch dem «KMU-Bewertungstool» erfahren die teilnehmenden Unternehmer, wo ihr Betrieb aktuell steht. In der Beratung, etwa mit dem «VSSM-Bildungscoach», werden daraus wertvolle Schlüsse für den nächsten Schritt gezogen.

Stufe um Stufe erklimmen

So ist es auch bei den Diplomausbildungen des Bildungssystems VSSM/Frecem. Auf allen Stufen werden andere Anforderungen gestellt, so bleibt die Ausbildung lehrreich, spannend und praxisorientiert. Qualifizierte Mitarbeitende sind gefragt und bringen einen Betrieb vorwärts. Vorwärts oder eben aufwärts geht es vor allem dann, wenn Unternehmen, Mitarbeitende und Schule gemeinsam am gleichen Strick ziehen.

Die HFB unterstützt Mitarbeitende und Unternehmen dabei, die Weiterbildung zu planen, sodass das Wissen 1:1 in der Praxis vernetzt werden kann. Das effiziente Wochen- oder Blocksystem fördert diesen Praxistransfer zusätzlich, indem das Gelernte in der unterrichtsfreien Zeit umgehend in den Arbeits- alltag integriert werden kann.

Flexibel ist auch der Einstieg. Pro Jahr sind drei Starttermine ab EFZ sowie zusätzliche Einstiegsmöglichkeiten ab Fertigungsspezialist und Projekt- oder Produktionsleiter zu den weiteren Modulstufen verfügbar.

Berufsleute können das Höhentraining an der HFB in über 50 Seminarangeboten erleben – an den regionalen Veranstaltungen sogar vor der eigenen Haustür. Unter den Angeboten finden sich viele spannende Neuheiten. In acht Tagen kann man zum Beispiel das neue HFB-Zertifikat «Junior-Avor Schreinerei» erlangen. Oder man informiert sich in nur einem Tag über die Neuerungen im Bereich «Datenschutz im KMU». Es geht noch kürzer: Auch 2019 frischen Schreiner im Rahmen des VSSM-Angebots «SchreinerUpdate» ihr Praxiswissen in nur 2 mal 66 Minuten auf – und das dezentral in der ganzen Deutschschweiz (Seite 20). Parla italiano? Die italienischsprachigen Branchenkollegen finden sogar in vier Kursen im Tessin eine Prise Bürgenstock. Eine Firmenschulung ist zeitlich, örtlich und inhaltlich noch individueller ausgerichtet. Gemeinsam mit den Unternehmen erarbeitet die HFB ein massgeschneidertes Weiterbildungskonzept. So füllen die Teilnehmer effektiv und effizient ihren betrieblichen Werkzeugkoffer für die Zukunft. 

www.hfb.ch

Ein spezielles Jahr steht bevor

1944 baute der VSSM auf dem Bürgenstock im Kanton Nidwalden ein Ausbildungszentrum für Schreiner. 2019 feiert er dessen 75-Jahr-Jubiläum. Aus diesem Anlass publiziert die Schreiner- Zeitung ab Januar in loser Folge Episoden aus der bewegten Geschichte der Höheren Fachschule Bürgenstock.

mf, oa

Veröffentlichung: 18. Oktober 2018 / Ausgabe 42/2018

Artikel zum Thema

19. Juni 2025

«Come si dice in tedesco?»

Austauschprogramm.  Mit Unterstützung der Luzerner VSSM-Sektion hat erstmals ein Tessiner Jungschreiner ein Sprachpraktikum bei einer Luzerner Schreinerei gemacht. Die beteiligten Stellen im Kanton Tessin und im Kanton Luzern wünschten sich weitere mutige Teilnehmende.

mehr
05. Juni 2025

Nach zwölf Jahren steht 2026 ein Wechsel im Präsidium an

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Verbandsinfo