Einbrechern und Elementen trotzen


Der dynamische Belastungstest bringt manche Türkonstruktion an ihre Grenze. Bild: Rubner
Der dynamische Belastungstest bringt manche Türkonstruktion an ihre Grenze. Bild: Rubner
Einbruchschutz. Die veränderten Vorschriften für einbruchhemmende Türelemente stellen die Hersteller vor neue Herausforderungen. Schwierigkeiten bereiten teils verschärfte Prüfvorschrif- ten, aber auch die allgemein gestiegenen Anforderungen an Aussentüren.
Aus Widerstandsklasse (WK) wurde Resistance Class (RC). Doch die Inkraftsetzung der neuen Einbruchschutznormen Ende 2011 hatte nicht nur eine Namensänderung zur Folge, sondern auch Veränderungen der Prüfvorschriften. «Diese haben es teilweise in sich», sagt Gerhard Rasch vom Bereich Technik und Betriebswirtschaft des VSSM. Im Rahmen des Projektes «Herstellanleitung für Aussentüren» liess er verschiedene Konstruktionen an der Berner Fachhochschule in Biel testen. Nebst der Überprüfung von Dämm- und Dichtheitswerten testete man die Holztüren zusätzlich auf ihren Einbruchwiderstand.
Als einer der Knackpunkte kristallisierte sich dabei der neue, dynamische Belastungstest heraus. Diese Prüfung soll Einbruchversuche mit dynamischen Kräften simulieren, also wenn zum Beispiel der Einbrecher gegen die Tür tritt oder sich mit der Schulter gegen die Tür wirft.
Im alten Prüfverfahren wurde dies mit einem 30 kg schweren Sandsack getestet. Im neuen Verfahren kommt dafür ein 50 kg schwerer, mit Gummireifen ummantelter Stosskörper zum Einsatz. Bei den RC1- und RC2-Prüfungen trifft dieser aus einer Höhe von 450 mm auf das Element. Bei RC3-Türen beträgt die Fallhöhe sogar 750 mm. Gezielt auf die Höhe des Bandes oder des Schliessbleches ergibt sich daraus eine grosse punktuelle Belastung. «Je nach Beschlag und Montage reicht diese aus, um den Rahmen oder das Blatt an der Stelle zu spalten», erzählt Gerhard Rasch.
Diese Beobachtungen bestätigen kann auch Ingenieur Urs Stalder, der in Biel solche Prüfungen durchführt: «Bei der alten Testmethode verteilte der Sandsack die Energie besser.» Deshalb kommt es vor, dass Konstruktionen, die den alten Test bestanden haben, beim neuen an ihre Grenzen kommen und durchfallen.
Beheben lässt sich dieses Problem durch eine entsprechende Befestigung der Bänder und Schliessbleche. Als einfache und effektive Massnahme erweist sich dafür das Anbringen zusätzlicher Schrauben, die nicht nur parallel zur Türfläche eingeschraubt werden, sondern auch schräg. «Dadurch lässt sich das Risiko einer Spaltung an Rahmen und Türblatt stark reduzieren», erklärt Rasch. Auf diesen Umstand sind die Beschlägehersteller ebenfalls aufmerksam geworden: Mittlerweile gibt es verschiedene Produkte auf dem Markt, die mit zusätz- lichen, schrägen Schraubenlöchern versehen sind. Trotzdem muss der Schreiner beim Anschrauben der Beschläge das Holz vorbohren, um einem Vorspalten des Materials vorzubeugen. Urs Stalder empfiehlt zudem, die Beschläge mit Schrauben aus rostfreiem Stahl zu befestigen: «Die sind einfach zäher als normale Schrauben und brechen etwas weniger schnell.»
Als weitere Schwierigkeit bei der neuen Einbruchnorm erweist sich die erweiterte Werkzeugpalette, die den Prüfern für den Einbruchversuch zur Verfügung steht: Beim RC2-Test ist dies insbesondere eine kleine Metallsäge. «Natürlich kann man mit dieser bei sehr massiven Metallteilen während der Prüfzeit nicht enorm viel erreichen», relativiert Urs Stalder und ergänzt, «aber bei gut zugänglichen Beschlägen hat man so schon etwas mehr Möglichkeiten.»
Bei der RC3-Prüfung steht den Prüfern neben den üblichen Werkzeugen neu ein Handbohrer zur Verfügung. «Dieser wirkt zwar sehr unscheinbar, aber er bereitet den Türherstellern immer wieder Schwierigkeiten, zum Beispiel bei Konstruktionen mit Panikfunktion», weiss Urs Stalder aus Erfahrung. Mit dem Bohrer kann innert kurzer Zeit eine ausreichend grosse Öffnung in das Türblatt gearbeitet werden, um mit einem dünnen Stab die Panikstange zu bedienen und die Tür zu öffnen.
Ebenso bei «normalen» Türen verursacht der Bohrer Schwierigkeiten. «Ein paar direkt nebeneinander gebohrte Löcher bilden ideale Ansatzpunkte für Schraubendreher oder Geissfüsse», erklärt Urs Stalder.
Weiter verstärkt wird diese Problematik bei Elementen, an die wärmedämmtechnische Ansprüche gestellt werden, wie es bei Aussentüren der Fall ist. Verantwortlich dafür sind die meist relativ weichen Mittellagen von Türblättern und Seitenteilen, welche für einen guten Dämmwert sorgen. Ist die Deckschicht erst mal durchbrochen, hat der Prüfer relativ leichtes Spiel. «Das ist vor allem bei der RC3-Prüfung ein kritischer Punkt, denn hier verlangt die Norm auch einen Angriff auf das Türblatt», sagt Stalder.
Hans Mahler, Geschäftsführer der gleichnamigen Schreinerei aus Zürich, wird in der Praxis mit verschiedensten Anforderungen konfrontiert: «Alle Ansprüche in einem Bauteil zu vereinen und dann auch noch einen Prüfnachweis zu erbringen, ist eine gros- se Herausforderung und sehr kostspielig», sagt der Sicherheitstechnikexperte. Zudem schränkt das je nach Situation die Flexibilität bei der Beschlägewahl stark ein. «Insbesondere in öffentlichen Gebäuden oder Banken werden aber immer öfters Brandschutztüren verlangt, die zusätzlich RC-geprüft sind», fügt Mahler an.
Im privaten Bereich hingegen werde von der Bauherrschaft eher selten ein Nachweis für den Einbruchschutz verlangt. «Man muss den Kunden aber ehrlich über diese Thematik informieren», sagt Hans Mahler. Konkret muss der Türenbauer den Unterschied zwischen einem «geprüften» und einem «in Anlehnung an ...», sprich einem nicht geprüften Türelement erklären. Um Missverständnissen vorzubeugen empfiehlt es sich, dies schriftlich festzuhalten, egal für welche Variante der Bauherr sich entscheidet.
Nebst dem Türelement spielt auch die Montagesituation eine nicht zu unterschätzende Rolle. «Die meisten Einbrecher sind zwar relativ einfallslos und greifen nur die Tür an», erzählt Hans Mahler, nennt aber ein anderes Beispiel, «in einem Verkaufsladen versuchten die Einbrecher, die Tür mittels Hydraulikzylinder aufzubrechen.» Das an RC3 angelehnte Element habe zwar gehalten, aber die Einbrecher hätten es beinahe geschafft, es komplett aus seiner Verankerung zu reissen. «Die gegenüberliegende Betonwand, an der sie den Zylinder abstützten, hatte sogar Risse vom enormen Druck», erinnert sich Mahler.
Die Montage wird zwar beim Einbruchtest nicht eins zu eins überprüft. Aber die Prüfexperten beurteilen die Tauglichkeit der Befestigungen anhand der Montageunterlagen. In diesen muss klar definiert sein, wie und mit welchen Mitteln der Einbau zu erfolgen hat, denn in den Normen gibt es keine konkreten Einbauvorschriften. Aber im Nationalen Vorwort SN EN 1627:2011 wird klar definiert, dass die Montage und ebenfalls die Wände der gewünschten Widerstandsklasse entsprechen müssen. «Deshalb empfehle ich dringendst, das Vorwort und die Anhänge gut zu studieren. Sie enthalten sehr viele zusätzliche Informationen», mahnt Stalder.
www.vssm.chwww.ahb.bfh.chwww.auf-sicher.chwww.tueren.rubner.com
Veröffentlichung: 26. Dezember 2013 / Ausgabe 52/2013
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