Eine Regalproduktion als Werbung in eigener Sache

Achtung, die Kamera läuft! Jasmin Bieri bedient die Breitbandschleifmaschine. Bild: PD

Um den Beruf der Schreinerin und des Schreiners Schülerinnen und Schülern vorzustellen, haben die Lernenden der Röthlisberger Innenausbau AG in Gümligen ein 45-minütiges Video gedreht. Jasmin Bieri erzählt, wie das gelaufen ist.

Ein kleines Regal aus Nussbaummassivholz mit einem furnierten Deckel ist der Hauptprotagonist. In einem 45-minütigen Video zeigen die Lernenden der Röthlisberger Innenausbau AG in Gümligen BE, wie es entsteht. Zielpublikum sind Oberstufenschülerinnen und -schüler, die sich auf der Webplattform Lehrberufe Live verschiedene Berufe anschauen. An bestimmten Tagen können die Jugendichen mit den Lernenden bestimmter Berufe auch live chatten und Fragen stellen. Die Auszubildenden von Röthlisberger waren die ersten angehenden Schreinerinnen und Schreiner, die so einen Einblick in ihren Alltag und ihre Aufgaben gewährten.

«Wir Lernenden fanden das Video eine tolle Idee und mussten nicht lange überlegen, mitzumachen», erzählt Jasmin Bieri, die sich im 4. Lehrjahr befindet. Es sei schade, dass es immer weniger Schreinerlernende gebe, obwohl es ein super Beruf sei. Sie wollten dies im Video aufzeigen und ihre Freude an der Arbeit rüberbringen, um Jugendliche dafür zu begeistern. «Bei einem Treffen haben wir besprochen, was wir im Video zeigen könnten, und haben uns schnell dazu entschieden, ein kleines Möbel herzustellen, um alle Schritte und Stationen im Film zu haben.» Erfreulich sei gewesen, dass sich alle neun Lernenden beteiligen wollten. «Mein Mitstift im 4. Lehrjahr, Robert, wollte filmen und Fragen stellen, die anderen haben als Protagonisten mitgemacht. Wir haben alle je nach Wissensstand eingesetzt.» Die 19-Jährige aus Oberbottigen ist bei der Planbesprechung sowie an der Kantenanleim- und der Breitbandschleifmaschine zu sehen.

Es ging nur wenig daneben

Das Ziel war, die Produktion in einem Mal zu filmen. «Weil wir sogar noch ein paar Minuten übrig hatten, filmten wir zu einem späteren Zeitpunkt noch die Oberflächenbehandlung. So war die Herstellung komplett», erzählt Bieri. Die Planung und der Dreh seien aufwendig gewesen, hätten aber allen Spass gemacht. Die Berufsbildnerin hätte sie zwar begleitet, ihnen aber freie Hand gelassen. Das sei toll gewesen. «Einige Teile des Regals hatten wir vorbereitet, damit das Video nicht langweilig wird. Fehler hat es zum Glück nur wenige gegeben, und wir mussten nur einige Teile im Hintergrund nachproduzieren und austauschen.» Schneiden mussten sie das Video indes nicht, das haben die Mitarbeitenden von Lehrberufe Live übernommen.

Vor dem Dreh ist Jasmin Bieri nicht nervös gewesen. «Ich hatte mir im Vorfeld überlegt, was ich wann sagen möchte, und habe dann einfach spontan und intuitiv gehandelt.» Bedenken hatte sie nur, dass man sie beim Lärm im Maschinenraum nicht versteht, und sie habe etwas laut gesprochen. «Das Mikrofon richtig zu halten, war auch eine Herausforderung. Ich finde aber, dass es gut geklappt hat.» Die Lernenden sind mit ihrem Video zufrieden und hoffen, dass sich viele Jugendliche für den Beruf begeistern.

Drei Berufe angeschaut

Sie selbst ist nach wie vor von ihrer Berufswahl überzeugt. «Mein Vater ist zwar Schreiner, doch ich hätte früher nie gedacht, dass ich das auch werden möchte», blickt die Bernerin zurück. Da sie gerne mit den Händen arbeitet und körperlich aktiv ist, hat sie als Bäckerin-Konditorin-Confiseurin, als Fachfrau Bewegungs- und Gesundheitsförderung sowie als Schreinerin geschnuppert. «Das war dann sehr schnell entschieden», sagt sie und lacht. «Ich mag es, am Abend zu sehen, was ich geleistet habe.»

Bei Röthlisberger hat sie sich beworben, weil sie gerne in einen gros-sen Betrieb wollte, bei dem sie einen abwechslungsreichen Alltag hat. «Im ersten Jahr sind die Lernenden im Bankraum, im zweiten ist man je eine Hälfte beim Massivholz und in der Manufaktur. Das dritte Jahr wird in Maschinen- und Bankraum aufgeteilt, und im letzten ist man nur noch im Bankraum beschäftigt», beschreibt sie ihren Alltag. Der Betrieb ist auf Kollektionsmöbel und auf grosse Innenausbauten spezialisiert. «Wir stellen deswegen viele tolle und hochwertige Objekte her, die auch ins Ausland geliefert werden. Es geht dabei oft um Einrichtungen für Einkaufszentren, Yachten oder Villen. Alles abwechslungsreich.» Sie seien dafür selten auf Baustellen, weil der Lehrbetrieb oft mit anderen Unternehmen zusammenarbeitet. «Das stört mich aber nicht. Ich finde es super hier. Wir sind eine tolle Truppe, und wir Lernende verbringen recht viel Zeit miteinander.» Vor der Teilprüfung hatte sie zum Beispiel oft mit ihrem Mitstift trainiert, und die älteren Lernenden erhielten auch immer Zeit, um ihr Wissen und ihre Erfahrungen an die jüngeren weiterzugeben.

Operation an IPA ausgerichtet

Dass sie im Sommer ihre Lehre abschliesst, freut die junge Frau. Die vier Jahre seien schnell vergangen, und sie gehe gern zur Schule. «Ich freue mich aber, endlich ausgelernt zu sein und den nächsten Schritt zu machen.» Ihre IPA, die Individuelle Praktische Arbeit, hat sie bereits beendet und die Dokumentation fertiggeschrieben. Bieri hat ein Badmöbel mit gestemmten Fronten aus Rahmen und Füllungen produziert, aussen aus Tulpenbaum (weiss gestrichen) und innen mit Ahornfurnier. Vor dem Fachgespräch hat sie etwas Bammel, aber sie will sich gut vorbereiten. «Ich habe viel Zeit zum Lernen, weil ich mein Knie operieren musste und sicher sechs Wochen zu 100 Prozent ausfalle», erklärt sie. «Zum Glück konnte ich den Eingriff planen und zuerst die IPA beenden.» Verletzt hat sie sich bei ihrem grossen Hobby, dem Skifahren. Sie gehört dem Skiclub Hasliberg an und ist an den Wochenenden immer auf der Piste oder nimmt an regionalen Rennen teil. «Ich fahre Riesenslalom, Slalom und Super-G, natürlich auf Stöckli-Ski.»

Sie möchte Ski produzieren

Mit ihrem Hobby haben auch ihre Zukunftspläne zu tun. Denn die Bernerin möchte bei Stöckli Ski in Malters LU in der Produktion arbeiten. «Als Schreinerin wird man angelernt und muss nicht noch Skibauerin lernen», sagt Jasmin Bieri. Sie findet den Skibau spannend und möchte unbedingt mehr darüber erfahren. Einen Termin zum Probearbeiten hat sie schon. «Ich hoffe, es klappt.» Die Reaktionen ihrer Kolleginnen und Kollegen darauf würden gemischt ausfallen. Das stört sie aber nicht. «Ich schaue einfach, wie gut es mir gefällt, und sehe dann, wie lange ich das machen möchte.» Als Schreinerin kann sie später immer noch arbeiten. Es gibt ja so viele Möglichkeiten. «Ich kann mir auch vorstellen, mich später weiterzubilden. Aber das lasse ich alles auf mich zukommen. Ich muss zuerst wieder gesund werden und den Abschluss schaffen.»

Nicole D'Orazio

www.roethlisberger.chwww.lehrberufe-live.ch

Veröffentlichung: 02. Mai 2024 / Ausgabe 18/2024

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