Eine Woche lang Geburtstagsfest

Thomas Sachs (49) liebt seine «Hütte» und schmückt sieim Sommer mit prächtigen Blumen. Bild: Franziska Gertsch

Thomas Sachs ist ein Tausendsassa. Er hat nicht ein Hobby, sondern ein halbes Dutzend davon. Wenn er in der Küche des Bauernhauses in der Gemeinde Oberwil im Simmental sitzt und von seinem Leben erzählt, sprudelt es nur so aus ihm heraus. Aufgewachsen im Thüringer Wald, lebt der 49-Jährige nun bald seit 18 Jahren im Berner Oberland. Dorthin geführt hat ihn der Zufall. Als der ausgebildete Schreiner zur Erholung drei Tage in die Schweizer Berge fuhr, verliebte er sich sofort in Land und Leute. Er kam kurz nach seinem Aufenthalt zurück, um für längere Zeit zu bleiben. Bei der Schreinerei Sarbach in Frutigen BE, für die er seit drei Jahren arbeitet, hat er mittlerweile den perfekten Job gefunden. Weil er grosses Interesse an alten Gebäuden und ihrer Geschichte hat, liess er sich zum Möbelrestaurator weiterbilden. Heute fährt er für seinen Arbeitgeber oft nach Gstaad in die Chalets der Reichen und Schönen und fertigt dort exklusive Möbel aus Altholz an. «Ein Traumjob, denn da ist noch echtes Handwerk gefragt», sagt er. Der Schreiner hat in dem urchigen Haus, in dem er zur Miete wohnt, vieles selbst gebaut, etwa einen überlangen Küchentisch, der sich optimal in den länglichen Raum einfügt, oder einen klappbaren Bügeltisch. Sowieso, seine «Hütte» – wie er das Haus liebevoll nennt – ist so etwas wie der Mittelpunkt seines Lebens. Im Sommer schmückt er das Haus mit prachtvollen Blumen oder pflegt seinen Gartenteich. «Ich habe Freude an Blumen. Meinen grünen Daumen habe ich von meiner Mama geerbt», erklärt er. Er sei aber auch ein ausgesprochener Bastler. So hat er beispielsweise eine vollautomatische Bewässerungsanlage für seine Blumenkästen entwickelt, oder gar eine Whirlpoolheizung, die über die Sonnenintensität gesteuert wird.

Die «Hütte» liegt abgelegen hoch über dem Simmental. Es ist der perfekte Ort, um Sterne zu beobachten. «Es hat kaum Licht hier und man sieht die Milchstrasse oder Sternschnuppen sehr deutlich», sagt Sachs. Weil er vor allem auf der Suche nach Galaxien ist, verwendet er ein Teleskop mit sehr grossem Lichteinlass. «Die Weite des Weltalls fasziniert mich unglaublich. Wenn ich Sterne beobachte, kann ich fast nicht mehr aufhören, zu staunen. Ich entdecke immer wieder neue Dinge am Himmel.» Dass er sehr wenig Schlaf braucht, kommt ihm entgegen. Obschon Sachs die Ruhe geniesst, ist er gleichzeitig ein ausgesprochen geselliger Mensch. So feiert er etwa traditionellerweise eine ganze Woche lang Geburtstag. Er nimmt dann Ferien und lädt all seine Freunde hoch auf die «Hütte» ein. Tagsüber wandern die Freunde oder spielen Golf auf den Feldern rund ums Haus. Abends gibt es dann ausgedehnte Grilladen mit dem Smoker, das eine oder andere Bier und manchmal ein Bad im Whirlpool. Golfen mag der Ostdeutsche sehr. Oft übt er nach dem Feierabend direkt vor seinem Haus ein paar Abschläge. Den Abschlagpunkt hat er auf der Zufahrtsstrasse markiert und befestigt, als Golfplatz fungieren die Wiesen rundherum. Wenn er golft, sucht er sich Ziele in den umliegenden Wiesen.

Aber auch mit dem Motorrad ist Sachs gerne und regelmässig unterwegs – eine Leidenschaft aus der Jugendzeit. Dass er eine Sachs fährt, versteht sich von selbst. Zum 50. Geburtstag schenkt er sich nächstes Jahr eine Töff-Tour bis nach Griechenland. «Ich habe wirklich sehr viele verschiedene Hobbys. Aber nichts davon mache ich verbissen. Ich glaube, mein grösstes Hobby ist es also, das Leben zu geniessen», sagt er. Und das glaubt man ihm auf der Stelle.

«Ich habe sehr viele verschiedene Hobbys. Ich glaube, mein grösstes Hobby ist es, das Leben zu geniessen.»

Franziska Gertsch

Veröffentlichung: 28. April 2022 / Ausgabe 17/2022

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