Erst die Lehre, dann die Loipe

Auf den Loipen rund um den Piz Tambo fühlt sich Tino Attenhofer (30) so richtig wohl. Bild: Kathrin Meuli

Wenn die Saison vorbei ist, die Tage warm und die Nächte eisig sind, dann gibt es die Art von Schnee, die Langläufer Tino Attenhofer so liebt. «Man läuft querfeldein und findet Orte, die fantastisch sind», erklärt er. Attenhofer kommt aus Nufenen. 150 Menschen, ein Lädeli, eine Schreinerei, eine Sägerei. Seit 2019 bildet Nufenen mit Hinterrhein, Medels und Splügen die Gemeinde Rheinwald. Nufenen ist nicht gross. Dafür ist der Hausberg, der Piz Tambo, umso gewaltiger. 3279 Meter hoch streckt er seine vierkantige Gipfelpyramide in den Himmel. Er wacht über die Menschen und auch über den Skiclub SC Tambo Splügen, der seinen Namen trägt. Der Club hat rund 260 Mitglieder und mehrere Jugend- und Sportleiter. Einer davon ist Attenhofer. Sobald er stehen konnte, folgte er seinen zwei Brüdern in der gleichen Spur – bis zur Berufswahl. Während die Brüder die Kantonsschule in Chur besuchten und danach ein Studium im Ingenieurwesen absolvierten, machte Tino Attenhofer eine Schreinerlehre in der Engadiner Lehrwerkstatt für Schreiner in Samedan. «Ich hatte immer schon einen starken Bezug zum Holz», sagt er.

«Holz spendete Wärme im Elternhaus und mit dem Vater stellte ich meine eigenen Spielsachen her. Auf dem Estrich muss noch irgendwo mein Traktörli aus Holz liegen», erzählt er. Erst nach Lehrabschluss und der militärischen Grundausbildung zum Grenadier begann Attenhofer sein Studium zum Holzbauingenieur an der Berner Fachhochschule in Biel. Die Gegend um seinen Studienort herum gefällt ihm. Er schwärmt vom See und vom milden Klima. «Bei uns in den Bergen macht es nach einem langen Winter peng und der Sommer ist da», erklärt er. Nach dem Winter mit Schnee, blauem Himmel und Langlauf sehnte er sich während des Studiums. Oft legte er die 300 Kilometer Entfernung ins Rheinwald zurück, um sich auf den Loipen am Fusse des Piz Tambo auszupowern. Um sein Studium mitzufinanzieren, aber auch aus Freude, ist der 30-Jährige noch heute als Nachwuchsleiter und als Ski- und Langlauflehrer bei der Ski- und Snowboardschule Splügen tätig. Kürzlich habe ihn eine Dame als Langlauflehrer gebucht und geklagt, wenn es bergauf gehe, rutsche sie immer wieder zurück. Attenhofer schmunzelt bei dieser Erinnerung und erklärt, dass Langlaufen nicht so einfach sei, wie es aussehe. «Es gibt kein Richtig oder Falsch. Wichtig ist, dass man vorwärts kommt und Spass hat», sagt er und berichtet, dass er besagter Dame dann doch innerhalb von wenigen Runden das Prinzip der klassischen Langlauftechnik beigebracht habe.

«Es gibt Parallelen zwischen Schreiner und Skilehrer. Beide stehen auf Holz und beide machen mit ihrem Know-how Menschen glücklich», sagt Attenhofer, der im Alter von 14 Jahren bei der Schweizermeisterschaft vorne mitlaufen konnte. Als dann Lehre und Leistungssport schwierig zu kombinieren waren, entschied er sich für den Beruf. «Ich würde es genau wieder so machen», sagt er und freut sich jetzt einfach mit seinem Clubkollegen Jonas Baumann, der kürzlich die Schweiz an den Olympischen Winterspielen in Peking vertreten konnte. Und übrigens – mit seinen Brüdern geht Attenhofer immer noch gerne Langlaufen. Nach einigen Umwegen fahren alle drei jetzt auch beruflich wieder in der gleichen Spur.

Beatrix Bächtold

Veröffentlichung: 31. März 2022 / Ausgabe 13/2022

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