«Es grenzt fast an Akrobatik»


Zimmermann und Sport-Holzfäller Albert Kläger (42) trainiert «Single Buck», eine von sechs Disziplinen bei den Schweizer Meisterschaften. Bild: Franziska Hidber


Zimmermann und Sport-Holzfäller Albert Kläger (42) trainiert «Single Buck», eine von sechs Disziplinen bei den Schweizer Meisterschaften. Bild: Franziska Hidber
Das Sonnenlicht spiegelt sich im Gold der kleinen Axt, die im linken Ohr von Albert Kläger steckt. Ein weit grösseres Exemplar hält er in beiden Händen. Jetzt tritt er einen Schritt zurück, der ganze Körper angespannt wie eine Sprungfeder. Holt mit den Armen weit aus, lässt sie dann nach vorne schnellen, und schon kracht die Axt in den aufgestellten Stammteil. Splitter fliegen, Holzteilchen spicken auf alle Seiten, Kläger holt ein zweites, drittes, viertes Mal aus, die Axt donnert ins Holz, dann wechselt er die Seite, und ehe die Zuschauerin begreift, was geschieht, ist der Stamm von gut und gern 35 Zentimetern Durchmesser entzwei. Was aussieht, als hätte Kläger mal eben ein Holzscheitchen fürs Cheminée gehackt, ist in Wahrheit ein Hochleistungssport, genauer: «Standing Block Chop». Eine von sechs Disziplinen, die an den Schweizer Meisterschaften von Stihl Timbersports ausgetragen werden. Albert Kläger, Zimmermann aus Bütschwil im Toggenburg, zählt zu den Besten seines Fachs: Der Sport-Holzfäller hat sich buchstäblich an die Schweizer Spitze geschlagen und gesägt. Jetzt wischt er die Schweisstropfen von der Stirn und schält bereits den nächsten Stamm, liebevoll «Holzrugel» genannt.
Mit sicheren Griffen arbeitet er zwei Vertiefungen für die Füsse heraus, scharf beobachtet von seinen Söhnen Albert (10) und Samuel (7). «Muesch de Rand no besser mache», rät Albert junior fürsorglich. Kläger lacht und sagt: «Tatsächlich passieren die seltenen Missgeschicke beim ‹Underhand Chop›, weil die Füsse keinen Halt finden.» Denn in dieser Disziplin steht der Holzfäller breitbeinig auf dem Stamm, während er schlägt.
«Du musst sofort nach dem letzten Schlag abspringen, bevor der Stamm bricht», erklärt der 42-Jährige und zeigt es gleich vor: Schlag, Schlag, Schlag – Drehung, Schlag, Schlag, Schlag, Sprung.
Genau das gefällt ihm am Sport-Holzfällen: Dass Kraft, Präzision, Beweglichkeit und Schnelligkeit zugleich verlangt werden. Er grinst: «Manchmal grenzt es fast an Akrobatik.» Die Holzreste wirft er in die Feuerstelle im Garten: «Da bräteln wir dann später Würste.»
Hätte der Toggenburger vor zehn Jahren nicht die Sport-Holzfäller-EM in Wil besucht, wäre er heute wohl noch immer im Seilzieh-Club in seinem Heimatdorf Mosnang aktiv. Aber Albert Kläger war unter den Zuschauern und konnte sich kaum einkriegen, als er sah, «was die mit dem Holz machten». Schon als Bub ging er mit dem Vater in den eigenen Wald zum Holzen, später mit dem Bruder. Doch so etwas wie diese verrückten Kerle an der EM hat er noch nie erlebt. Er fängt augenblicklich Feuer und absolviert mit einem Kollegen ein Probetraining beim amtierenden Europameister Stephan Hübscher. Danach geht es Schlag auf Schlag: Trainingscamp der Stihl Timbersports, auf Anhieb Qualifikation für die Schweizer Meisterschaften, 14. Rang. Seither hat Albert Kläger unzählige Meisterschaften erfolgreich bestritten.
Fünf bis sechs Stunden trainiert er pro Woche, nimmt bis an zehn Wettkämpfen pro Jahr teil, dazu kommen Holzfäller-Shows, zum Beispiel an der Eröffnung der Zürcher Westumfahrung vor 10 000 Leuten oder vor staunenden Engländern am Poloturnier in Klosters GR. Es mache Freude, zu sehen, wie gut dieser Sport ankomme, sagt der Bütschwiler.
Aber seine Motivation liege anderswo: «Beim Sport-Holzfällen spürst du dich und deinen Körper so richtig, alle Sorgen sind weg.» Bleiben ihm neben seiner 100-Prozent-Anstellung als Zimmermann («auch nach 25 Jahren noch mein Traumberuf») und Sport ein paar freie Stunden, geht er am liebsten – wen wunderts? – mit seinen Jungs in den Wald.
«Beim Sport-Holzfällen spürst du dich und deinen Körper so richtig, alle Sorgen sind weg.»
Veröffentlichung: 26. Mai 2016 / Ausgabe 21/2016
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