Faszination Wasser, Wind und Wellen

Luca Brühwiler (28) gibt auf dem Zürichsee Segelunterricht. Das Wasser ist sein Element. Bild: PD

Den festen Boden zu verlassen und sich ins Ungewisse zu wagen, das reizt Luca Brühwiler. So zieht es ihn zum Segeln und Kite-Surfen regelmässig auf Seen und Ozeane – in die raue Natur, wo Wind und Wellen das Handeln vorgeben. «Je weiter ich von der Zivilisation weg bin, desto besser», findet er. Über die Zivilisation macht er sich viele Gedanken. «Ich finde es tragisch, wie wir mit der Umwelt umgehen.» Während der 28-Jährige noch vor einigen Jahren unbeschwert in Gegenden wie die Philippinen, die Seychellen oder die Dominikanische Republik zum Kite-Surfen, Tauchen oder Segeln flog, reist er heute, wenn immer es geht, mit dem Zug, Bus oder Schiff ans Meer. «Warum soll ich für zwei Wochen in die Karibik fliegen, wenn es auf Sardinien auch schön ist?», fragt er sich. «Beim Tauchen war ich jeweils an einem komplett anderen Ort – vielleicht so ähnlich, wie wenn man auf den Mond fliegen würde», schildert Brühwiler. Es waren die Schwerelosigkeit und die Unterwasserwelt, die ihn in den Bann zogen. Aber auch die Geräuschkulisse, die so ganz anders war. Seine Faszination für den Wassersport erwachte bei Brühwiler mit zwölf Jahren, als er in der Seepfadi Zürich mit dem Segeln in Berührung kam.

«Segeln fasziniert mich, weil es so variantenreich ist: Man kann mit einem Segelschiff reisen, Regatten machen oder es zum Ausgleich nutzen», erklärt er. Ihm gefällt ausserdem, dass das Segelteam für alles selber sorgen muss, vom Navigieren über Handwerkliches bis zum Kochen und Putzen. «Irgendwann möchte ich aus der Komfortzone heraustreten und ein Jahr auf dem Meer auf einem Segelschiff leben», verrät Brühwiler. Er möchte erleben, was es heisst, zeitweise ohne Internet zu sein. Und auch, dass man nicht alles sofort erhält, worauf man gerade Lust hat. Die Abwechslung und die Spontaneität machen in Brühwilers Augen das Leben reich. So arbeitet er Teilzeit im Theater Neumarkt in Zürich als Schreiner und bei einer Segelschule am Zürichsee als Lehrer. Es gibt Tage, da fängt er um sieben Uhr am Theater mit dem Schreinern an und hört um zehn Uhr abends als Segellehrer auf dem See mit dem Arbeiten auf. An seinen freien Tagen sieht er im Gegensatz dazu im Ungeplanten die grösste Lebensqualität. Während der Theaterspielpause im Sommer reist er jeweils für mehrere Wochen in die niederländische Hafenstadt Vlissingen, wo er Kite-Surfen unterrichtet. «Die Ausbildung zum Kite-Lehrer habe ich ursprünglich gemacht, weil ich auf anderen Kontinenten an schönen Stränden arbeiten wollte», erklärt Brühwiler. Heute ist ihm klar: «Ich will nicht für kurze Zeit so weit fliegen. Und ich möchte auch nicht in einem Land arbeiten, wo andere Menschen mit PET-Flaschen-Sammeln ihr Geld verdienen müssen.» In Vlissingen ist das Wetter häufig herb, und die Leute nehmen Kite-Unterricht, weil ein echtes und nachhaltiges Interesse sie dazu antreibt. Das entspricht Brühwiler.

«Kite-Surfen macht Spass wie Skifahren. Es hat aber nicht die Tiefe, die mich beim Segeln so fasziniert.» Manchmal gibt es fragende Blicke, wenn er den Leuten erzählt, dass er Teilzeit arbeitet. «Weniger zu arbeiten, ist eine Frage des Verzichts», ist Brühwiler überzeugt. Und: «Mir ist es wichtig, dass ich mich am Morgen auf das freuen kann, was ich tue.»

«Irgendwann möchte ich aus der Komfortzone heraustreten und ein Jahr auf dem Meer auf einem Segelschiff leben.»

Franziska Herren

Veröffentlichung: 26. Mai 2022 / Ausgabe 21/2022

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