Fetzige Fasnachtsarbeiten

Im Jahr 2014 beeindruckten Conversio als Ringgeister. Bild: Linvanoak

Freizeit. Für die Fasnacht investieren die jungen Schreiner Jan Widmer, Lorenzo von Holzen und Roman von Muralt jede freie Minute, um mit viel Fantasie und Fingerspitzengefühl aufwendige Kostüme, Kulissen und Wagen herzustellen.

Ein buntes Meer aus kraftvollen Trommelschlägen, grellem Trompetengebläse und wilden Knallereien. Waldgespenster mit grimmig dreinblickenden «Grindern» tummeln sich neben mit Schwertern und Schildern bewaffneten Rittern in den lauten und belebten Gassen. Plötzlich erhebt sich ein Tyrannosaurus Rex über den Köpfen der Zuschauer und droht, mit seinem weit aufgerissenen und mit dolchlangen Zähnen bestücktem Maul einen kleinen Eisbär zu verschlingen. Schon bald beginnen die verrückten Tage der Fasnacht. An den Vorbereitungsarbeiten ist auch der eine oder andere Schreiner beteiligt.

Aufwendige Arbeiten

Am Schmutzigen Donnerstag um 5 Uhr katapultiert sich Luzern mit einem gewaltigen Knall in den Ausnahmezustand. Viele haben auf die «rüdig verreckte Täg» hingearbeitet, Musikstücke eingeübt, lustige oder furchterregende Kostüme erstellt oder imposante Wagen für die Umzüge gebastelt. So beispielsweise Jan Widmer. Er ist mit der Fasnacht aufgewachsen und begann als 11-Jähriger mit dem Bau von Fasnachtswagen. «Am Anfang waren das natürlich kleine Vehikel. Nachdem ich als Teenager mit ein paar Kollegen die Wagenbaugruppe namens Curriculum Vitae gegründet hatte, wurden auch die Wagen immer grösser», erzählt der 23-jährige Luzerner Schreiner, der im letzten Sommer seine Lehre bei der Karl Bucher AG in Goldau abgeschlossen hat. Mittlerweile wurde die Wagenbaugruppe in Conversio umgetauft. «Wandelbar ist unser Credo. Wir erfinden uns für jede Fasnacht wieder aufs Neue.» So war das Sujet der Conversianer 2013 eine poppige Rollschuh-Disco mit «Seventies-Feeling». Das letzte Jahr kam die Gruppe hingegen als Nazgûl (Ringgeister von «Herr der Ringe») auf einem furchteinflössenden Drachen daher. Diesmal werden sie als Forscher auftreten.

Gewusst wie – dank Lehre

Die aufwendigen Figuren erstellen sie jeweils aus Pappmaché und Latex. Und natürlich fallen auch regelmässig viele Holzarbeiten an, wobei Jan seine Schreinerkenntnisse bestens gebrauchen kann. «Unsere siebenköpfige Truppe besteht aus verschiedenen Berufsleuten: vom Gärtner über den Bootsbauer und Zimmermann bis zum Informatiker. Jeder kann seine Fähigkeiten einbringen. Neben dem Umgang mit Holz kommt mir das methodische Arbeiten und der Durchhaltewillen eines Schreiners zugute.»

Auch Lorenzo von Holzen, der sich in der Nidwaldner Guggenmusik «Schluchtä-Gruftis» engagiert, kann seine Schreinerkenntnisse gut nutzen. «Wir arbeiten seit ein paar Wochen mit Hochdruck an einer Stadtkulisse, die wir unter dem Motto «Gangs of Ennetmoos» in der Mehrzweckhalle Ennetmoos erstellen. Dort findet Anfang Februar der «Schluchtä-Gruftis»-Ball statt.

Den Hinterbau der drei Meter hohen De- koration fertigen wir aus Holz, ansonsten brauchen wir mehrheitlich Pappe und viel Dispersionsfarbe», erzählt der 20-jährige Lernende bei der Schriber AG, Rothenburg LU, begeistert. Sein durch die Lehre geschultes Vorstellungsvermögen helfe ihm bei der perspektivischen Darstellung der Häuser und Strassen. Manchmal kann man nicht nur seine Kenntnisse einsetzen, sondern sogar noch etwas dazulernen. So beispielsweise Roman von Muralt, der ebenfalls bei der Schriber AG im 3. Lehrjahr ist. Er baute für die Rontaler Guggenmusik einen Transportwagen für den Minenbau. Dabei leitete er zum ersten Mal ein Team, was eine tolle Erfahrung für ihn war. «Der ganze Prozess von der Ideenfindung über die Materialplanung bis zur Umsetzung war für mich sehr interessant. Zudem konnte ich erste Führungserfahrungen sammeln», erzählt er stolz.

Vorurteile bekämpfen

Die Vorbereitungsarbeiten auf die Fasnacht sind meist mit viel Aufwand und Stress verbunden. Dennoch sind sie für viele Fasnachtsbegeisterte etwas, was sie nicht missen möchten. «Man setzt sich mit Freunden zusammen, hat es lustig und kann sich gemeinsam kreativ ausleben und ein gemeinsames Werk erstellen», sagt Jan. Noch schöner als die Vorbereitung ist für ihn allerdings, wenn seine Gruppe am Schmutzigen Donnerstag mit dem Umzugswagen auffährt und Klein bis Gross vor Staunen kaum den Mund mehr zukriegen. «Die positive Rückmeldung ist unser Lohn und unser Antrieb. Zudem möchten wir auch Vorurteilen Gegensteuer bieten und zeigen, dass junge Leute auch einen Beitrag zur Fasnacht leisten und sich nicht nur die Birne füllen.» ms

www.schluchtae-gruftis.chwww.conversioluzern.ch.vuwww.rontalguugger.ch

Veröffentlichung: 05. Februar 2015 / Ausgabe 6/2015

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