Fit für fehlerfreie Vorgaben

Mit der Aufgabenstellung kann man zwar planen, aber noch nicht eindeutig herstellen. Bild: Andreas Brinkmann

Trainingsmethode.  Die gesamte Planung erfolgt durch geschulte Kaderleute am Computer. Warum müssen dann Schreinerlernende Planzeichnen lernen und wie lässt sich das trainieren?

Sehr viele Schreinerarbeiten beginnen im Kopf mit einer Idee des Kunden oder des Handwerkers selbst. Damit diese dann auch umgesetzt werden kann, muss sie konkret werden. Meistens geschieht das so, dass man die Idee beschreibt oder eine Handzeichnung macht, um sie besprechbar zu machen. Sobald Kunde und Schreiner sich einig sind, muss ein Ausführungsplan mit Angaben zur Konstruktion, zum Material, zu den Beschlägen und den genauen Massen erstellt werden. Das ist die Arbeit, welche ein Projektleiter oder Arbeitsvorbereiter macht. Jeder Schreinerlernende wird aber auch im Fachzeichnen ausgebildet, damit er diese Pläne einwandfrei lesen kann und das Ergebnis den Vorgaben entspricht.

Eine schlechte Ausgangslage

Vielleicht kommt der folgende Ablauf einigen bekannt vor: Man bekommt ein Blatt Papier mit einer verkleinerten Ansichtszeichnung von einem Korpus darauf, welche auch über die wichtigsten Masse und das Material Auskunft gibt. Der Vorgesetzte macht noch einige Erklärungen dazu und los geht es. Mitten in der Arbeit kommt dann ein anderer Vorgesetzter vorbei und bemängelt ein paar Details: Die seien mit dem Kunden anders abgesprochen worden. Die Details werden nochmals besprochen, und anschliessend müssen einige Teile nachgerüstet werden. Das ist dann ein Zeit- und Materialverlust.

So, wie mit dem Kunden abgemacht

Nur eine Arbeit, die vollständig geplant wurde und deren Plan auch dem Ausführenden zur Verfügung steht, kann wirklich fehlerfrei und in einem Durchgang hergestellt werden. Sobald etwas bei der Vorarbeit vergessen geht oder aus zeitlichen Gründen einfach weggelassen wird, muss dann der, welcher den Auftrag ausführt, die Angaben nachfragen. Da er bei der Ideenfindung und der Bereinigung mit dem Kunden nicht dabei war, könnten seine eigenen Entscheidungen weit neben dem Wunsch liegen und somit falsch sein. Müssen Lösungen während der Auftragausführung in der Werkstatt gesucht werden, braucht das zudem unsinnig viel Zeit, und die Fehlerquote mit entsprechendem Nachrüsten ist sehr hoch.

Lesen und prüfen können

Damit der Schreiner in der Werkstatt und jener auf dem Bau ihre Arbeit richtig und schnell machen können, müssen sie in der Lage sein, jeden Herstellungsplan problemlos lesen zu können. Wer selber gelernt hat, Werkzeichnungen zu erstellen – auch wenn diese nicht auf dem Niveau des Arbeitsvorbereiters sind – kann eine Zeichnung lesen, kontrollieren und Fehler noch vor der Ausführung erkennen.

Grundlegendes gilt immer

Jeder Schreinerlernende lernt also zeichnen, damit er überprüfen kann, ob die erhaltenen Unterlagen vollständig und eindeutig sind und er damit den Auftrag korrekt ausführen kann.

Was zählt, sind die Zeichnungen, die für Werkstatt und Montage ausgegeben werden. Dabei ist es völlig egal, ob diese von Hand, mit einer Zeichnungsmaschine oder mit einem CAD gezeichnet wurden. Die Pläne müssen vollständig sein und eine nachprüfbare Vermassung haben. Das heisst, dass beispielsweise durch das Zusammenzählen von Innenmassen ein Lichtmass entsteht und man durch das Hinzuzählen der Dicken von Deckel und Boden das Korpusmass erhält und so weiter.

Mit Skizzenübungen trainieren

Um Pläne wirklich gut lesen zu können, muss man die wichtigen Dinge wie den Zeichnungsaufbau und die Vermassung trainieren. Dazu bedarf es aber keiner besonderen Hilfsmittel: Ein Papierblock, ein Bleistift und ein Radiergummi genügen völlig, um die allermeisten kubischen Arbeiten so zu zeichnen, dass sie ausführbar sind. Die beiden Zeichnungen zeigen eine Vorgabe und die von einem Lernenden ausgeführte Skizze, die beinahe vollständig ist.

Solche Übungen helfen den grundlegenden Planaufbau mit vielen kleinen Aufgaben zu trainieren. Diese Skizzen sind ein absolut taugliches Mittel, um eine Idee oder einen Kundenwunsch vollständig aufzunehmen und zu fixieren.

Von aussen nach innen zeichnen

Jede zweidimensionale Zeichnung beginnt mit den Hilfslinien der Volumenumrisse von Ansicht, Vertikalschnitt und Horizontalschnitt. Dazwischen soll so viel Platz frei bleiben, dass ganz sicher alle Masslinien und Masse genügend Raum haben – lieber zu viel und ein zweites Blatt Papier verwenden, als etwas hineinquetschen zu müssen. Von diesen Linien aus beginnt man dann in der Ansicht die sichtbaren Elemente zu zeichnen – also im vorliegenden Beispiel die Seiten und den Deckel. Anschliessend geht man weiter nach innen und zeichnet die Türen mit der Luft darum herum und die noch sichtbare Unterkante des Bodens.

Beim Frontalschnitt kann man dann die entsprechenden Linien anhand der Häuschen vom Papier übertragen. Dazu kommt jetzt die obere Bodenkante sowie allenfalls ein Tablar oder was sich sonst im Korpus befindet. Anschliessend werden die Linien auf den Horizontal- sowie auf den Vertikalschnitt übertragen und wieder von aussen nach innen mit dem Zeichnen der jeweiligen Elemente begonnen.

Beim Skizzieren müssen die Proportionen nicht wirklich stimmen. Es ist sogar hilfreich, wenn die Materialstärken und besonders die Luft etwas übertrieben dargestellt werden. Auf diese Weise stört ein etwas wackeliger Strich nicht so, und alles ist sofort erkennbar.

Von innen nach aussen vermassen

Vermasst wird immer dort, wo die entsprechenden Elemente geschnitten dargestellt werden, und in die Richtung, wo man die jeweiligen Kanten und Punkte auch sehen kann – was unsichtbar im Korpus liegt, wird auch im Korpus vermasst.

Begonnen wird mit den innersten Massen. Im Horizontalschnitt sind das bei diesem Beispiel die Türen und die Luft darum – das kommt auf die erste Masslinie. Auf der nächsten Linie ist dann das Lichtmass des Korpusses, was der Summe der vorherigen Masse entspricht. Auf die gleiche Linie dazu kommen die nächsten Elemente, nämlich die Seiten. Eine Linie weiter folgt das Korpusaussenmass, was der Summe aus Lichtmass und Seiten entspricht.

Weil die Masse in Stufen zusammengezählt werden können, besteht eine einfach ausführbare Kontrollmöglichkeit. Wird die logische Folge der Stufung der Masslinien von innen nach aussen nicht eingehalten, ist der Plan kaum richtig, schnell sowie sicher lesbar. Fehlende Masse verunmöglichen die Kontrolle.

Mängel der Computerzeichnungen

CAD-Zeichnungen, also die, welche man mit einem Computerprogramm erstellt, werden immer im Massstab 1:1 gezeichnet. Bei einem ausgedruckten Plan im Massstab 1:10 sind dann kleine Abstände, wie die Luft bei Türen, kaum mehr ersichtlich und eigentlich nur noch an den Masszahlen zu erkennen. Übertriebene Darstellungen sind dabei nicht möglich. Eine korrekte Vermassung ist also sehr wichtig. Zudem braucht es dort mehr Detailzeichnungen.

Skizzenübungen schärfen den Sinn für das Wesentliche. Der Schreiner sucht gezielter das, was er braucht. Sollte man sich dann später auch mal dazu entschliessen, sich weiterzubilden, dürfte manches in der Planung einfacher sein.

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 01. Oktober 2020 / Ausgabe 40/2020

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