Freestyler des Holzhandwerks

Der spezielle Ausdruck des Gesichts macht das Schnitzen von Drome-daren interessant. Bild: Huggler Holzbildhauerei AG

Holzbildhauer.  Mit Weihnachtsmotiven machen Holzbildhauereien einen wichtigen Teil ihres Geschäfts. Krippenfiguren werden das ganze Jahr geschnitzt. Der Holzbildhauerlernende Luca Michel fertigt am liebsten exotische Tiere wie Dromedare und Lamas.

Luca Michel aus Matten BE ist 19 Jahre alt und im vierten Lehrjahr bei der Huggler Holzbildhauerei AG in Brienz tätig. Schon sein Urgrossvater habe geschnitzt, sagt er. Und zwar Holzmasken, sogenannte Fratzen, die mit auf die Alp genommen wurden.

Zur Lehre als Holzbildhauer sei er aber zufällig gekommen, denn seinen Urgrossvater hat Luca Michel gar nie gekannt. «Ich habe allgemein etwas extravagante Berufe gesucht und mir lange überlegt, ob ich Schreiner werden soll. Aber das war mir etwas zu exakt. Mir liegt das Künstlerische mehr.» Luca Michel hat auch als Bootsbauer und Goldschmied geschnuppert. An der Berufsausstellung in Bern hatte die Schule für Holzbildhauerei in Brienz einen Stand, an dem er einen Flyer bekam. Er solle sich doch melden, sagten sie ihm dazu. Das hat er dann gemacht.

Ein anderer Typ

Luca Michel hat schon ein Möbel und einen Schemel geschreinert. Er möge aber mehr Freihandarbeit als geometrische und lineare Arbeiten. Holzbildhauer seien die Freestyler unter den Holzhandwerkern. Ein guter Kumpel von Luca Michel ist Schreiner und ein ganz anderer Typ als er. Bei diesem zu Hause sei alles an seinem Platz, geradlinig und geometrisch.

Ein Holzbildhauer arbeitet hauptsächlich mit Hammer und Meissel, Schnitzmessern, dazu noch Schleifmaschinen und Bandsägen. Zu Beginn der Lehre legt sich ein Lernender einen Satz mit 80 bis 100 Schnitzmeisseln zu. Nach der Lehre kommen noch weitere hinzu. Je nachdem, was die Spezialität des Lernenden ist, sind es Meissel für Ornamente oder solche für Figuren. Geschliffen wird heute nicht mehr viel, der Stil ist eher gröber geworden. Auch weil eine Figur so günstiger herzustellen ist. Alles, was handlich ist, wird in der Hand geschnitzt. Was mehr als ungefähr 20 Zentimeter misst, wird eingespannt.

Das Holz spüren lernen

In der Lehre lernen die Holzbildhauer unter anderem Kunstgeschichte, mittelalterliche Schriften und Heraldik, die Lehre der alten Wappen. Daneben haben sie aber auch Kalkulation und Rechnungswesen.

Einer der wichtigsten Aspekte der Holzbildhauerlehre ist das Gespür für Holz. In der Lehre gibt es Grundlehrgänge, bei denen es darum geht, das Holz zu spüren. Denn die Holzart, deren Härte, Struktur und Fasern spielen in der Holzbildhauerei eine sehr grosse Rolle. Darum hat ein Holzbildhauer auch nach vier Lehrjahren längst nicht ausgelernt. «Wenn ein Lernender die Lehre abschliesst, ist er lange nicht so gut wie ein Holzbildhauer, der das schon 20 Jahre lang macht. Wenn ich ein Schaf schnitze, dann hat mein Ausbildner in der gleichen Zeit schon sechs gemacht», sagt Luca Michel.

Luca Michels Arbeit besteht in der Hauptsache aus dem Schnitzen von Krippenfiguren. Selbst im Sommer werden Figuren für die Weihnachtszeit geschnitzt. Zwischen Frühling und Herbst werden auch Trachtenfiguren gemacht. Das grosse Geschäft macht sein Lehrbetrieb aber nach wie vor mit weihnächtlichen Motiven.

Luca Michel schnitzt Krippen, Schafe und Esel, aber am liebsten Kamele. Dromedare, um genau zu sein. «Die haben einen speziellen Ausdruck im Gesicht», sagt er. Die Esel mag er nicht so sehr. Der Grund: Dromedare macht man nur zwei- oder dreimal pro Jahr, Esel sehr oft und in Serien von bis zu 20 Stück.

Nach der Lehre eine Stelle als Holzbildhauer zu finden, sei nicht besonders einfach, sagt Luca Michel. Aber man habe dann eine breite Ausbildung, vom Design bis zur Ausführung, und einen guten Grundstein für eine kreative Arbeit im Designbereich.

www.huggler-holzbildhauerei.ch

AJ

Veröffentlichung: 06. Dezember 2018 / Ausgabe 49/2018

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