Geschälte Alternativen

Nach dem Schälen eines Stamms bleibt ein Zylinder von zirka 150 mm Durchmesser übrig. Bild: Bollinger Furniere AG

Schälfurnier.  Die strukturbetonte und wilde Optik der Schälfurniere ermöglicht einzigartige Abwicklungen, die in der aktuellen Architektur spannende Kombinationen schaffen können. Bei der Auswahl und der Verarbeitung gilt es, einige Punkte zu beachten.

Wenn es um Schälfurniere geht, kommen dem Schreiner als Erstes wohl die unverwechselbaren Seekiefer-Sperrholzplatten in den Sinn. Diese finden ihren Einsatz meistens in Form von Verpackungskisten oder provisorischen Schalungen und gehören deshalb nicht gerade zur ersten Wahl für ein hochwertiges Werkstück. Mit der richtigen Holzart und passenden Furnierqualität lassen sich Schälfurniere aber auch im gehobenen Innenausbau oder im Projektbereich gewinnbringend einsetzen. Grundsätzlich können Schälfurniere in zwei Arten aufgeteilt werden: in die Sperrholzfurniere und die hochwertigen Schälfurniere.

Wild und strukturbetont

Gesundes und wohlgeformtes Rundholz ist die Voraussetzung für eine gute Furnierqualität. «Am besten sind geradschaftige Stämme. Jedes noch so kleine Wuchsmerkmal wird wegen der Dünne der einzel- nen Furnierblätter sichtbar», sagt Markus Barmettler, Geschäftsführer der Bollinger Furniere AG in Nürensdorf ZH. Beim Rundschälen wird der gesamte Stamm in der Mittelachse eingespannt und spiralförmig von aussen her abgeschält. Dadurch entstehen Furnierbilder mit unregelmässiger, gefladerter Zeichnung oder mit Nestern von wilden Strukturen. «Da die Jahrringe sehr flach durchtrennt werden, weist Schälfurnier kein natürliches Erscheinungsbild auf, sondern ist optisch sehr wild und strukturbetont», sagt Ivo Quirici, Geschäftsführer der Atlas Holz AG in Trübbach SG. So beispielsweise beim Vogelaugenahorn oder beim Maserholz. «Neben den aktuellen Bau- und Holztrends spielt auch die jeweilige Furnierausbeute eine zentrale Rolle. Aus einem Kiefernstamm können etwa bis zu 800 Quadratmeter Furnier in Innenausbauqualität gewonnen werden», sagt Tobias Scherg, Geschäftsführer der Roser AG in Birsfelden BL. Grundsätzlich kann jede Holzart geschält werden, aber geschälte Linde ist vom Erscheinungsbild her beispielsweise zu schlicht, und Eiche wirkt auf der Fläche zu schwammig.

Trends im Wandel der Zeit

Was für Holzarten gerade geschält werden, hat auch viel mit dem jeweiligen Zeitgeist zu tun. «Heute dominiert die geschälte Föhre, aber es gab Epochen, da waren im exklusiven Innenausbau spezielle Maserhölzer im Trend. Der Vogelaugenahorn gehörte beispielsweise zu den meist gebrauchten. In der Autoindustrie sind der amerikanische Nussbaum oder Eschenmaser gefragt», sagt Barmettler. Erwähnenswert sind hier die Maserholzarten: europäischer und amerikanischer Nussbaum, Madrona, Ahorn, Eiche, Myrthe, Birke, Ulme, Pappel oder Esche.

Derzeit dominieren geschälte, einheitliche Flächen die Architektur. «Mit geschälter Seekiefer oder Birke lassen sich grosse, einheitliche Flächen verwirklichen», sagt Scherg. «Wenn der Schreiner mit fertigen Sperrholzplatten arbeitet, hat er zwangsläufig Farb- und Strukturunterschiede aufgrund der unterschiedlichen Deckfurniere. Mit Schälfurnier können einheitliche Abwicklungen erstellt werden, und im Gegensatz zu Sperrholz bleibt eine mit Schälfurnier belegte MDF- oder Spanplatte formstabil.»

Verfügbarkeit und Möglichkeiten

Die Auswahl der jeweiligen Holzart ist zudem von deren Verfügbarkeit und den technischen Möglichkeiten im Schälwerk abhängig. «Es muss genügend Holz verfügbar sein, um einen Trend zu befeuern und aufrechtzuerhalten», sagt Barmettler.

In der Regel wird das Schälfurnier in 0,56 bis 0,9 mm Stärke hergestellt. Die Längen sind meistens maschinenbedingt gegeben. «In Europa können wir lediglich in Slowenien und Prag bis 3200 mm Länge schälen. Die restlichen Schälanlagen sind nicht für Fremdarbeiten freigegeben», sagt Scherg.

Handwerk schafft Besonderheiten

Die holztypischen Eigenschaften bestimmen die Verarbeitung der Schälfurniere. So sind beispielsweise feine Risse und unterschiedlich stark saugende Bereiche keine Fehler. Ein zusätzliches Argument für die Verwendung von Schälfurnieren sind die kreativen Möglichkeiten. «Unter gekonnter Hand können fantastische Bilder in Form von Kreuzfuge, Diamant, Karomuster, Box, Stern, Fischgrat oder Sternformationen entstehen», sagt Barmettler. Einige Muster ergeben beispielsweise einen anziehenden 3D-Effekt, andere wiederum grossflächige Strukturen. Hier heisst es für den Handwerker gestalten, kreieren und probieren, damit er das volle Potenzial der Schälfurniere ausschöpfen kann. «Bei dieser Tätigkeit hilft ein Spiegel, um sich das fertige Furnierbild besser vorstellen zu können», rät Barmettler. Nicht ohne Grund gilt die Schreinerarbeit mit Maserfurnieren als die Königsdisziplin unter den Arbeiten mit Furnier. Unabhängig vom aktuellen Trend und Vorurteilen stellen Schälfurniere eine spannende Alternative dar, wenn es um die Materialisierung eines Schreinerauftrages geht. Eine kurze Angebotsübersicht schafft Klarheit (siehe unten).

www.atlasholz.chwww.bollinger.chwww.roser-swiss.com

 

Atlas Holz AG

Die Atlas Holz AG aus Trübbach SG hat Schälfurniere aus Birke, Seekiefer und Vogelaugenahorn und halbrundgeschälte Furniere aus Sapelli Pommele und Bubinga Pommele an Lager. Je nach gewählter Holzart sind die Furniere in den Stärken 0,56 und 0,9 mm erhältlich. Die Schälfurniere können wahlweise als einzelne Furnierpakete oder als Fixmasse bestellt werden. Ab einer gewissen Bestellmenge sind die Fixmasse auch mit Vlies kaschiert oder als fertig furnierte Platten erhältlich.

www.atlasholz.ch

 

Bollinger Furniere AG

Die Firma Bollinger Furniere AG hat eine enge Beziehung zu dekorativen Schälfurnieren. Im Sortiment finden sich neben den herkömmlichen Schälfurnieren auch Maserfurniere für den dekorativen Einsatz als Kreuzfuge, Diamant, Karomuster, Box, Stern, Fischgrat oder Sternformation. Die Furniere können je nach Holzart als einzelne Furnierblätter oder in Absprache mit Vlies kaschiert bezogen werden. Zudem bietet Bollinger als Dienstleistung auch fertig furnierte Platten im Lohnauftrag an.

www.bollinger.ch

 

Roser AG

Unter der Marke «Furnier Express» vertreibt die Roser AG Furnierfixmasse. Birken-Schälfurnier in 0,6 mm hat als Fixmass die Abmessungen 2540 auf 1270 mm und als Fixmass, mit Vlies kaschiert, 2510 auf 1250 mm. Mit einzelnen Furnierblättern ist eine Länge bis 3100 mm umsetzbar. Zudem sind furnierte Platten auf Wunschträgern möglich. Im Lager finden sich auch Besonderheiten wie ein geschälter Tamo, eine Eschenart aus Japan. Bei Bemusterungen und Sonderanfertigungen unterstützt Roser den Schreiner.

www.roser-swiss.com

Noah Gautschi

Veröffentlichung: 27. Januar 2022 / Ausgabe 4/2022

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