Geschliffene Veredelung

Das geschliffene Schweizerkreuz illustriert den präzisen Ein- und Aussatz der einzelnen Schleifsegmente bei Kündig. Bild: Noah J. Gautschi

Strukturschleifen.  Oberflächen mit fühl- und sichtbaren Effekten sind zurzeit voll im Trend. Bei Küchenfronten, Möbelstücken, Böden und anderen Innenausbauten kann sich der Schreiner mit individuellen Umsetzungen von der Masse abheben.

Beim Struktur- oder Effektschleifen werden durch spezielle Verfahren die typischen Abnutzungs- und Alterungserscheinungen von jahrzehntelang genutzten Oberflächen imitiert oder angesagte Strukturen in die Oberfläche geschliffen. Neben speziell für diesen Zweck konzipierten Strukturierungsmaschinen bieten auch einige Breitbandschleifmaschinen Möglichkeiten, um die Oberflächen nach Wunsch zu gestalten.

In den letzten drei Jahren fand man beim Gang durch die grossen Handwerker- und Branchenmessen an den Ständen der bekannten Hersteller wieder vermehrt Breitbandschleifmaschinen, die Strukturen oder Effekte umsetzen können. Denn die Nachfrage nach fühl- und sichtbaren Struktu- ren ist gewachsen. «Der Schreiner erweitert sein Oberflächenportfolio durch Diversifizierungsmöglichkeiten und erschliesst sich somit einen neuen Kundenkreis», sagt Ulf Horstmann, zuständig für das Produktmarketing bei Homag.

Vom Boden bis zur Möbelfront

Im Bereich der Möbelfronten und der Parkettfertigung erfreuen sich die strukturierten Oberflächen weiterhin grosser Beliebtheit. «Auch im hochwertigen Innenausbau sind Schleifeffekte wie zum Beispiel sägeraue oder gehobelte Oberflächen voll im Trend», sagt Dennis Bierbaum. Er arbeitet im Marketing bei der Karl Heesemann Maschinenfabrik aus dem deutschen Bad Oeynhausen. Bei Umbauten von Geschäftsräumen oder der Fertigung von Hotelausstattungen sind immer mehr haptische Produkte gefragt. «Im Schweizer Schreinerhandwerk handelt es sich zumeist um eine am Maschinenausgang angebrachte Strukturbürste aus Nylon, die den Anwendungsbereich der Breitbandschleifmaschine um texturierte Oberflächen erweitert. Es sind allerdings viele Optionen möglich», sagt Sven Gutknecht. Er ist zuständig für das Marketing bei der Kündig AG im zürcherischen Wetzikon. Für Schreiner und Innenausbauer, die häufig solche Aufträge ausführen, kann die Möglichkeit, Strukturen und Effekte in der eigenen Produktion umzusetzen, eine interessante Alternative zu den zukaufbaren Werkstoffen bieten.

Viele Wege führen nach Rom

Um den gewünschten Effekt oder die benötigte Struktur zu erhalten, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Einige Hersteller arbeiten mit den verbauten Längs- und Querschleifaggregaten, die über spezielle Pro- gramme und mit gröberen Schleifbändern die sägerauen Oberflächen generieren. Andere verwenden dafür ein zusätzliches Aggregat mit Sägeband. Für Hobel- oder Welleneffekte kommen spezielle Stahlplatten oder Segmentschleifschuhe zum Einsatz, die für die Oberflächenstruktur sorgen, und auch bei den Bürstenaggregaten gibt es unterschiedliche Techniken.

Wichtig ist immer, dass die zusätzlichen Funktionen keine negativen Auswirkungen auf die Hauptaufgaben der Breitbandschleifmaschine haben. «Der normale Schleifbetrieb wird durch die eingesetzten Anwendungen nicht tangiert. Wird ein Spezial- oder Zusatzaggregat benötigt, kann die Anlage jedoch länger werden», sagt Michael Gwerder, Gebietsverkaufsleiter bei Biesse Schweiz im luzernischen Ermensee. Hier gilt es, die Besonderheiten und Stärken der jeweiligen Breitbandschleifmaschinen zu kennen und gezielt einzusetzen.

Sägerau, gehobelt und mit Welle

Es gibt unzählige Oberflächenarten, die mit einer solchen Breitbandschleifmaschine umgesetzt werden können. Anschliessend einige wenige Grundeffekte und Strukturen, die machbar sind:

  • Gebürstete Oberflächen sind der Klassi- ker unter den Effekten. Mittels einer Bürste oder eines Bürstenaggregates wird die Holzstruktur hervorgehoben. Dieser Effekt ist meistens bei Altholz und rustikalen Arbeiten gefragt.
  • Sägeraue Oberflächen weisen feine Säge- spuren quer zur Faserrichtung auf. Dieser Effekt kann zum Beispiel mittels Quer- bandaggregat und eines gröberen Schleif- bands oder eines separaten Aggregats mit Sägeband umgesetzt werden.
  • Der Hobelschliff kann unter anderem mit einer speziell geformten Stahlplatte und flexiblen Schleifbändern auf dem Längsschleifaggregat erstellt werden. Die Erhebungen in der Stahlplatte sorgen für das gewünschte Hobelbild.
  • Beim Wellenschliff wird die Stahlplatte zum Hobelschliff zusätzlich quer zum Vorschub oszillierend bewegt. So entsteht die gewünschte Bewegung, und es wird die wellenförmige Struktur erzeugt.

Digital erweiterte Funktionen

Die mechanisch erzeugten Schleifbilder erhalten durch die modernen Steuerungen zusätzliche Möglichkeiten. So können sägeraue Oberflächen und Hobel- sowie Welleneffekte auch nur partiell eingesetzt werden. Das eröffnet nochmals eine grössere Vielfalt, was die individuelle Gestaltung durch den Struktur- und Effektschliff angeht. Für den Schreiner lohnt sich bei Interesse die Kontaktaufnahme mit seinem Fachhändler oder dem Maschinenhersteller, damit er eine passende Lösung für sich finden kann. In der Folge einige Hersteller.

www.biesse.comwww.heesemann.comwww.homag.comwww.kundig.com

njg

Veröffentlichung: 28. November 2019 / Ausgabe 48/2019

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