Graustufen wie von Geisterhand

In Zusammenarbeit mit der Berner Fachhochschule hat die Roser AG ein neues Verfahren entwickelt. Bild: Berner Fachhochschule

Färben ohne Farbe.  In neuen Verfahren nutzt man holzeigene Inhaltsstoffe zur natürlichen Durchfärbung von Holz. Das hat eine Reihe von Vorteilen: Das so behandelte Holz in Graustufen behält seine Farbe und ist dazu umweltfreundlich, weil keine Zusatzstoffe benötigt werden.

Wenn Holz unter dem Einfluss der Sonne altert, vergraut es. Wenn Eichenholz unter Abschluss von Luft lange Zeit in moorigem Umfeld lagert, entsteht die bis zu tiefschwarz verfärbte Mooreiche. Architekten lieben solche Hölzer. Bislang war vergrautes Holz nur oberflächlich gefärbt reproduzierbar. Die Mooreiche, die ziemlich selten vorkommt, ist nur in geringen Mengen verfügbar und auch hochpreisig.

Kein Wunder also, gewann das Räuchern in den letzten Jahren ziemlich an Bedeutung. Bei diesem Prozess wird zu einer Verfärbung des Holzes jedoch das reizende Ammoniak eingesetzt, was für manche Nase doch ziemlich viel ist. Im Verfahren verändern sich auch die Holzeigenschaften, und zwar nicht zum Besseren. So verringert sich die Dichte bei gleichzeitig erhöhter Sprödigkeit des Materials. Auch ist die Farbe der so behandelten Hölzer durch den Einfluss der UV-Strahlung nicht von Dauer. Ähnlich sieht es beim Thermoverfahren aus, das dem Holz eine dunkle Braunfärbung ohne den Zusatz von Farbstoffen verleiht. Aber Braun ist eben nicht Grau oder Schwarz, also keine unbunte Farbe, die Architekten und Designer seit einiger Zeit gerne verwenden. Und auch bei der Behandlung mit Hitze erfahren die mechanischen Eigenschaften eine Verschlechterung, wenngleich die natürliche Resistenz des Holzes mit dem Thermoverfahren verbessert wird.

Die «Holz-Alchemisten» sind los

Wie wäre es also, wenn es gelänge, Holz in Graustufen durchzufärben mit Prozessen, die jederzeit reproduzierbar sind, ohne giftige Substanzen einzusetzen oder sich spätere Probleme mit Emissionen beim Material einzuhandeln? Und dabei dennoch eine dauerhafte Farbgebung zu erreichen bei mindestens gleichwertigen oder gar verbesserten Holzeigenschaften? Grossartig, weil der ökologische Werkstoff Holz im Prozedere bleibt, was er ist.

Solche Verfahren sind inzwischen in der Praxis angekommen. Dabei spielt die gerbstoffreiche Eiche natürlich eine entscheidende Rolle, aber nicht nur. Den «Holz-Alchemisten» gelingt es, auch andere Hölzer in verschiedenen Grautönen zu erzeugen. Die Palette reicht von «Stonewashed» bis hin zu tiefschwarzer Verfärbung. «Wir behandeln nicht nur Eiche in diesem Verfahren, sondern auch Esche, Douglasie, Buche oder Teak», erklärt Arvydas Litvinas von der Grigo Studio GmbH in Zollikerberg ZH.

Vor drei Jahren präsentierte das in Litauen ansässige Unternehmen erstmals das so behandelte Holz. Heute sind Furnier, Parkett und Schnittholz in vielen verschiedenen Stufen von Grau-, Dunkelbraun- und Schwarztönen erhältlich. Das Ganze geschieht ohne den Verbleib von Rückständen, ohne spätere Emissionen oder eine Beeinträchtigung der natürlichen Holzeigenschaften. Im Blick hatte man die Reproduktion von Mooreiche, die Dank dem Verfahren endlos «nachproduziert» werden kann.

Der Natur auf die Sprünge geholfen

Um die Farbe im Holz zu erzeugen, bedient man sich eigentlich recht einfacher Prozesse, wie sie in der Natur auch ablaufen. Holzeigene Inhaltsstoffe, allen voran Gerbstoffe wie etwa Tannine, reagieren mit zugefügten Metallionen in einer wässrigen Lösung und führen zu einer Färbung des Holzes. «Bei der Einstellung mit einer bestimmten Temperatur beschleunigen wir den Prozess», sagt Litvinas. Dabei entstehen chemisch gesehen Komplexe, die gegenüber UV-Strahlung weitestgehend stabil sind und auch nicht ausgewaschen werden können. Es werden also weder Pigmente noch lösliche Farbstoffe hinzugefügt, um den natürlichen Prozess der Entstehung von Mooreiche in vielen Jahrhunderten auf wenige Monate Produktionszeit zu verkürzen.

Gezielte Graufärbung

«Grosse Bedeutung bei der genauen Farbeinstellung besitzt die Einhaltung der prozessrelevanten Parameter wie der Temperatur, des pH-Wertes und der Prozessdauer», sagt Tobias Scherg, Leiter des Geschäftsbereiches Furnier bei der Roser AG in Birsfelden BL. Das Unternehmen hat im Rahmen eines von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) geförderten Forschungsprojektes zusammen mit dem Institut für Werkstoffe und Holztechnologie der Berner Fachhochschule (BFH) eine gleichmässige Graufärbung bei Hölzern wie Eiche oder Eukalyptus erzielen können. Im Blick hatte die Roser AG vor allem Grautöne, die derzeit gefragt sind. «Edle und natürliche Grautöne sind zunehmend im Innenausbau anzutreffen. Uns ist es gelungen, die natürliche Vergrauung mittels Oxidation bei verschiedenen Hölzern farbstabil zu produzieren», sagt Scherg. Der Prozess ist inzwischen zur Marktreife gelangt, und die entsprechend behandelten Furniere in Eiche und Eukalyptus sind ab Lager erhältlich. Auch im Schweizer Projekt beschäftigte man sich mit dem Verfärben von weniger reaktiven Holzarten. «Auch Hölzer mit wenig Inhaltsstoffen wie die Buche können in einem mehrstufigen Verfahren dunkel gefärbt werden», erklärt Scherg. Dies zeigt, dass die Palette der vorhandenen Inhaltsstoffe von Hölzern grosse Wirkung haben kann, auch wenn sie nur in geringen Konzentrationen im Holz vorliegen. Nur ganz wenige Holzarten wie etwa der Bergahorn gelten als chemisch nahezu neutral. Deshalb wird das Holz traditionell auch für Küchenutensilien wie Rüstbretter und andere Werkzeuge verwendet, weil diese mit den Lebensmitteln nicht chemisch reagieren.

Das Rezept bleibt geheim

Mit solchen Prozessen und Vorgängen hatte man auch schon zu früheren Zeiten experimentiert, dann allerdings meist unter der Zugabe von Harzen. Neu an den Verfahren der Grigo Studio GmbH und der Roser AG ist vor allem das Fehlen irgendwelcher Zusatzstoffe zu deren Gelingen.

Worin genau die Unterschiede liegen oder welche Details beim Prozedere ausschlaggebend sind, darüber herrscht natürlich Stillschweigen. Klar ist indes auch beim Verfahren der Roser AG: «Die Farbstoffe weisen eine hohe Lichtstabilität auf und erzeugen keine Emissionen», so Scherg. Klar ist auch, dass bei solchen Verfahren unterschiedliche Metallionen verwendet werden können, die mutmasslich mit den verschiedenen Holzinhaltsstoffen und damit auch mit den Holzarten entsprechend unterschiedliche Ergebnisse liefern.

Eigenschaften verbessern sich sogar

«Mit der Technologie verändern wir nicht nur die Farbe, sondern auch die charakteristischen Holzeigenschaften», erklärt Arvydas Litvinas. Laut Angaben seines Unternehmens weist das Holz nach der Behandlung eine Verbesserung der natürlichen Dauerhaftigkeit sowie eine Erhöhung der Rohdichte um 12 bis 15 Prozent auf. Neben der Stabilität der Farbe soll das so behandelte Holz auch gute Verleimeigenschaften aufweisen – gerade bei geräuchertem Holz ein schwieriges Thema. Diese Punkte könnten dazu führen, dass sowohl beim Parkett als auch beim Schnittholz eher auf so verfärbtes Holz gesetzt wird als auf geräucherte Ware. In puncto Umweltfreundlichkeit sieht Litvinas die anderen Modifikationsverfahren von Holz deutlich kritischer. Nur das Thermoverfahren brauche lediglich Energie, ohne Zusatz- oder Abfallstoffe mit ins Spiel zu bringen. Anders sieht dies bei den durchfärbten, multilaminierten Furnieren aus, dem sogenannten Konzeptholz von Alpi oder Tabu. Auch deshalb scheinen die Verfahren vielversprechend. Denn die Produkte können das Bedürfnis der Konsumenten nach Nachhaltigkeit, Natürlichkeit und dem Echten bedienen. Denn klar ist auch: Wenn keine Farbstoffe im Spiel sind, machen sie auch keine Probleme. Das dürfte nicht nur die Architekten freuen.

www.roser-swiss.chwww.grigostudio.com

ch

Veröffentlichung: 22. Juni 2017 / Ausgabe 25/2017

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