Gut gelagert und sicher geliefert

«Gut gesichert ist halb transportiert.» Bei Glas gilt das ganz besonders. Bild: Michi Läuchli

Logistik.  Glas ist ein anspruchsvolles Material, und Fehler bei der Handhabung führen schnell zu Bruch und Verletzungen. Schulung, sichere Arbeitsmittel und die entsprechende Ladungssicherung sind deshalb entscheidend für den korrekten Umgang mit dem Werkstoff.

Glas ist mit seiner Transparenz, Stabilität und gestalterischen Flexibilität in der modernen Architektur unverzichtbar, gleichzeitig ist der Umgang mit dem Werkstoff jedoch mit gewissen Risiken verbunden. Das anspruchsvolle Material ist schwer, spröde und reagiert empfindlich auf punktuelle Belastungen, Biegung oder Kantenbeanspruchung. Schon kleine Spannungen können Risse verursachen, die später zum Versagen führen. Besonders gefährlich sind thermische Sprünge, also Temperaturunterschiede innerhalb einer Scheibe. Isolierglas bringt zusätzliches Gewicht mit sich und stellt hohe Anforderungen an den Randverbund, die Kantenstabilität, aber auch an die Logistik von der Werkstatt auf die Baustelle und auf der Baustelle selbst.

Eine unzureichende Sicherung während des Transports – etwa durch Vibrationen, Kippbewegungen oder ungleiche Belastung – genügt, um eine Scheibe zum Brechen oder Umfallen zu bringen. Auch Beschädigungen, die nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind, bergen ein erhebliches Gefahrenpotenzial.

Sicherheit statt Scherben

Jeder Glasbruch verursacht nicht nur Kosten, sondern auch Zeitverluste, Ärger und nicht selten Verletzungen. Oft liegen die Ursachen nicht in der Verarbeitung, sondern in Fehlern beim Transport oder bei der Lagerung, weshalb es wichtig ist, dass Mitarbeitende im sicheren Umgang mit dem Werkstoff umfassend geschult und instruiert werden. Dazu gehören Kenntnisse über die Funktionsweise von Transporthilfen, die Risiken beim Heben und Kippen sowie das korrekte Vorgehen bei Beschädigungen.

Zur persönlichen Schutzausrüstung zählen Sicherheitsschuhe, schnittfeste Handschuhe, Schutzbrillen und bei Bedarf Schürzen oder Armstulpen. Dazu veröffentlichte die Suva eine ausführliche Checkliste, die die Betriebe bei der Beurteilung ihrer Prozesse unterstützt. Diese Richtlinie beschreibt detailliert, wie Glas gelagert, transportiert, gesichert und gehoben werden muss, um Unfälle und Schäden zu vermeiden.

Fürs Anschlagen ist Schulung Pflicht

Weil das Anschlagen von Lasten – damit einhergehend auch der Glastransport – ein hohes Risiko enthält, gilt diese Tätigkeit seit dem 1. Januar 2022 gemäss Artikel 8 der Verordnung über die Unfallverhütung als «Arbeit mit besonderen Gefahren». Eine einfache Instruktion reicht nicht mehr aus. So dürfen nur noch geschulte Personen, welche einen entsprechenden Nachweis erbringen, die Aufgabe übernehmen. Im halbtägigen Kurs lernen die Teilnehmer den Umgang mit den Anschlagmitteln, das richtige Befestigen am Kran, die Kommunikation mit dem Kranführer sowie das Erkennen von beschädigten Anschlagmitteln. Ob die Vorschrift eingehalten wird, kontrolliert die Suva seit dem 1. April 2023.

Praxisnahen Kurs ins Leben gerufen

Der Erlass löste vor rund drei Jahren eine grosse Nachfrage nach Schulungen aus, wodurch viele Betriebe ihre Mitarbeitenden in anerkannte Ausbildungsbetriebe schickten. Im Zuge dessen wollte Markus Hobi, Geschäftsführer des Schweizerischen Fachverbandes Fenster- und Fassadenbranche (FFF), einen speziell auf Fensterbauer und Schreiner zugeschnittenen Kurs zum Thema Anschlagen von Lasten und Ladungssicherung entwickeln. Er kontaktierte mehrere Anbieter und stiess schliesslich auf den Campus Sursee. «Dort werden bereits zahlreiche Fachkurse angeboten, und das Team war sofort bereit, einen entsprechenden Kurs zu realisieren», sagt Hobi.

Am Ausbildungsort in Sursee stehen Isoliergläser, Fensterböcke und Hebeschieber, die von unterschiedlichen Herstellern zur Verfügung gestellt wurden, zu Schulungszwecken bereit. Dort zeigt Ausbildungscoach Urs Gut im Kursteil «Transportsicherungen» direkt am Übungsanhänger, wie die Last richtig verteilt wird und bei einem Bremsmanöver nicht nach vorne rutscht. Paletten, die sich auf unterschiedliche Art und Weise zwischen Bock und Anhänger einklemmen lassen, dienen als einfache und wirkungsvolle Sicherungsmethode bei allfälligen Bremsmanövern. «Ich sensibilisiere die Teilnehmer jeweils dafür, dass sie Antirutschmatten einsetzen. Damit lässt sich bereits ein grosser Teil der Ladungssicherung abdecken», erklärt Gut. Anhand praktischer Beispiele erfahren die Teilnehmenden, wie sich verschiedene Bodenbeläge auf die Haftung auswirken. Sie können selbst messen, mit welcher Kraft eine Masse jeweils in Bewegung gesetzt werden muss. Dabei ist selbstverständlich, dass die Gläser mit Spanngurten sicher fixiert werden müssen. «Hier ist darauf zu achten, dass die Zurrmittel vor den scharfen Glas- und Gestellkanten geschützt sind und die angegebene Belastungsgrenze der Zurrpunkte eingehalten wird».

Eine korrekte Beladung ist ein zentraler Sicherheitsfaktor. Häufig werde das zulässige Gesamtgewicht überschritten, oder die Deichsellast stimme nicht. Ob die Last auf dem Anhänger korrekt verteilt ist, lässt sich mit einer Deichselwaage kontrollieren, was Urs Gut sogleich vorführt. Als Alternative kann auch eine herkömmliche Haushaltswaage dienen, die unter die Deichsel gestellt wird. Wichtig dabei ist zudem, mit einer Wasserwaage die horizontale Lage der Ladefläche zu kontrollieren. Die zulässige Deichsellast wie auch das Gesamtgewicht sind im Fahrzeugausweis eingetragen und müssen eingehalten werden.

Jedes Detail zählt

Nicht nur die Beladung ist entscheidend, sondern auch der richtige Umgang mit dem Flachglas: Es muss am Glasbock korrekt positioniert, gesichert und mit passenden Hilfsmitteln wie zum Beispiel einem Vakuumsauger entnommen und transportiert werden – was Ausbildungscoach Urs Gut im Kursteil «Anschlagen von Fenstern und Fensterelementen» in einer Halle beim Campus anschaulich am Objekt demonstriert. «Wird der Glasbock für den Transport mit dem Kran verwendet, also in die Höhe gehoben, muss er mit einem Typenschild versehen sein, das Auskunft über das Eigengewicht und das maximale Gesamtgewicht gibt. Zudem ist eine jährliche Prüfung vorgeschrieben, die mit einem entsprechenden Prüfkleber bestätigt wird», erklärt Gut. Zum Transport auf der Strasse oder zur Lagerung ist keine Prüfung erforderlich.

Ebenso entscheidend sind die Auflagen, auf denen das Glas aufliegt. Hartgummi oder Hartholz, das fest mit dem Gestell verbunden ist, schützt die Gläser zuverlässig. Lose Auflagen oder hervorstehende Metallteile sind zu vermeiden, da sie punktuelle Belastungen verursachen und Spannungen im Glas begünstigen können. Der Neigungswinkel der Anlagefläche darf maximal vier Grad betragen, weil bei steileren Winkeln die Kippgefahr deutlich zunimmt. Fahrbare Gestelle müssen zudem mit funktionierenden Feststellbremsen ausgestattet sein, um ein unkontrolliertes Wegrollen beim Be- oder Entladen zu verhindern. Alle Gestelle sind regelmässig zu prüfen und bei Beschädigungen umgehend zu ersetzen.

Beim Be- und Entladen ist ein ebener, tragfähiger Boden Voraussetzung. Schon kleine Neigungen oder Unebenheiten können dazu führen, dass ein beladenes Gestell kippt. Glas sollte immer gleichmässig verteilt werden, damit keine einseitige Belastung entsteht. Überstände über die Gestellkante hinaus sind nur zulässig, wenn sie ausdrücklich erlaubt sind. Nach dem Beladen muss die Ladung sofort gesichert werden. Beim Entladen gilt die umgekehrte Reihenfolge: erst das Gestell sichern, dann die Gurte lösen. Besonders bei beschädigter Ladung ist Vorsicht geboten – die Umgebung ist abzusperren, bevor die Sicherung entfernt wird.

Richtig saugen und sicher heben

Beim Heben von Glasgestellen mit Kran oder Hebezeug dürfen ausschliesslich geeignete Anschlagmittel an den dafür vorgesehenen Anschlagpunkten verwendet werden. Ein unverzichtbares Hilfsmittel beim Heben und Positionieren von grossen Glasscheiben ist der Vakuumsaugheber. «Vakuumsaugheber, die zum Glastransport eingesetzt werden, müssen über eine Zweikreis- anlage oder eine mechanische Sicherung verfügen, damit das Transportgut bei einem abnehmenden oder abfallenden Vakuum zusätzlich gesichert ist». Erkennen lässt sich das durch die zweifach vorhandenen Vakuummeter und -speicher. Die maximale Tragfähigkeit und der zulässige Temperaturbereich für den Einsatz jedes Hebezeugs muss sichtbar angeschrieben und die Wartung muss durch Prüfkleber dokumentiert sein. Damit die Geräte zuverlässig funktionieren, müssen bestimmte Bedingungen eingehalten werden: Beim Einsatz ist auf die Temperatur zu achten, weil Kälte die Haftkraft des Saugers beeinträchtigen kann. Ebenso wichtig ist, dass die Glasscheibe vollständig staub- und fettfrei ist. Schon geringe Verschmutzungen können dazu führen, dass der Sauger nicht richtig haftet oder sich während des Transports löst. Vor jedem Einsatz ist zudem der Zustand der Saugteller und der Dichtungen zu prüfen. Beschädigte, spröde oder verschmutzte Dichtungen müssen sofort ersetzt oder gereinigt werden. Nachdem alles kontrolliert und gesäubert ist, bringt Gut den Vakuumsaugheber an der Glasscheibe an und markiert mit einem Klebband die untere Saugerposition. Durch ein leichtes Anheben der Last, ein kurzes Abwarten und einen Kontrollblick auf die Manometer kann er so kontrollieren, ob die Sauger die Last auch tatsächlich halten.

Glas will Haltung

Auch bei der Lagerung sind wichtige Massnahmen einzuhalten: Glas darf nur so abgestellt werden, dass es nicht umstürzen kann. Kippsicherungen, stabile Auflagen und eine gleichmässige Gewichtsverteilung sind entscheidend. Der Lagerbereich sollte trocken und witterungsgeschützt sein. Direkte Sonneneinstrahlung ist zu vermeiden, weil sie thermische Spannungen erzeugen kann. Für den Transport innerhalb des Betriebes sollten Verkehrswege frei und gut sichtbar markiert sein. Wird ein Gestell abgestellt, ist es immer gegen Wegrollen zu sichern, etwa durch Bremsen oder Unterlegkeile.

Weiterbildung

Glashandling praktisch lernen

Der Tageskurs des FFF im Campus Sursee vermittelt praxisnah, wie Fenster und Fensterelemente sicher angeschlagen, gehoben und transportiert werden. Teilnehmende lernen, schwere Bauteile effizient und ohne Schäden zu bewegen und dabei alle Sicherheitsvorschriften einzuhalten. Im Praxisteil wird der Umgang mit Fensterelementen, Vakuumgreifern, Montagehilfen und Exoskeletten trainiert. Die Teilnehmenden gewinnen so Sicherheit im Handling grosser Elemente, vermeiden Unfälle und steigern die Effizienz auf der Baustelle. Der Kurs richtet sich an Monteure, Servicetechniker, Projektleiter und Planer. Die nächsten Daten finden sich auf der Website des FFF.

www.fff.chwww.campus-sursee.ch

Michi Läuchli, ML

Veröffentlichung: 30. Oktober 2025 / Ausgabe 44/2025

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