Harte Ware und softe Faktoren

Am CNC-Bearbeitungs-center in der Schreinerei zeigt sich, ob Hard- und Software miteinander harmonieren. Bild: Portmann + Meier AG

Hardware. Rund vier Monate dauerte die Erneuerung der IT-Anlage einer Schreinerei in Luzern. Die Herausforderung schlechthin: die Koordination von Netzwerk, Maschinen, Schreinersoftware sowie CAD-Programmen mit der bestehenden und neuen Infrastruktur.   

Das gute Zusammenspiel von Hard- und Software bildet in modernen Schreinereien vielfach die Basis für funktionierende Arbeitsabläufe, stabile Maschinenleistungen, hochstehende Produkte sowie stichfeste Endkontrollen. Denn Faktoren, die Hard- und Software aus dem Gleichgewicht bringen könnten, gibt es viele.

Server und Drucker integriert

Die geplante Anschaffung moderner CAD-Programme für die Planungsabteilung der Schreinerei Portmann + Meier AG in Luzern brachte den Stein ins Rollen. Grund: Die vorhandene IT-Infrastruktur mit PC-Arbeitsstationen im Alter zwischen zwei und fünf Jahren erfüllte nicht mehr die Anforderungen der neuen CAD-Software. Schon bei der Umstellung auf Windows 8 haben sich gemäss Geschäftsführer Markus Meier bei der IT-Hardware gewisse Probleme bei der Systemleistung ergeben. «Wir entschieden uns deshalb für eine komplette Erneuerung der Hardware, um weitere Probleme mit EDV-Altlasten zu verhindern», erzählt der Inhaber der Schreinerei mit insgesamt 23 Mitarbeitenden.

Sechs neue PC-Arbeitsstationen für das Sekretariat, Planungsbüro und die Geschäftsleitung wurden beschafft. Der erst ein Jahr alte Server sowie die neuen Drucker erfüllten die neuen Anforderungen an die IT-Infrastruktur. Sie konnten in die neue Anlage integriert werden.

Leistungsstarke Geräte

Von Christof Jegen, Arcade Solutions AG in Luzern, war zu erfahren, dass die Schreinerei von Markus Meier nun mit PC-Arbeitsstationen mit sogenannten SSD-Festplatten und einem 8-Gigabyte-RAM-Arbeitsspeicher ausgestattet ist. «Der Einsatz von CAD-Programmen verlangt mit ihren aufwendigen und komplexen Prozessen besonders leistungsstarke Geräte mit mindestens acht oder mehr Gigabyte RAM», sagt Christof Jegen, Berater und Lieferant für die IT-Hardware innerhalb dieses Projekts.

Auf Nummer sicher: Kapazität erhöht

Diese Aussage wird durch die Tatsache unterstrichen, dass es seit der Installation bereits zu einer Kapazitätserhöhung gekommen ist. Leichte Netzschwankungen bei Arbeiten mit den CAD-Programmen führten in der Einarbeitungsphase zum Entscheid, den Arbeitsspeicher nochmals zu vergrössern. «Wir haben hohe Ansprüche an die Stabilität des Systems», begründet Markus Meier und fügt an, dass man zu diesem Zeitpunkt einfach auf Nummer sicher gehen wolle. Für die Arbeitsstationen des Planungsbüros wurden vier, speziell für das Arbeiten mit CAD-Programmen geeignete 30-Zoll-Bildschirme ausgewählt. Die Bilddaten werden von hochwertigen und leistungsfähigen Grafikkarten an die Bildschirme übermittelt.

Testbetrieb im Ausstellungsraum

Insgesamt vier Monate dauerte die Erneuerung der IT-Infrastruktur für die Schreinerei Portmann + Meier. Die Evaluations- und Planungsphase verlief zwischen Juni und August 2014. Dabei stellte sich heraus, dass die individuelle Anpassung der Software wesentlich zeitaufwendiger ist als die eigentliche Anschaffung der Hardware. Mit einer Lieferfrist von einigen Tagen bis zu maximal zwei Wochen für die besonders leistungsfähigen Grafikkarten waren die Systemteile schnell verfügbar.

Bevor die alten Geräte abgeschaltet und durch die neuen Rechner und Einrichtungen ersetzt wurden, richteten die IT-Fachleute die neue Anlage im Ausstellungsraum der Schreinerei ein. Für diese Phase war eine Woche im September reserviert.

Nach erfolgreichem Testbetrieb wurden die neuen Geräte an den Arbeitsplätzen installiert. Der Aufbau der Hardware benötigte laut Christof Jegen lediglich zwei Tage. Wesentlich aufwendiger waren dagegen die Programmierungsarbeiten für die Software. «Wir legten grossen Wert auf einen möglichst nahtlosen Übergang von der alten auf die neue Anlage. So konnten wir praktisch bis zum Tag X wie gewohnt weiterarbeiten», sagt Markus Meier.

Zuständigkeiten und Schnittstellen

Welches waren für den Schreinermeister die grössten Herausforderungen in diesem Projekt? «Da insgesamt sieben IT-Unternehmen an diesem Projekt beteiligt waren, erlebten wir die Planung der verschiedenen Prozesse wie auch die Zuständigkeiten als grösste Herausforderung», erläutert Markus Meier. Hier galt es, die Branchensoftware, das CAD-System, das Datenmanagement, die Netzwerkelektronik, die Kompatibilität verschiedener Geräte (Etikettendrucker, Barcodescanner, Klein- und Grossmaschinen usw.) auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen und die neue Hardware darauf abzustimmen. Ein Mitarbeiter der Schreinerei übernahm die Koordination der IT-Erneuerung und stand regelmässig in Kontakt mit den beauftragten EDV-Unternehmen. Als weitere Herausforderung nennt Markus Meier die Schnittstellen zwischen Software und Hardware. Diese seien oft schwer zu definieren – zum Beispiel bei Fehlfunktionen von Handscannern an den Maschinen. Grössere Pannen seien trotz der komplexen Installation glücklicherweise ausgeblieben.

«Der Aufwand hat sich gelohnt»

Mit Gesamtkosten von rund einer Viertelmillion Franken gehört dieses IT-Projekt zu den bisher grössten Anschaffungen der Schreinerei im IT-Bereich. Allein für die Hardware investierte der Betrieb 40 000 Franken. Besonders kostenintensiv war die bereits angesprochene Vernetzung von Hardware, CAD-Programmen und den Maschinen in der Werkstatt.

Ausserdem wurden die Mitarbeitenden der Schreinerei auf dem neuen System geschult. Für Markus Meier hat sich der Aufwand jedoch gelohnt: «Die neue Anlage erlaubt uns, noch effizienter zu arbeiten. Viele Einstellungen und Arbeitsschritte lassen sich nun bereits vom CAD-Arbeitsplatz aus automatisch generieren.» Dies erleichtere zudem die Bedienung der Maschinen in der Werkstatt. Die Investitionen sind laut Markus Meier in drei bis vier Jahren amortisiert. Noch laufen gewisse Arbeiten im Rahmen der IT-Umstellung. Dies betreffe jedoch vor allem die Software.

www.portmann-meier.chwww.arcade.ch

 

 

 

Interview. Ernst Kiener kennt beide Seiten. Der gelernte Schreiner hat im Alter von 31 Jahren in die IT-Branche gewechselt und ist seit 2010 Geschäftsführer der Computech AG mit insgesamt 26 Mitarbeitenden. Er weiss, worauf man in der IT-Beschaffung in einer Schreinerei achten muss.

IT-Erneuerung: Radikal statt punktuell

Die Informatik ist nicht eben das Steckenpferd des Schreiners oder Kleinhandwerkers. Der elektronischen Infrastruktur, im Speziellen der Hard- und Software, wird meistens zu wenig Beachtung geschenkt. Und trotzdem: Versäumnisse in der Wartung, im Unterhalt und beim Ersatz von IT-Geräten aller Art haben teils fatale Auswirkungen.

SchreinerZeitung: Herr Kiener, welches sind in Bezug auf die Hardware die häufigsten Fehler, die in Handwerksbetrieben gemacht werden?
Ernst Kiener: Bei potenziellen Kunden treffen wir oft die Situation an, dass Speichersysteme und Server nicht richtig gewartet werden oder es keine funktionierende Back-up-Lösung gibt. Ein Datenverlust kann auch für Kleinstbetriebe verheerende Folgen haben.
Auch Netzwerke sind in vielen Fällen nicht richtig konzipiert, und somit störungsanfällig. Besonders bei WLAN-Komponenten stellen wir häufig fest, dass nicht geeignete Hardware aus dem Home-Bereich eingesetzt wird, welche nur einen eingeschränkte Verfügbarkeit bietet und schlecht produktiv genutzt werden kann. Unsere Erfahrungen zeigen ausserdem, dass ebenfalls im Clientbereich nicht immer die passenden Systeme, abgestimmt auf den effektiven Einsatzzweck, eingesetzt werden.
Welches sind die deutlichen und versteckten Anzeichen, dass die Hardware in die Jahre gekommen ist und ersetzt werden müsste?
Qualitativ gute PCs und Notebooks laufen heute tendenziell länger als die darauf eingesetzte Software. Wird ein System plötzlich langsam, besteht in den meisten Fällen ein Problem auf der softwaretechnischen Seite. Ist in einem solchen Fall ein Gerät älter als zirka drei Jahre, oder muss das Betriebssystem erneuert werden, empfiehlt sich in der Regel, die Hardware gleichzeitig zu ersetzen.
Welches Vorgehen empfehlen Sie dem Schreiner, wenn er den Bedarf einer Erneuerung erkannt hat?
Unsere Erfahrung zeigt, dass es sinnvoll ist, vor einer Erneuerung das ganze System als eine Einheit zu betrachten um darin den Erneuerungsbedarf zu erkennen. Wir empfehlen für diese Aufgabe einen Fachmann beizuziehen, welcher dem Kunden hilft, den Erneuerungsbedarf zu ermitteln. Über die Jahre gesehen kommen in der Regel ganzheitliche Systemerneuerungen deutlich günstiger zu stehen, als wenn man nur punktuelle Aufrüstungen tätigt.
Welche wichtigsten Gedanken muss der Schreiner sich machen, wenn es um die Erneuerung der Hardware geht?
Die wichtigsten Fragen sind:
  • Welche Anwendungen müssen auf welchen Arbeitsplätzen benutzt werden können?
  • Gibt es Anwendungen, die von externen Mitarbeitern benutzt werden sollen?
  • Ist in den nächsten zwei Jahren der Einsatz von neuen Applikationen oder zusätzlichen Arbeitsplätzen geplant?
  • Sollen die Server im Haus betrieben und gewartet werden oder sollen diese als Service in einem Datacenter gemietet werden?
  • Welche Sicherungsstrategie soll einge- setzt werden? Back-up auf lokale Medien oder in die Cloud?
Welche Knacknüsse können bei der Umsetzung warten?
Als besondere Herausforderung zeigt sich ältere, oft herstellerspezifische Software, welche für CNC-Bearbeitungszentren oder Zuschnittautomaten benötigt wird. Diese sind vielfach nicht mit aktuellen Betriebssystemen kompatibel. Gibt es keine entsprechenden Updates, müssen entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, damit es beim Systemwechsel nicht zu bösen Überraschungen oder gar zu Produktionsausfällen kommt.
Damit die Benutzer rationell mit dem neuen System arbeiten können und motiviert sind, das neue System einzusetzen, ist auf eine gute und zweckorientierte Anwenderschulung zu achten.
  • Name, Vorname: Kiener Ernst
  • Alter: 51 Jahre
  • Ursprung: Lehre als Schreiner
  • Basis: Nach der Lehre langjährige Tätigkeit im Planungs- und Avor-Bereich, verbunden mit diversen Weiterbildungen.
  • Erfahrung: Projektleitung bei der CAD-, ERP- und CNC-Einführung in einer grösseren Schreinerei.
  • Entwicklung: CAD-spezifische Anwendungen und Schnittstellen.
  • Kompetenz: Ausbildung im Informatikbereich zum MCSE (Microsoft Certified System Engineer).
  • Unternehmer: Gründung der IT-Firma Computech Informatik AG, welche heute 26 Mitarbeiter beschäftigt. In dieser Firma ist Ernst Kiener bis heute als Geschäftsführer tätig.

fm, pet

Veröffentlichung: 11. Dezember 2014 / Ausgabe 50/2014

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