Kein Grund für Fugen

Parkett in der Küche ist beliebt. Die Erfahrungen von Kunden damit fallen äusserst unterschiedlich aus. Bild: Garbelotto

Küchenböden.  In der Küche gibt es vielfältige Alternativen zu den keramischen Bodenfliesen. Entscheidend für die richtige Wahl sind das Nutzerverhalten und die Erwartungen der Kunden, weshalb eine ehrliche Beratung den Boden für den Schreiner bereitet.

Auf der Suche nach dem perfekten Küchenboden trifft man auf vielfältige fachliche Meinungen. Intensive Debatten kann man auch auf Internetforen nachlesen, die von Konsumenten – sprich Küchenbenutzern – recht engagiert geführt werden. Und schon scheint klar, dass es sich bei der Suche nach der optimalen Lösung für den Boden in der Küche um einen typischen Vertreter der Gattung «es kommt darauf an» handelt. Genauer gesagt, kommt es zunächst auf die Gewohnheiten der Nutzer an. In diesen Tagen dürfte zum Beispiel so mancher Küchenboden leiden unter dem Einkochen des Obstes aus dem Garten.

Der kleinste gemeinsame Nenner

Weitgehend einig sind sich Fachleute und Konsumenten darin, dass der Fussboden in der Küche in der Regel stärker und vielseitiger beansprucht wird als in allen anderen Räumen. Zwar kann der Wasserkontakt im Bad noch intensiver sein, doch dafür ist dort die mechanische Beanspruchung geringer. Der Boden im Eingangsbereich oder im Gang kommt jenem in der Küche schon näher, aber Fettspritzer und Rotweinflecken treten auch dort nicht auf.

Unstrittig ist auch, dass flächige, textile Materialien sich aus mehreren Gründen nicht als Bodenbelag in der Küche eignen; es sei denn, sie dienen lediglich als Funktionselement. Zum Beispiel in der Form eines Läufers, mit dem ein harter und kalter Bodenbelag sich angenehmer bei stehender Tätigkeit anfühlt. Voraussetzung ist freilich, dass die «Stehmatte» als «Schmutzfänger» in der Waschmaschine gereinigt werden kann. Denn die inzwischen wieder gerne eingesetzten, fugenlos gegossenen Bodenbeläge bis hin zum Terrazzo sind zwar in puncto Widerstandsfähigkeit über jeden Zweifel erhaben, dafür sind diese aber oft hart und auch kalt.

Ziemlich unterschiedliche Erfahrungen

«Die Frage, welcher Bodenbelag sich für die Küche am besten eignet, wird im Handel sowie bei Verarbeitern und Konsumenten tatsächlich intensiv diskutiert. Dies liegt wohl auch daran, dass die gemachten Erfahrungen und die Erwartungshaltungen sehr unterschiedlich sind», sagt Dirk Steinmeier, Marketingmanager bei der Meisterwerke Schulte GmbH. Diesen Eindruck widerspiegeln auch die Kundenmeinungen auf den Internetforen. Sprich: Es gibt Beispiele für alle Erfahrungen. Darunter befinden sich auch sehr klare Haltungen, etwa bezüglich Parkett. «Man sollte das Parkett nicht zu dunkel, sondern eine eher rustikalere Sortierung wählen, dann geben sich Ast- und Schokofleck kaum etwas», lautet eine Forumserfahrung – und auch, dass nicht nur die Art des Bodens über das Glück mit der neuen Küche entscheidet, sondern dessen Qualität, haben zumindest manche Konsumenten längst verinnerlicht.

Das lange Zeit als Standard angesehene Material der keramischen Plättli für den Küchenboden wird dabei durchaus auch kritisch gesehen. Vor allem Flecken im Fugenbereich seien kaum mehr zu entfernen, so eine Meinung. Der leichten Pflege und Reinigung von Plättli-Böden stehen nicht zu beseitigende Schäden gegenüber, wenn der Topf doch mal runterfällt und die harte Glasur springt. Dass Kunden sich intensiv mit der Wahl des für sie richtigen Küchenbodens auseinandersetzen, zeigt auch die Erfahrung der Schreinerei Wigger AG im luzernischen Entlebuch. Böden führt das Unternehmen nicht aus. Weil diese jedoch für die Materialisierung der Küche entscheidend sind, «bringen die Kunden meistens ein Muster des Bodens ihrer Wahl zur Beratung mit», sagt Edith Wigger.

Bewährtes nicht vergessen

Alternativen zu den keramischen Böden gibt es viele in der Küche. Das bewährte Material Linoleum muss dabei längst nicht nur von der Rolle kommen, sondern kann auch im Dielenformat mit Klickverbindung vom Schreiner verlegt werden. Pflegeleicht, ökologisch und wohngesundheitlich unbedenklich, hat sich der robuste Werkstoff seit Langem vielfach bewährt. Gegenüber der flächigen Verklebung von Rollenware hat das Dielenformat den Vorteil, dass durch den schichtigen Aufbau eine bessere Trittschalldämmung erreicht und das Stehen auf dem Boden angenehmer wird. Dafür sorgt nicht selten ein Gegenzug aus Kork. Auch Kork selbst ist für die Küche gut geeignet, vorausgesetzt die Oberfläche ist mit einer Versiegelung geschützt, was die Kantenimprägnierung mit einschliesst. Auch Korkböden entsprechen – so ausgestattet – der höchsten Nutzungsklasse für den Privatbereich gemäss der europäischen Norm EN 685.

Die positiven Eigenschaften von Kork macht man sich auch beim Aufbau von Vinyl- und den sogenannten Designböden zunutze. Die Übergänge sind deshalb inzwischen fliessend, auch weil der Begriff «Designboden» eigentlich nichts aussagt. Aber: «Die Produktgruppe der Vinyl- und Designböden verzeichnet einen regelrechten Hype. Die Eigenschaft der Wasserfestigkeit dient dabei regelmässig als Beleg der ‹Unkaputtbarkeit› und Pflegefreiheit. Dahinter steckt gutes Marketing», sagt Steinmeier. Für die Küche grundsätzlich gut geeignet, gibt es aber grosse Unterschiede im Detail. So sind klassische Vinylböden mit thermoplastischem Kern zwar wasserfest, aber nicht temperaturstabil. Die Folgen sind offene Fugen und die Bildung von Dellen durch Sonneneinstrahlung. Unbedingt sollte man darauf achten, dass solche Böden frei von Phtalaten (Weichmachern) sind, die in PVC, also dem Grundstoff der Vinylböden, regelmässig eingesetzt werden. Diese Weichmacher entweichen im Laufe der Zeit und sind gesundheitlich bedenklich. Durch das Ausdünsten büsst der Bodenbelag zudem mit der Zeit seine guten Eigenschaften ein.

Vinylböden ohne Vinyl

Eine Weiterentwicklung solcher Böden ist Rigid-Vinyl, auch als Solid Polymer Core (SPC) oder Expanded Polymer Core (EPC) bezeichnet. «Mit hartem PVC-Kern sind solche Produkte weiterhin wasserfest, aber jetzt endlich auch dimensionsstabil. Dadurch verlieren sie allerdings ihre elastischen Eigenschaften und sind in der Regel auch wenig fusswarm. Ausserdem sind nicht alle am Markt erhältlichen Produkte gesundheitlich völlig unbedenklich», sagt Steinmeier. Auch Designböden mit Holzträgerkern und Deckschichten aus unbedenklichen Kunststoffen wie Polyethylen, Polypropylen oder Polyurethan sind inzwischen als Alternativen zu den PVC-Böden am Markt. Das Ganze wird noch unübersichtlicher dadurch, dass mineralische Komponenten etwa mit sogenanntem Bio-Polyurethan verpresst werden. Dieses besteht zum Teil aus Pflanzenölen und mineralischen Bestandteilen wie Kreide. Ein Trägerstoff dieser Art, der bei Herstellern eingesetzt wird, ist «Ecuran». «Wasserfest, semi-elastisch, PVC- und weichmacherfrei ist es quasi die eierlegende Wollmilchsau unter den dekorativen Designböden», sagt Steinmeier. Es ergibt sich die etwas paradoxe Situation, dass ein guter Vinyl- oder Designboden im Prinzip frei von Vinyl ist.

Bei dieser Art von Böden hat sich ein riesiger neuer Produktebereich entwickelt. Zusammengefasst werden die Produkte unter dem etwas sperrigen Begriff Mehrschichtig Modulare Fussbodenbeläge (MMF). Die Produzenten der Böden, darunter auch viele bekannte, haben deshalb sogar einen neuen europäischen Verband gegründet.

Auf die Qualität kommt es an

Viele Konsumenten berichten von schlechten Erfahrungen mit klassischen Laminatböden in der Küche. Hochwertige Vertreter der Gattung sind jedoch durchaus unempfindlich gegenüber Wassereinwirkung. «Mit mindestens vier Stunden Resistenz bei stehendem Wasser und einer verlegten Trittschallunterlage sind Laminatböden bei geringem Budget eine clevere Wahl», sagt Steinmeier. Denn sie seien mit dem hohen Holzanteil ökologisch, dank der Melaminharz-Beschichtung pflegeleicht und wiesen zudem die geringsten VOC-Gehalte, aber die höchste UV-Beständigkeit aller Hartbodenbeläge auf. Weniger wasser- und UV-beständig, etwas pflegeintensiver, aber dafür ökologisch und unerreicht wohnlich, sind Parkett-Böden – auch in der Küche – zumal der Trend zum durchgängigen Boden vom Wohnraum zur Küche unvermindert anhält. Trotzdem ist natürlich die Trennung vom Steh-Arbeitsbereich der Küche zur übrigen Fläche eine Option.

Akzeptiert der Kunde die sich mehr oder minder einstellenden Gebrauchsspuren, steht dem Parkett in der Küche nichts entgegen. Aber schon bei der richtigen Oberfläche scheiden sich die Geister wieder. Ein versiegeltes Parkett ist grundsätzlich widerstandfähiger gegenüber der Bildung von Laufwegen oder gegen Spritzer als die geölte Fläche. Diese lässt sich dafür auch punktuell wieder leichter auffrischen.

Entscheidend für die Auswahl des richtigen Parketts in der Küche ist auch dessen Aufbau. Je weicher das Gesamtgefüge, desto eher entstehen im Belastungstest Eindrücke und Gebrauchsspuren an der Deckschicht aus Holz. So erweist sich bei gleicher Holzart als Deckschicht eine HDF-Mittellage für das Gefüge insgesamt als härter gegenüber einer Mittellage aus Fichtenholz. Parkettböden, die noch mehr optimiert sind durch zusätzliche Schichten, können extremen Belastungen standhalten.

www.wigger-kuechen.chwww.meister.comwww.ecuran.dewww.mmfa.eu

ch

Veröffentlichung: 08. August 2019 / Ausgabe 32-33/2019

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