Klappe halten leicht gemacht

Einheitlicher Look bei Blum für die vier Grundtypen: Hochliftklappe, Hochfaltklappe, Hochschwenkklappe sowie Hoch- oder Drehklappe (v. l. oben im Uhrzeigersinn). Bild: Blum

Klappenbeschläge.  Die jüngsten Entwicklungen bei den Beschlägen für nach oben öffnende Klappen sind vielversprechend. Sie werden schlanker und verschwinden teilweise in den Korpusseiten. Ein Ordnungsversuch über die Arten der Klappen und deren typische Merkmale.

Gut ist, wenn Beschläge funktional und gleichzeitig auch schön sind. So mancher Klappenbeschlag war es in der Vergangenheit eher weniger. Recht grossvolumige Technik mit fast billig wirkenden Plastikverkleidungen sprang einen beim Öff- nen von Oberschränken manchmal regelrecht an.

Mit den ersten Modellen von Grass und Effegi Brevetti, die ein Einlassen in die Korpusseiten erlauben, ist vor einigen Jahren eine Entwicklung in Gang gekommen, die Beschläge für Klappen schlanker, verdeckt montierbar und ansehnlicher werden lässt. Neben der Ästhetik hat das Ganze auch praktischen Nutzen. Ausladende Technik braucht Platz und senkt damit den Nutzwert in einem doch meist begrentzten und deshalb wertvollen Raumangebot.

Wiederum will man kaum zurück zu einfachen, klapprigen Scherenbeschlägen als Stützklappenhalter, die nach dem Hochklappen der Front in einer wenig komfortablen Lage arretieren. Stattdessen sind angenehme Bewegungen, gedämpftes Schliessen und manchmal auch Bewegung auf Knopfdruck gefragt. Deshalb stellt sich die Frage, wann voluminöse Beschläge erforderlich sind und wann schlanke Versionen eingesetzt werden können.

Hochliftklappe komplett aus dem Weg

Der grosse Vorteil einer Hochliftklappe ist, dass sie nicht stört, wenn sie geöffnet ist, denn die Front wird mittels der Arme des Beschlages vor dem Korpus parallel nach oben bewegt. Der Inhalt dahinter wird so komplett freigegeben, wodurch etwa eine Küchenmaschine auf einem ausziehbaren Tablar dahinter platziert werden kann. Nachteilig sind die bislang relativ grossen Gehäuse für die Technik im Korpus sowie die Stabilisierungsstange zur Verbindung des rechten mit dem linken Beschlaggehäuse. Daher sind solche Beschläge mit komfortablen Funktionen wie dem Öffnen durch Antippen oder dem sanften Schliessen ausgestattet. Auch das elektrische Öffnen und Schliessen per Knopfdruck ist möglich.

Mit dem Beschlag Aventos HL von Blum können Klappen mit bis zu 1800 mm Breite als Hochliftklappe realisiert werden. Neben Blum haben auch Häfele, Grass oder Salice Hochliftbeschläge im Programm.

Hochschwenkklappe spielt mit

Eine mögliche Alternative zur Liftklappe kann die Hochschwenkklappe sein. Wie der Name schon verrät, wird die Front dabei in einer schwenkenden Bewegung etwas nach vorne und sodann nach oben geführt. Bei Salice heisst diese Form Schwenkliftbeschlag. Ähnlich wie beim Liftbeschlag für die parallele Bewegung ist bei der Schwenkklappe bislang einiges an sichtbarem Technikgehäuse nötig. Dafür erfolgt die Bewegung leicht und hat einen besonderen Reiz bei grösseren Klappen. Auch hier bietet die Lösung von Blum mit einer Höhe von 800 mm und einer Frontbreite von bis zu 1800 mm ansehnliche Dimensionen. Andere Anbieter für Hochschwenkklappen sind Häfele, Grass und Salice. Auffällig: Salice stemmt mit dem Evolift mit bis zu 22 kg besonders schwere Fronten nach oben.

Hochfaltklappe als dritte Variante

Wer grosse und hohe Fronten hat und auch noch Platz über dem Korpus, für den ist auch die Hochfaltklappe eine mögliche Variante. Die Front wird dabei horizontal geteilt und faltet sich entsprechend beim Öffnen an der Teilungslinie. Auch hier sind alle smarten Funktionen bei den Beschlägen entweder bereits integriert oder lassen sich zusätzlich installieren. Auch elektri- sche Varianten sind realisierbar. Wieder ist hier der Beschlag von Blum mit einer Höhe von 1200 mm und einer Breite von maximal 1800 mm für Fronten mit grossen Abmessungen geeignet. Bei den Beschlägen von Grass, Häfele und Salice werden die maximalen Masse mit 1200 mm Breite angegeben. Dabei scheinen auch hier Schwergewichte möglich zu sein. Kinvaro von Grass trägt bis zu 19 kg schwere Fronten. Auch Samet bietet einen Faltklappenbeschlag an. Geführt werden die beiden Frontteile der Hochfaltklappe je nach Hersteller mittels Topfbändern oder Scharnieren. Bei kleineren Klappenformaten wirkt das mit den grossen seitlichen Kraftspeichern schnell als etwas zu gross geratener Technikanteil. Die Beschläge für Lift-, Schwenk- und Faltklappen gehen bislang mit einem deutlich sichtbaren Einsatz an Technik einher. Es fällt auch auf, dass die möglichen Gewichte der Fronten nicht immer durchgängig und transparent angegeben werden. Das erschwert den Vergleich und das Sortieren der möglichen Anwendungen der Produkte für den unabhängigen Verarbeiter.

Dreh- oder Hochklappe bietet Vielfalt

Der vermeintlich einfachste Typ ist der Be- schlag für die Drehklappe, auch Hochklap- pe genannt. Bei dieser dreht die einteilige Front im Bereich der oberen Korpuskante. Dieser Urtyp der Klappenöffnung nach oben kann mit verschiedenen Mechanismen, sprich Kraftspeichern, erfolgen. Gleichzeitig ist dieser Beschlag auch die Keimzelle einer kleinen Revolution, nämlich die der dünnen bis hin zu nicht sichtbar eingelassenen Beschlägen. Bei den Hochklappen gibt es bis dato die grösste Variantenvielfalt, auch weil verschiedene Techniken verwendet werden.

Dazu gehören auch die Gasdruckdämpfer, die in den letzten Jahren wieder vermehrt aufgetaucht sind. Sie sind schlank, in ihrem Wesen ehrlich, und als sichtbares technisches Minimum kann man durchaus Gefallen daran finden. Besonders setzen Hersteller wie Italiana Ferramenta, das zu Hettich gehörende Unternehmen FGV aus Italien, der türkische Hersteller Samet sowie Sugatsune aus Japan auf diese Technik. Aber auch andere haben die bewährten Gasdruckdämpfer im Programm. Da der Anfangswiderstand von Gasfedern etwas höher ist als bei der nachfolgenden Bewegung, eignet sich das Prinzip für grössere Hebel und höhere Lasten hervorragend, während ihr Einsatz bei kleinen Klappen dazu neigt, eher ruckartig und wenig «smart» zu verlaufen. Nicht umsonst ist die Technik bis heute die erste Wahl bei den grossen Heckklappen von Autos. Eine lange Liste an Baulängen und fein abgestufte Kraftklassen zwischen 50 und 180 N (Italiana Ferramenta) bieten punktgenaue Optionen. Nachteil der Technik: Die Gasdruckfeder macht nur die eine Bewegung. Liebgewonnene Funktionen wie etwa Push-to-open sind nur mit dem Einsatz von zusätzlichen Beschlägen möglich. Das gedämpfte Schliessen ist dem hydraulischen Prinzip fast schon eigen und deshalb leicht umsetzbar. Öffnungswinkelbegrenzer müssen dagegen in der Regel extra installiert werden.

Mehr Funktionen integriert haben die mit Federmechanismen ausgestatteten Gelenkarme für Hochklappen, wie sie etwa Häfele oder Samet im Programm haben. Diese Beschlagtypen sind nicht mit den alten Scherenarretierungen vergleichbar, brauchen aber durch die Trennung von Drehachse und Kraftspeicher zusätzliche Topf- oder Lappenbänder. Gelenke als Scheren oder Bügel gibt es auch in Gehäusen.

Die fetten Jahre sind vorbei

Solche integrierte Lösungen, zu denen auch die schlanken Beschläge für Dreh- oder Hochklappen von Grass, Effegi Brevetti oder neu von Häfele gehören, sind ohne zusätzliche Bänder konzipiert. Sie vereinen die erwarteten Funktionalitäten mit einem schlanken Design, das sich in die Korpusseiten integrieren lässt. Um sehr breite Klappen ausführen zu können, können dann auch hilfsweise Topf- oder Lappenbänder zur Stabilisierung nötig sein.

Zu den jüngsten Entwicklungen in der Welt der Klappenbeschläge gehört Free Slim von Häfele. Während andere schlanke Beschläge dieser Art mit Spiralfedern arbeiten, setzt Häfele eine U-förmige Feder ein. Weiterer Unterschied: Während die Beschläge von Effegi Brevetti und Grass auf der Korpusinnenseite eingelassen werden, wird der Häfele-Beschlag aussen integriert. Die aufgesetzte Montage dagegen erfolgt für alle Beschläge gleich im Korpusinneren.

Die Entwicklung hin zu immer schlankeren, wenig oder gar nicht sichtbaren Beschlägen bei den Klappen scheint eindeutig. Neben den ästhetischen Vorzügen sorgt ein minimalistisches Produktdesign für mehr Platz im Korpus und damit mehr Bedienkomfort, ohne auf die gewohnten Funktionalitäten und Einstellmöglichkeiten verzichten zu müssen. So ist beim Free Slim von Häfele auch eine Öffnungswinkelverstellung integriert. Zudem lässt sich die Klappe in beliebiger Position stoppen. Das Unternehmen möchte mit der neuen Technik aber noch weitergehen. «Dank der flachen, aber kraftvollen U-Feder ist das schlanke Design auch für andere Klappenöffnungsarten möglich. Aktuell arbeiten wir daran, Free Slim für alle weiteren gängigen Öffnungsarten zu entwickeln», teilt Häfele mit.

Bei Sugatsune hat man sich einem etwas exotisch anmutenden Klappenbeschlag angenommen. Das Ergebnis ist ein innen liegender Einschwenkbeschlag mit einer integrierten Soft-Close-Dämpfung, deren Schliessgeschwindigkeit eingestellt werden kann. Da die Klappe bei diesem besonderen Prinzip in den Korpus eingefahren wird, steht diese nicht im Raum und ermöglicht die Platzierung und gleichzeitige Benutzung weiterer Korpusse in unmittelbarer Nachbarschaft, was so nur diese Variante kann.

www.blum.comwww.italianaferramenta.itwww.sametglobal.comwww.fgv.itwww.salice.comwww.effegibrevetti.comwww.grass.euwww.haefele.chwww.sugatsune.com

CHRISTIAN HÄRTEL

Veröffentlichung: 04. September 2025 / Ausgabe 36/2025

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