Konvektion nein, Diffusion ja

Die Aussentür ist die Visitenkarte eines Gebäudes. Sind die Fugen nicht korrekt ausgeführt, trübt sich das Bild mit der Zeit. Bild: Riwag Türen AG

Abdichten.  Die letzten zwei Zentimeter bei der Montage von Aussentüren sind anspruchsvoll, denn die Anschlussfuge sollte dicht sein, aber nicht zu dicht. Warum das so sein muss, erklärt sich aus der Physik. Moderne Materialien ermöglichen eine fachgerechte Ausführung.

Als der deutsche Barockmusiker Johann Sebastian Bach um das Jahr 1745 die «Kunst der Fuge» komponierte, hatte er wohl kaum Schreinerinnen und Schreiner im Sinn, die sich auf dem Bau mit Fugen aller Art herumschlagen müssen. Dennoch: Wie seinerzeit Bach sollten auch sie die Kunst der Fuge möglichst gut beherrschen. Denn der gewollte Zwischenraum zwischen Fenstern oder Türen einerseits und der Gebäudehülle andererseits stellt eine besondere Herausforderung bei der Montage dar. Es gilt, die Lücke von einem bis zwei Zentimetern nach erfolgter Befestigung des Bauteils fachgerecht zu verschliessen.

Fugen sind Problemzonen. Das gilt speziell für Aussentüren, die Wind und Wetter ausgesetzt sind – insbesondere deshalb für fassadenbündig angeschlagene Türen. Eindringende Feuchtigkeit am falschen Ort lässt Türen und auch Fenster vorzeitig altern und führt im Laufe der Zeit zu kostspieligen Schäden am Bauteil.

Wasserdampf und damit Feuchtigkeit kann sich bauphysikalisch auf zwei Arten in und zwischen Bauteilen bewegen. Zum einen durch die Konvektion. Dabei bewegt sich Luft durch einen Spalt von der wärmeren Seite zur kühleren Seite eines Bauwerks. Unterwegs kühlt die Luft ab und die relative Luftfeuchtigkeit steigt an. Sobald diese 100 Prozent erreicht – die Luft also bei der jeweiligen Temperatur wassergesättigt ist – bildet sich Tauwasser. In hiesigen Breitengraden liegt dieser Taupunkt bei etwa 10 Grad. Bildet sich nun Tauwasser innerhalb eines Bauwerks, sei es in der Tür selbst, in der Anschlussfuge oder der anschliessenden Wand, kommt es mit der Zeit zu Schimmelbildung oder im Falle von Metall zu Rost. «Konvektion ist mit sachgerechter Abdichtung unbedingt zu vemeiden», sagt Jürgen Maurer, Geschäftsführer der Firma Hanno Schweiz AG, einem Anbieter von Dichtmaterialien. Nicht zu unterbinden aber unproblematisch ist dagegen die sogenannte Diffusion, der Austausch von Feuchtigkeit durch Wanderung von Molekülen in den Materialien selbst.

Innen dichter als aussen

Eine fachgerecht verschlossene Anschlussfuge verhindere im Idealfall Konvektion und erlaube dagegen Diffusion, wie Maurer weiter erklärt. Dazu wird vorerst der Hauptteil der Fuge klassisch mit Dämmmaterial wie Seidenzopf oder PU-Schaum verfüllt. Auch Schafwolle könne dazu verwendet werden. Besonders wichtig bei Aussentüren ist der Abschluss der Fuge auf der Aussenseite, wie nebenstehende Querschnitte zeigen. Problematisch ist hier, wenn ein Dichtstoff wie Silikon verwendet wird (oberes Bild). Eine Silikonfuge lässt keine diffundierende Feuchtigkeit nach aussen. Das heisst: Wassermoleküle «stauen» sich in der Fuge und diese wird feucht. Besser ist es gemäss Maurer, die Fuge aussen entweder mit einem vorkomprimierten Fugendichtband (unteres Bild) oder mit einer diffusionsfähigen Folie zu verschliessen. «Diese Folien und die Dichtbänder sind wind- und schlagregendicht, lassen aber diffundierende Feuchtigkeit nach aussen», erklärt Maurer. Vorkomprimierte Dichtungsbänder erfüllen die Anforderungen an Werkstoffe der Baugruppe 1 für eine nicht überdeckte Anwendung. Derart verschlossen, bleibe die Fuge trocken. Voraussetzung ist natürlich, dass die Fuge auf der Innenseite des Gebäudes passend abgedichtet ist. Für die Abdichtung im Gebäudeinnern empfiehlt der Fachmann Folien, welche die Dampfdiffusion hemmen, im Aussenbereich dagegen solche, die dampfdiffusionsoffen sind.

Sommers und winters nicht gleich

Ein weiterer Aspekt, der bei Aussentüren naturgemäss ins Gewicht fällt, sind die über die Jahreszeiten wechselnden Temperaturgefälle. Während es im Winter üblicherweise aussen deutlich kühler ist als im Gebäudeinnern, kann es sich im Sommer durchaus umgekehrt verhalten, etwa in Hitzesommern, wie dem vergangenen, oder wenn im Innern eine Klimanlage arbeitet. Um da den Feuchtigkeitshaushalt ganzjährig im Griff zu haben, gibt es feuchtevariable Produkte (Folien oder Multifunktionsbänder). Das Folienband kann sowohl innen wie auch aussen angeklebt werden. Es passt seine Durchlässigkeit an das wechselnde Klima, den Dampfdruck und die relative Luftfeuchtigkeit der Umgebung an.

Nie auf offenes Mauerwerk montieren

Bevor Schreinerinnen und Schreiner sich überhaupt Gedanken machen, wie nun die Anschlussfugen der Aussentür korrekt verschlossen werden, muss jedoch eine bauliche Vorrausetzung erfüllt sein, wie Maurer betont. Das Mauerwerk rund um die Öffnung darf nicht offen sein, sonst nützt alles abdichten nicht. «Wer als Monteur solche Situationen antrifft, muss den fehlenden, gemäss Richtlinien vorgeschriebenen Glattstrich beim Bauführer einfordern, bevor er die Tür montiert.»

www.hanno.ch

 

Auch Licht setzt den Türen zu

Nicht nur Wind und Wetter setzen exponierten Aussentüren zu, sondern auch das Sonnenlicht mit UV-Strahlen.Besonders in heissen Sommern können sich Türen beträchlich aufheizen und sich dabei verformen. Verstärkt wird das Problem, wenn die Türen bündig zur Fassade gesetzt und nicht durch ein Vordach beschattet sind. Wie stark die Türen aufgeheizt werden, hängt zu- nächst von ihrer Exposition ab. Türen, die gegen Westen oder Süden gerichtet sind, heizen sich naturgemäss am stärksten auf, gefolgt von Türen auf der Ostseite eines Gebäudes. Nur mässig dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt sind dagegen Türen auf der Nordseite.

Je dunkler, desto kritischer

Nicht nur bei Küchen und im Innenausbau sind dunkle Farben bis hin zu Schwarz im Trend, sondern auch bei Fassaden und folglich auch bei Aussenüren. Daher gilt es zu beachten, dass auch der Farbton den Grad der Erhitzung beeinflusst. Als Richtschnur für die zu erwartende Erwärmung dient der sogenannte Hellbezugswert (HBW). Weiss gestrichene Türen reflektieren das Sonnenlicht im Idealfall zu hundert Prozent (HBW 100 %), schwarze Türen dagegen gar nicht (HBW 0 %). Der VSSM empfiehlt, Farben mit weniger als 34 % abzulehnen oder zumindest abzumahnen – oder dann ein geeignetes Doppel zu verwenden. Spezielle Farben mit lichtreflektierender Wirkung, wie sie etwa der Hersteller Teknos anbietet, können das Problem etwas entschärfen.

Nützliche Grundlagen

Als Grundlage für Türplaner hat die Dachorganisation Lignum die Publikation «Lignatec Nr. 30 – Aussentüren» erarbeitet. Sie erklärt die Begriffe und Grundlagen, beinhaltet die relevanten Normen und listet die Anforderungen an die Bauteile auf. Für Schreiner als Hersteller von Türen bietet sich unter anderem das Lizenzprodukt «Aussentüren» des VSSM an.

www.lignum.chwww.vssm.ch

Stefan Hilzinger, hil

Veröffentlichung: 08. September 2022 / Ausgabe 36/2022

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