Lauf in ein neues Leben


Die Limite für die Teilnahme am Olympia-Marathon in Rio de Janeiro hat der Schreiner Tesfamariam Solomon (39) knapp verpasst. Jetzt trainiert er für die WM 2017 in London.


Die Limite für die Teilnahme am Olympia-Marathon in Rio de Janeiro hat der Schreiner Tesfamariam Solomon (39) knapp verpasst. Jetzt trainiert er für die WM 2017 in London.
Bei Kilometer 37 war Schluss. Tesfamariam Solomon musste am Prag-Marathon angeschlagen aufgeben. Krämpfe in den Beinen hinderten ihn daran, ins Ziel zu laufen und die Olympia-Limite für Rio de Janeiro anzugreifen. Der Rückschlag in Tschechiens Hauptstadt schmerzte den gebürtigen Eritreer besonders, weil er schnell unterwegs war. «Eine Zeit zwischen 2:09 und 2:10 wäre drin gelegen», sagt er. Die Schweizer Olympia-Limite von 2:14 hatte er in den Beinen, davon ist er überzeugt – wäre er nicht kurz vor dem Start zur Wettkampfsaison krank geworden. «Das hat mich weit zurückgeworfen», sagt er. Enttäuscht sei er schon gewesen, aber «im Sport kommt es halt oft anders, als man denkt». Sein Lauftalent, das schon in der Schule aufgeblitzt war, entfaltete er trotz widriger Umstände: Nach einer militärischen Grundausbildung in Eritrea wurde er eingezogen und an die Grenze geschickt, als das Land im Krieg gegen Äthiopien stand. «Täglich haben wir zu Fuss und mit Ausrüstung zwischen fünfzig und sechzig Kilometer zurückgelegt», sagt er. Die Einsätze haben seinen Körper geformt und ihn schnell gemacht – an Sportwettkämpfen der Armee lief er regelmässig in die vorderen Ränge. Und so wurde er zusammen mit 24 weiteren Talenten aus rund 1,5 Millionen Soldaten ausgewählt und in die Hauptstadt Asmara versetzt. Sportlich gesehen war die Verlegung ein riesiger Schritt vorwärts – endlich konnte er professionell trainieren und an offiziellen Wettkämpfen antreten. Aber der Mann mit den flinken Beinen und dem drahtigen Körper beobachtete auch mit Sorge, wie sich die Verhältnisse in der Armee rasch verschlechterten. «Es gab viele Verhaftungen, Deserteure wurden erschossen, Menschen, die sich gegen das System stellten, verschwanden», sagt er, «und ich wusste, dass ich der nächste hätte sein können.» 2005 entschied er sich zu flüchten.«Die Anfangszeit war schwer», sagt er. Seine Frau und die beiden Kinder musste er vorerst in Eritrea zurücklassen, und in den Asylzentren habe er sich oft einsam gefühlt. «Ich hatte keine Arbeitsbewilligung, war noch nicht anerkannt als Flüchtling, sah keine Zukunft und kam nicht zur Ruhe.» Das Laufen hat ihm geholfen, mit den Ängsten und der Ungewissheit umzugehen. «Es war wie eine Art Meditation und ein Mittel gegen die Schlaflosigkeit.» Überhaupt hat sich der Sport als Türöffner erwiesen. So fand er zum TV Länggasse und zur Wenger Fenster AG in Wimmis, wo er seine Schreinerpraktikerlehre machte und diese 2011 mit der Note 5,2 abschloss. «Das war knochenharte Arbeit», sagt er rückblickend. Heute arbeitet er in einem 50-Prozent-Pensum für das Familienunternehmen im Berner Oberland. «Daneben bleibt mir ausreichend Zeit für die täglichen Trainingseinheiten.» 220 Kilometer läuft er wöchentlich. Die Enttäuschung über die verpasste Olympiaqualifikation hat er weggesteckt, sein Blick geht voraus an die Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2017 in London.Verläuft alles nach Plan, wird er bis dahin den roten Pass besitzen und ganz offiziell für die Schweiz an den Start gehen können. Das würde dem 39-Jährigen, der mit seiner Familie in Steffisburg wohnt, viel bedeuten. «Die Schweiz ist meine Heimat. Gerne würde ich dem Land etwas zurückgeben, das mir Freiheit, Schutz und Unterstützung geschenkt hat.»sas
«Die Schweiz ist meine Heimat. Gerne würde ich dem Land etwas zurückgeben, das mir Freiheit, Schutz und Unter- stützung geschenkt hat.»
Veröffentlichung: 11. August 2016 / Ausgabe 32-33/2016
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