Leben als Beruf


Der Schreiner und Sozialpädagoge Ueli Laager (51) leitet eine Arbeits- und Wohngemeinschaft mit vier Dauerplätzen für Menschen mit geistiger Behinderung.


Der Schreiner und Sozialpädagoge Ueli Laager (51) leitet eine Arbeits- und Wohngemeinschaft mit vier Dauerplätzen für Menschen mit geistiger Behinderung.
Der Hof liegt am äusseren Stadtrand von Winterthur: ein Bauernhaus, umgeben von Tiergehegen und Gemüsegarten. Zwei zutrauliche Ziegen beschnuppern den Besucher neugierig, ein kleines schwarzes Schwein hebt zur Begrüssung den Kopf. Hühner, Meerschweinchen und Kaninchen laufen frei herum. In dieser Idylle leben vier geistig beeinträchtigte Menschen, die in den «gewöhnlichen» Grossinstitutionen keinen passenden Platz gefunden haben. Ueli Laager leitet zusammen mit seiner Frau die Arbeits- und Wohngemeinschaft «Im Haldenrain». Die beiden hegen eine eigene Philosophie, die sich von anderen Institutionen unterscheidet. «Wir leben alle unter demselben Dach. Eine Trennung zwischen Arbeit, Wohnen und Freizeit gibt es bei uns nicht», erklärt der gelernte Schreiner und Sozialpädagoge. Der persönliche Bezug zu den Bewohnern ist auf diese Weise viel grösser. «Wir betrachten uns als Familie. Wir sprechen Probleme an und suchen gemeinsam nach Lösungen.» Anita*, eine Mitbewohnerin, putzt gerade konzentriert das Schweine- und Ziegengehege, während Claudio die Pferde und das kleine Pony füttert. Das Zusammenleben mit den Tieren habe einen bereichernden Effekt auf die Mitbewohner, sagt Ueli Laager. «Anita zum Beispiel stammt aus dem Libanon und hat den Krieg hautnah miterlebt. Schwer traumatisiert kam sie zu uns», erzählt er. Es sei nicht immer leicht, mit ihrer Aggressivität umzugehen. Die Arbeit mit den Tieren beruhige sie.
Claudio hat bereits in mehreren Institutionen gelebt. Auf dem Schreibtisch in seinem Zimmer stapeln sich Zeitungsartikel. «Er sammelt Berichte über Polizeieinsätze. Sein Traum ist es, einmal Bodyguard zu werden», erklärt Ueli Laager. Das Zimmer nebenan gehört Marianne. Der Boden ist übersät mit Wäsche. Es riecht muffig. «Sie arbeitet einen Tag ausserhalb, hat aber Mühe, ihr Geld selbständig zu verwalten.» Das Zimmer von Melanie ist unbewohnt. «Wir mussten sie letzte Woche in die Psychiatrie einliefern.» Solche Situationen bringen Ueli Laager zuweilen an seine Grenzen. «Es gab in den vergangenen 15 Jahren schon Momente, wo ich den Bettel hinwerfen wollte», gesteht er. Laager hatte sich nach der Schreinerlehre für die Sozialarbeiterschule «Soz» entschieden. Mein Lehrmeister meinte beim Lehrabschluss: «Jetzt gehst du zu den Spinnern.» Solche Aussagen widerspiegeln die damalige Haltung gegenüber dem Sozialarbeiterberuf. «Unter den ‹Sozis› tanzte ich aus der Reihe», sagt der Schreiner, der gut bürgerlich erzogen und aufgewachsen ist. «Ich trug Adidasschuhe und ging mit dem Auto zur ‹Soz›, was in diesen Kreisen verpönt war.» Später arbeitete er als Werklehrer in der Werkschule Grundhof, wo er seine Frau kennenlernte. Sie hatte die Vision, Arbeit, Familie und Freizeit unter einen Hut zu bringen. «Ich hätte diese Lebensform nicht gewählt und musste erst lernen, welche Vorzüge mir dieses Leben bringt», erzählt der 51-Jährige. Und diese überwiegen deutlich: «Ich lebe ein Leben in absoluter Selbstbestimmung und Freiheit. Zudem bin ich täglich mit meiner Frau und meinen Kindern zusammen.» Wichtig sei ihm, dass er seine persönlichen Interessen leben könne. Dazu gehört das Schreinern.
Auf dem Hof gibt es genügend Schreinerarbeiten: etwa neue Tiergehege oder Podeste für den Tierzirkus. Seine Frau dressiert die Hoftiere und veranstaltet zusammen mit den Bewohnern Zirkusaufführungen.
* Alle Namen der Bewohner wurden geändert.
«Ich lebe ein Leben in absoluter Selbstbestimmung und Freiheit. Zudem bin ich täglich mit meiner Frau und meinen Kindern zusammen.»
Veröffentlichung: 26. März 2015 / Ausgabe 13/2015
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