Mach was draus


Der Erweiterungsbau einer Schreinerei mit Baubuche. Das Schichtholz verleiht dem Gebäude einen gänzlich anderen Charakter als das gewohnte, astige Nadelholzbild. Bild: Christian Grass / Pollmeier


Der Erweiterungsbau einer Schreinerei mit Baubuche. Das Schichtholz verleiht dem Gebäude einen gänzlich anderen Charakter als das gewohnte, astige Nadelholzbild. Bild: Christian Grass / Pollmeier
Bauen mit Buchenholz. Der Einsatz von Laubhölzern wie Buche für den konstruktiven Bereich ist sinnvoll. Ob Buchenprodukte breitenwirksam werden, hängt von ihrer Wirtschaftlichkeit ab. Deshalb stellen sich Fragen nach geeigneten Verfahren, Produkten und ihren Einsatzbereichen.
Der Einsatz von Laubholz im konstruktiven Bereich ist eigentlich ein alter Hut. Bei uns zeugen mehrstöckige Fachwerkhäuser davon, andernorts sind vor Hunderten von Jahren Decken- und Dachkonstruktionen in beeindruckenden Kolonialgebäuden erstellt worden. Der Einsatz von Buchenholz dagegen ist neu und das derzeit wohl heisseste Thema der Schweizer Holzwirtschaft. Die Buche war nie ein begehrter Baustoff. Vor allem weil das Holz wenig dauerhaft ist und als «wild» und «schwer zu bändigen» gilt. In gefällten Stämmen werden sogenannte S-Haken stirnseitig ins Holz geschlagen, um das Aufreissen des Stammes zu vermeiden. Doch jeder Förster weiss: Wenn ein Stamm reissen will, dann lächelt er nur milde ob der eingetriebenen Eisenteile.
Damit sind die Rahmenbedingungen eigentlich hinreichend beschrieben. Das Holz der Buche, der Mutter des Waldes, ist wenig bis kaum gefragt. Die Preise dafür sind im Keller und künftig wird es noch mehr von dem Holz geben, das gegenüber Fichtenholz mit enormen mechanischen Eigenschaften aufwartet.
Vor 20 Jahren glaubte die Holzwirtschaft noch, es gehe immer so weiter mit der Fichte als Brotbaum. Wer Laubholz zum Bauen einsetzte, wurde zumindest als realitätsfern angesehen. Vor 10 Jahren waren Pioniere zu Gange, die gebaut haben – mit Laubholz, aber weniger mit der Buche, sondern mit Eiche, Esche oder der Pappel. Dazu gehört die Neue Holzbau AG in Lungern OW. Mit reichlich Erfahrung beim Verarbeiten von Laubholz im Bau ist das Unternehmen auch bei der Geburtsstunde des Schweizer Buchenbaus mit dabei. Denn inzwischen drängt die Zeit. «Von den jährlich 3,5 Millionen Kubikmeter nachwachsenden Laubholzes werden nur 2,5 Millionen geerntet. Und nur fünf Prozent des in den Schweizer Sägereien verarbeiteten Holzes sind Laubholz», umreisst Bruno Abplanalp, Geschäftsführer der neue Holzbau AG in Lungern, die generelle Lage. Und fügt an: «Der weitaus grösste Teil, auch wertvolles Stammholz, wird mangels anderer Nachfrage zur Energiegewinnung verbrannt: Dies ist keine adäquate Nutzung eines hochwertigen Rohstoffs. Hinzu kommt, dass die Schweiz, ähnlich wie ein Entwicklungsland, Rohstoff exportiert und verarbeitete Halb- und Fertigfabrikate importiert. Gleichzeitig werden im KMU-Land Schweiz Sägereien geschlossen und Arbeitsplätze abgebaut.» Aus Sicht der Förster überaltern die Waldbestände mit Buche derzeit ohne Perspektive. Aus Sicht der Holzindustrie gibt es keine angemessenen Kapazitäten für Ver- und Bearbeitung zu Produkten in Buche. Und aus Sicht des Ingenieurholzbaus gibt es immer mehr spektakuläre Ideen zum Bauen mit Holz, die höhere Festigkeiten an den Werkstoff stellen. Man will höher hinaus mit Holz, und das soll mit der Buche gehen. «Buchenholz hat sicher dort eine Chance, wo eine höhere Festigkeit von Interesse oder sogar unvermeidbar ist», erklärt Andrea Bernasconi, Professor für Holzbau an der FH Westschweiz und Mitinhaber des Ingenieurbüros Borlini & Zanini SA in Lugano. «Es ist aber aus meiner Sicht nicht gerade so, dass Brettschichtholz aus Buche als Ersatz für jenes aus Nadelholz anzusehen ist. Zumindest nicht in nächster Zeit.»
Damit das Holz aus den Schweizer Wäldern auch im Land zu Bauprodukten verarbeitet werden kann, hat die Branche das Unternehmen Fagus Jura SA gegründet. In der Nordwestschweiz soll in Gebäuden einer stillgelegten Parkettfabrik ein neues Weiterverarbeitungscenter für Buche gebaut werden. Kernstück des Projektes soll ein Leimholzwerk sein, mit dem jährlich bis zu 16 000 m3 Leimholzprodukte und Bauelemente aus Buche und anderen Laubhölzern hergestellt werden sollen. Laut Geschäftsbericht 2016 soll das Werk bis zum Herbst nächsten Jahres in Betrieb gehen. Bis dahin würden die Produkte in Lohnarbeit bei verschiedenen Partnerbetrieben umgesetzt.
Bereits seit 2014 produziert der Unternehmer Ralf Pollmeier mit einem Buchenschälwerk Werkstoffe für das Bauwesen (s. SZ 19/2017). Die homogenen, berechenbaren Bauteile aus Furnierschichtholz sind inzwischen etabliert und erreichen nie dagewesene statische Eigenschaften beim Bauen mit Holz. «Baubuche GL70 darf mit Breiten zwischen 80 und 300 mm, Höhen zwischen 120 und 600 mm und Längen bis zu 18 m hergestellt werden», so das Unternehmen. Die Zulassung für Querschnitte bis 450 mm Breite, 2500 mm Höhe und 36 m Länge läuft derzeit. Vor allem aber egalisiert das Schichtholzprinzip «Baubuche» die unruhigen Eigenschaften des Holzes und spart die aufwendige Erstellung von Schnittholz samt dessen Trocknung. Das Ergebnis: Baubuche zeigt sich wirtschaftlich nicht schlechter als herkömmliche Brettschichtholz-Bauteile aus Nadelholz. Eine Notwendigkeit, die Pollmeier bei der Produkt- und Werksplanung als Voraussetzung hatte, und ein Ziel, das sich mit verleimtem Schnittholz in Buche auf absehbare Zeit nicht erreichen lassen wird.
Nachteilig beim Ersetzen der gängigen Produkte in Nadelholz durch Laubholz sind auch die einschlägigen Vorschriften und Normenwerke. Denn diese wurden speziell für Nadelholz entwickelt. So führt das zur Bestimmung der Verleimgüte angewendete Delaminierungsverfahren bei Brettschichtholz aus Laubholz regelmässig zu unbefriedigenden Ergebnissen. Und das obwohl bei Prüfungen der Scherfestigkeiten Laubhölzer gut abschneiden. Das Verfahren des standardisierten Delaminierungstests taugt schlichtweg nicht für alle Laubhölzer. Hier ist deshalb auch noch viel Grundlagenarbeit zu verrichten, und das dauert. «Mit der Forschung zum Laubholz steht man noch am Anfang. Im Stahlbau hat es über 50 Jahre gedauert, bis verbindliche Normen erarbeitet waren», weiss Abplanalp.
Technologisch liegen die Vorteile bei Bauteilen aus tragfähigen Laubhölzern auf der Hand. Abplanalp erklärt die Chancen: «Im Vergleich zu Nadelholz können die Querschnitte um 30 bis 50 Prozent verringert werden, was eine schlankere Architektur ermöglicht. Das ist aber nicht alles. Wir können etwa 40 bis 50 Prozent an Verbindungsmittel einsparen und dennoch die hohe Leistung vom Laubholz realisieren. Dank der heutigen CNC-Bearbeitungstechnik stehen dem Holzbauer mit den reinen Holz-Holz-Verbindungen neue Möglichkeiten zur Verfügung. Die Verbindungen selbst sind ja nicht neu, sondern wurden früher im Holzbau oft angewendet. Doch mit Laubholz steigen die Leistungen dabei um das Zwei- bis Dreifache an.» Dies ermöglicht vor allem speziell konfigurierte Teile in Bauvorhaben in Buche auszuführen und so die geforderten Eigenschaften in Holz zu erreichen. «Es gibt immer wieder Teile, die eine höhere Festigkeit aufweisen müssen, damit ein Projekt überhaupt zustandekommen kann. Insbesondere im Ingenieurbau mit Tragwerken, die ohne das fundierte Wissen eines Tragwerkplaners einfach nicht realisiert werden können. Dort findet hochwertiges Brettschichtholz, etwa in Buche, einen interessanten Einsatzbereich und kann hilfreich sein», sagt Andrea Bernasconi.
Bauprodukte aus Laubholz sind etwas gänzlich anderes, nicht nur wegen der mechanisch-physikalischen Eigenschaften, sondern auch ästhetisch. Laubholz ist nahezu astfrei, von anderer Struktur und anderem Antlitz in der Maserung und beflügelt so architektonische Ideen. Etwa mit zusammengesetzten Querschnitten. «Derzeit sind verschiedene derartige Produkte in der Entwicklung, bei denen Buchenholz als Basis für zusammengesetzte Querschnitte verwendet wird. Interessant ist das aber nur, wenn dafür hochwertige Materialien eingesetzt werden. Mit Buchen-Brettschichtholz macht das nur beschränkt Sinn. Man wird dieses eher als massiven Querschnitt realisieren», so Bernasconi.
Praktische Erfahrung mit zusammengesetzen Querschnitten mit der Buche gibt es inzwischen bei Triasol in Aeschau BE. Für die Erneuerung des Werkhofs im Albisgüetli in Zürich kamen bei den Geschossdecken Triasol-Elemente in Buchenholz zum Einsatz. «Dank des Einschnittverfahrens von Triasol im Riftschnitt kann die Verformung von Buchenholz bestmöglich aufgefangen werden, weshalb wir bei der Realisierung dieses Pilotprojektes beteiligt wurden», berichtet Simon Wüthrich von der Wüthrich Holz AG. Bei der Produktion von Triasol werden zunächst dreieckige Querschnitte erzeugt, die dann später gehobelt und miteinander verleimt werden. Dabei stellte der Einschnitt des Rundholzes im Nadelholzwerk keine Schwierigkeit dar. Das Trocknen sei zwar langwierig gewesen, aber ebenfalls ohne Weiteres machbar. Schwieriger gestaltete sich die Suche nach einem geeigneten Klebstoff für Laubholz mit tragendem Zweck. Aber: «Die Ausschussquote nach jedem Verarbeitungsschritt war viel höher als bei Nadelholz. Eine Verarbeitung von Buche ist daher deutlich teurer, weshalb eine Serienproduktion zurzeit eher unwahrscheinlich ist», sagt Wüthrich.
www.fagusjura.chwww.neueholzbau.chwww.pollmeier.comwww.borlini-zanini.chwww.triasol.chVeröffentlichung: 25. Mai 2017 / Ausgabe 21/2017
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