Masken aus eigener Kreation

Jan Widmer (28) hat seine Berufung gefunden und sich als Maskenbildner selbstständig gemacht. Bild: Caroline Schneider

Mit dem Urknall und dem traditionellen «Fötzeliregen» ist die Luzerner Fasnacht vergangenen Donnerstag eröffnet worden. Ein grosser Moment für den Maskenbildner Jan Widmer. Denn an eben diesem «schmutzigen Donnerstag» wurden die Masken und Gewänder, an denen er während vieler Stunden gearbeitet hatte, endlich der Öffentlichkeit präsentiert. Zuvor hatten sich die streng geheimen Sujets je nach Status des Arbeitsschrittes auf den Regalen, am Boden oder auf den Arbeitstischen seiner Werkstatt gestapelt. «Heuer fertigen wir für acht verschiedene Guggenmusikgruppen Masken an», sagt der gelernte Schreiner. In der Fasnachtszeit zur Welt gekommen, hat der 28-Jährige in seinem Leben noch keine einzige Fasnacht verpasst. «Ich muss bloss an den Urknall denken und schon kriege ich Hühnerhaut», erklärt er. Als Dreijähriger wurde Widmer Teil einer Kleinformation, also einer kleineren guggenmusikähnlichen Fasnachtsband. Mit fünf hat er seine erste Maske gebastelt, mit zwölf den ersten Leiterwagen, und ein Jahr später gründete er die eigene Wagenbaugruppe «Conversio». Widmer lebt nicht nur für die Fasnacht, sondern auch von der Fasnacht. Nach seiner Schreinerlehre hat er sich zum Maskenbildner ausbilden lassen und 2017 den Entschluss gefasst, sein Hobby zum Beruf zu machen.

«Als Maskenbildner kann ich meine Kreativität ausleben und meinen Ideen freien Lauf lassen», sagt er. Zusammen mit seinem Kollegen Marco Thomann hat er die Maskenmanufaktur in Luzern gegründet. Die beiden bieten nebst den herkömmlich hergestellten Masken aus Pappmaché auch solche aus dem 3D-Drucker an. Ganz von der Maskenmanufaktur leben kann Widmer noch nicht. Deshalb arbeitet er nebenbei im Familienbetrieb Schlössli Utenberg mit, wo er Parkettböden, Türen und Fenster restauriert.

Die Aufträge der Maskenmanufaktur haben in den vergangenen Jahren zugenommen. «Im letzten Jahr durften wir die komplette Ausstattung der ‹Guggemusig Rüssgusler› entwerfen und umsetzen. Das waren insgesamt 13 individuelle Rüstungen und zusätzlich 40 Brustpanzer und Schulternteile.» Das Volumen des Auftrags hätten sie zu Beginn unterschätzt. «Wir sind an unsere Grenzen gestossen. Aber am Ende waren wir glücklich, dass wir es gemacht haben. Die ‹Guggemusig Rüssgusler› schaffte es sogar in die Tagesschau», erzählt Widmer nicht ohne Stolz.

Die Digitalisierung hat auch bei diesem Beruf keinen Halt gemacht. Die Maskenproduktion erfolgt in der Maskenmanufaktur heute mehrheitlich noch nach der herkömmlichen Methode. Der 3D-Drucker ist sehr teuer und benötigt für eine Maske rund 30 bis 70 Stunden. «Oftmals kombinieren wir die beiden Techniken», erzählt Widmer. «Mit dem 3D-Drucker stellen wir den Prototyp her. Danach machen wir das Negativ für die Vervielfältigung.» Nebst den Fasnachtsmasken stellt Widmer Requisiten, Masken und Make-up für die Filmbranche her. «Kein Beauty-Make-ups», stellt er klar. «Pudern und Schminken sind nicht mein Ding.» Er sei auf Wunden, Narben und Zombies spezialisiert.

Es gab jedoch auch schon Anfragen, die er aufgrund ethischer Bedenken ablehnen musste. Dann etwa, «wenn jemand eine Maske für den Dreh von Gewaltvideos wollte». Maskenbauer ist ein seltener und vom Aussterben bedrohter Beruf. «Ich möchte mein Wissen teilen.» Seine Vision ist es, einen Maskenbauer-Verband zu gründen. Und damit eine Berufs-Gemeinschaft zu pflegen, in der man sich gegenseitig hilft, sein Können teilt und sich gemeinsam weiterentwickelt.

«Als Maskenbildner kann ich meine Kreativität ausleben und meinen Ideen freien Lauf lassen.»

cs

Veröffentlichung: 27. Februar 2020 / Ausgabe 9/2020

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