Massives aus dem Regal

Fünfschicht-Massivholzplatten werden von der Rohrer AG als Spezialität für Innen-türen produziert. Mit den Preisen für gewöhnliche Dreischichtplatten kann man nicht mehr mithalten. Bild: Philipp Heidelberger

Massivholzplatten.  Holz in seiner natürlichen Form ist wieder in, sofern es überhaupt wirklich mal ausser Mode war. Dennoch kaufen viele Schreiner keine Klotzbretter mehr ein, sondern fertige Massivholzplatten. Die Gründe dafür sind vielfältig, nicht in jedem Fall macht es aber Sinn.

Eigentlich ist es ja das Schöne am Schrei-nerberuf – das Arbeiten mit Massivholz. Immer mehr Betriebe kaufen aber keine Klotzbretter mehr ein, sondern bestellen beim Händler fertig verleimte Massivholzplatten. Diese Entwicklung spürt man auch bei der Atlas Holz AG im st. gallischen Trübbach: «Eigentlich würden wir lieber Klotzbretter verkaufen, aber die Nachfrage nach Platten hat stark zugenommen», sagt Geschäftsführer Marc Quirici.

Viele Faktoren kommen zusammen

Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Es gibt Betriebe, die haben schlicht keinen Platz für das Lagern von Brettern oder wollen sich dies nicht mehr leisten. Andere wiederum besitzen nicht die nötigen Einrichtungen, um Massivholz effizient zu verarbeiten, oder müssten in den Maschinenpark investieren. Selbstverständlich machen es die immer kurzfristigeren Auftragsvergaben und der Preisdruck auch nicht einfacher, Massivholzteile mit der nötigen Sorgfalt selber herzustellen. Allerdings geht so in einer Schreinerei nach und nach das Know-how der Massivholzverarbeitung verloren. Dieses ist ein wesentlicher Faktor, wenn es darum geht, Bretter speditiv auszuwählen, mit minimalem Verschnitt zuzuschneiden sowie auszuhobeln und zu qualitativ hochwertigen Teilen zu verleimen.

Gemäss Marc Quirici machen sich diese Umstände bei den Bestellungen von Massivholzplatten immer öfters bemerkbar: «Manche Kunden verstehen nicht, dass es von gewissen Holzarten schlicht keine fünf Meter langen Platten mit durchgehenden Lamellen gibt. Denn viele Baumarten haben nun mal keinen sechs Meter langen, astfreien Stamm.» Hinzu kommt, dass die Schweizer Kunden meistens breite, womöglich sogar fallende und nicht keilgezinkte Lamellen wünschen – manchmal sogar Schweizer Holz vom selben Stamm. Also eigentlich handverlesene Schreinerqualität, welche die Industrie gar nicht herstellen kann. Standardplatten aus der Industrie weisen aber normalerweise Lamellenbreiten von 40 bis 50 mm auf. Bei durchgehenden Lamellen sind je nach Holzart Längen von zirka 3 m verfügbar, keilgezinkte Platten gibt es bis 4,2 m. Die üblichen Stärken sind in 10-mm-Schritten bis etwa 50 mm erhältlich.

Industrieware: Kein Wunschkonzert

In diesem Zusammenhang ist dann auch immer wieder die Bemusterung ein Diskussionspunkt. Hat der Kunde irgendwo einen bestimmten Aufbau oder Charakter einer Platte gesehen, können die Händler nicht immer garantieren, dass eine Lieferung genau diesen Vorstellungen entspricht. Allenfalls können Wünsche wie beispielsweise ein ruhiger oder wilder Aufbau bei einzelnen Platten berücksichtigt werden. Der Händler muss diese dann von Hand im Lager aussortieren. «Schwierig wird es insbesondere bei grossen Mengen ab einer Plattenlänge von 2200 mm», sagt Quirici. Dann müssten die Händler jeweils ganze Pakete von Hand sortieren, was mit Mehrkosten verbunden wäre. Die meisten Hersteller solcher Massivholzplatten mit entsprechenden Produktionskapazitäten befinden sich zudem im Ausland. Und für diese sind die Bestellmengen aus der Schweiz zu klein, um Sonderwünsche zu berücksichtigen. Dass in solchen Fertigungen die Verleimregeln kaum ein Thema sind, versteht sich fast von selbst.

Spezialitäten aus der Schweiz

Deshalb gibt es verschiedene Betriebe in der Schweiz, die individuell gefertigte Massivholzplatten anbieten. Mit solchen Partnern arbeiten auch die Holzwerkstoffhändler zusammen, wenn es um spezielle Wünsche geht. Eine solche Herstellerin ist die Rohrer AG in Flüeli-Ranft OW. Die Zimmerei und Schreinerei produzierte bis 1981 Schaltafeln für Betonschalungen. Aufgrund des Kostendrucks aus dem Ausland stellte man diesen Geschäftszweig ein und begann 1999 mit der Produktion von speziellen, ein- oder mehrschichtigen Massivholzplatten. «Die Maschinen der Schaltafelproduktion waren ohnehin noch vorhanden», sagt Gaby Omlin- Rohrer, Verantwortliche für die Massivholzplatten-Produktion.

Anders als in der industriellen Fertigung stellen hier Schreiner und Zimmerleute die Massivholzplatten mit den entsprechenden Qualitätsansprüchen her. Sprich: Es wird, wenn immer möglich, auch auf die Verleimregel geachtet. «Manchmal muss man aber gewisse Kompromisse eingehen, wenn ein bestimmtes Bild gefordert ist», sagt Omlin-Rohrer. Dafür werden die Lamellen nach dem Auftrennen auf der Trennbandsäge mit Vorschub nochmals in einer von zwei Trocknungskammern auf die entsprechende Holzfeuchte konditioniert – obwohl das Unternehmen die Bretter bereits ab Sägewerk getrocknet einkauft. «Unsere Erfahrung zeigt, dass sich die fertigen Platten so nochmals wesentlich ruhiger verhalten», sagt Omlin-Rohrer. Anschliessend folgt auf einem Vierseiter das Aushobeln der Lamellen, die dann in einer Presse mit Seitendruck heiss und stumpf verleimt werden. Danach werden die Platten geschliffen und formatiert.

Wenn die Platte zickt

Das Unternehmen bietet die Herstellung von Massivholzplatten auch als Lohnarbeit an. Der Schreiner kann also das Rohmaterial selber liefern. Aber auch Gaby Omlin-Rohrer hält fest, dass manchmal die Erwartungen zu hoch sind und nicht erfüllt werden können: Bei manchen Holzarten wie Zwetschgen oder Apfel sei die Ausbeute einfach sehr schlecht und der Aufwand unverhältnismässig hoch. Andere wiederum sind zum Verleimen eher heikel, darunter natürlich verschiedene Tropenhölzer oder auch Räuchereiche.

Eine Klassikerin, die immer wieder für Probleme sorgt, ist selbstverständlich die Buche. Trotz aller Massnahmen können industrielle und halbindustrielle Produzenten das Schwind- und Quellverhalten dieses Holzes nicht komplett ausschalten. Insbesondere dann, wenn die Platten falsch gelagert wurden, am Bestimmungsort das Raumklima zu feucht oder zu trocken ist oder ein Bauteil falsch konstruiert wird.

Handelt es sich dennoch um mangelnde Materialqualität, dann hat man gemäss Marc Quirici gegenüber den industriellen Herstellern aus dem Ausland eher schlechte Karten: «Diese stellen sich dann auf den Standpunkt, dass ihre Produktionsstandards eingehalten wurden, und wir als Händler oder der Schreiner muss beweisen, dass dem nicht so ist.» Dies ist wiederum mit Kosten verbunden und lohnt sich leider in den meisten Fällen nicht.

Rustikal ist aufwendig

Ebenfalls nicht unterschätzen darf man die ganze Thematik rund um rustikale oder aus Altholz bestehende Platten. «Manchmal ist die Suche danach schwieriger, als wenn man fehlerfreies Holz sucht», sagt Marc Quirici. Das beginnt schon bei der Definition, und diese ist oft Geschmackssache: Ab wann gilt eine Platte als rustikal? Wie viele Äste darf sie haben, sind auch Risse erlaubt oder ist das schon zu viel? Und sollen die Äste und Risse gekittet sein? Wenn ja, in welcher Farbe?

Ausserdem müssen die Platten auch noch produzierbar sein. «Je mehr Äste, Ausfalläste und Risse die Lamellen enthalten sollen, desto schwieriger sind diese zum Sägen, Hobeln und Verleimen», sagt Gaby Omlin-Rohrer. Die «Qualität» des Rohstoffes muss also auch bei rustikalen Platten stimmen.

Nebst Massivholzplatten als Rohmaterial bieten verschiedene Hersteller und Händler auch fertig produzierte Tischblätter, Treppentritte und Möbelteile an, mit Zahnverleimung und behandelter Oberfläche.

Der Schreiner kann es auch

Individuell gefertigte Massivholzplatten sind im Vergleich zur Industrieware um einiges teurer, insbesondere wenn es sich nur um einzelne Platten handelt. Weil diese in der Regel komissionsweise hergestellt werden, liegt die Lieferfrist bei etwa zwei bis drei Wochen.

Ein erfahrener Schreiner in einer gut ausgestatteten Werkstatt kann da durchaus mithalten. Zumal er dann mit dem Kunden genau das Holz aussuchen und so zusammenstellen kann, wie er sich das wünscht – sofern dieser bereit ist, den Preis dafür zu zahlen. Steht der Preis oder die Lieferfrist im Vordergrund, sind industriell gefertigte Platten durchaus eine Alternative. Allerdings muss der Kunde dann Abstriche bezüglich Aussehen, Individualität und Qualität machen und vielleicht auch keilverzinkte Lamellen akzeptieren.

www.atlasholz.chwww.rohrex.ch

Eiche wird teurer

Bestände sind erschöpft

Egal ob als Parkett, Furnier, Massivholz oder Platten – Eiche führt die Rangliste beim Laubholz seit Jahren an, und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Folgen davon sind vermehrt spürbar: Die Reserven im Wald sind erschöpft, auch in Osteuropa haben die Bestände mas- siv abgenommen. Dies hat Auswirkungen auf den Preis: Seit den Sommerferien stiegen die Preise um etwa 3 bis 5 %. Der Handel geht davon aus, dass dieser in den nächsten Monaten noch weiter steigt.

Trendwende wäre nötig

Vergleichbare Alternativen sind allerdings rar. Bei der Kastanie sind die Vorkommen schlicht zu klein, um die Lage zu entschärfen. Die Esche kämpft seit einigen Jahren mit dem Eschentriebsterben, weshalb die Bestände im Moment ebenfalls geschwächt sind.

Eine Trendwende wäre daher durchaus angebracht und wird in absehbarer Zeit wahrscheinlich auch nicht mehr zu umgehen sein.

ph

Veröffentlichung: 07. Dezember 2017 / Ausgabe 49/2017

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