Mehr als nur Stauraum

Bild: Schreinerei Schürpf GmbH

Garderobe.  Sie ist Empfangsbereich, Stauraum und Ablageort in einem. Sie hat in jedem Zuhause einen festen Platz und fristet dabei doch allzu häufig ein Schattendasein. In der Garderobe liegt für den Schreiner noch einiges an Potenzial.

Oft ist die Garderobe für den Schreiner nur das «Beigemüse» bei einem Neu- oder Umbauprojekt. So nach dem Motto: «Und übrigens eine neue Garderobe sollten wir dann auch gleich noch haben.» Doch tatsächlich ist eine Garderobe viel mehr als ein praktischer Ablageort für Kleider, Schuhe, Hüte, Taschen oder Schirme.

«Zeig mir, wie du baust, und ich sage dir, wer du bist.» Das Zitat des deutschen Dichters Christian Morgenstern lässt sich ohne Weiteres auf die Garderobe übertragen. Sie vermittelt Besuchern einen ersten Eindruck der Wohnung oder des Hauses und gibt ihnen im Idealfall das Gefühl, willkommen zu sein. Sie ist nicht nur Stauraum und Durchgangszone. Denn wie oft endet ein Abend unter Freunden – bereits in Mantel und Schuhen – mit langen Gesprächen im Eingangsbereich? Schade also, wenn die Garderobe ein Schattendasein fristet, wenn sie doch so viel mehr sein könnte.

Funktion steht an erster Stelle

Klar ist, eine Garderobe sollte nicht einfach aus einem Schuhschrank und einer Kleiderstange bestehen, sondern auf die Bedürfnisse des Nutzers abgestimmt sein. Und bei allen optischen Ansprüchen gilt: An erster Stelle steht bei der Planung die Funktionalität. Denn die Garderobe ist fest in den Ablauf des Alltags eingebunden, und so werden unpraktische Lösungen zu einem immer wiederkehrenden Ärgernis.

«Nutzen und Ästhetik sollten zusammenspielen, damit eine Garderobe zu gebrauchen ist», bringt es Philippe Oestreicher, Inhaber des gleichnamigen Betriebes im basel-landschaftlichen Aesch, auf den Punkt. «Es ist die Aufgabe des Schreiners, das Maximum aus jeder Situation und Gegebenheit herauszuholen.»

Von der Masse abheben

«Wir müssen uns von den Möbelhäusern und Billigproduzenten abheben», sagt Reto Schürpf von der Schreinerei Schürpf GmbH in Schwyz. «Als Grundvoraussetzung dafür gilt, dass man sich auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden einlässt.»

Ein geeignetes Mittel, um sich von der grossen Masse abzuheben, sieht Schürpf in der persönlichen Beratung. Dabei sollen die Kundenwünsche aufgenommen und in praktische Umsetzungsvorschläge umgewandelt werden. Wichtige Themen seien neben einem ansprechenden Farbkonzept insbesondere eine optimale Raumausnutzung und eine maximale Modularität.

Mit der Modularität spricht er ein wichtiges Thema an: Mit der Entwicklung von der Partnerschaft zur Familie mit Kindern unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Grösse bis hin zum Rentnerdasein verwandeln sich die Ansprüche an eine Garderobe im Laufe der Zeit beträchtlich.

Nutzerspezifische Gestaltung

Die Häfele Schweiz AG in Kreuzlingen TG hat einen Faltprospekt ausgearbeitet, worin die Garderoben in vier auf die Nutzer abgestimmte Kategorien eingeteilt sind:

Die Praktische ist auf engem Raum realisierbar und passt damit perfekt in den Single-Haushalt. Sie zeichnet sich durch ihre Wandelbarkeit aus und lässt sich etwa durch Klapphaken mühelos an veränderte Bedingungen anpassen.

Die Repräsentative besticht durch einen edlen Stil. Sie kann durch ein gezieltes Beleuchtungskonzept ins rechte Licht gerückt werden und eignet sich insbesondere für den gehobeneren Wohnstandard. Passend dazu bieten sich auch in ihrem Innenleben ausfahrbare Tablar- sowie übersichtliche Schubladensysteme an.

Die Geräumige ist ganz auf die Familie ausgerichtet und bietet vor allem eines: genügend Stauraum. Ideal sind in diesem Zusammenhang flexibel unterteilbare Schubladen, in welchen vom Sonnenhut bis zum Springseil und den Knieschonern alles seinen Platz hat. Aufgrund der unterschiedlichen Grössenverhältnisse kann hier auch ein Garderobenlift sinnvoll sein.

Die Komfortable ist für ältere Menschen gedacht, die alles etwas ruhiger angehen lassen. Hier bietet es sich an, eine Sitzgelegenheit einzuplanen, um das An- und Ausziehen der Schuhe zu erleichtern. Daneben sollte darauf geachtet werden, dass die Kleidungsstücke problemlos zu ergreifen sind und die Garderobe zur leichteren Orientierung gut ausgeleuchtet ist.

Wo der Schuh drückt

Doch genauso wie es nicht die eine Familie gibt und nicht den einen Rentner, so gibt es auch nicht die eine Garderobenlösung. Und aus diesem Grund gehen die Gestaltungselemente fliessend ineinander über. Doch eines ist fast allen Garderoben gemein: das immerwährende Schuhproblem.

Wie verstaut man Alltagsschuhe, Ausgehschuhe, Sportschuhe, Stiefel und Hausschuhe in der Garderobe, ohne dabei ein heilloses Durcheinander anzurichten?

Um im Schuhdschungel den Überblick zu bewahren, gibt es die unterschiedlichsten Ordnungssysteme, so beispielsweise den von einem Schreiner erfundenen und hergestellten Schuhhalter der SFS Unimarket AG im st. gallischen Heerbrugg. Dabei handelt es sich um senkrechte Halter, die in ein eingenutetes oder aufgeklebtes Halteprofil in Tablaren oder Schubladen eingeschoben werden und auf denen die Schuhe aufgesteckt werden. Der Länge sind dabei keine Grenzen gesetzt, und in der Tiefe können je nach Wunsch mehrere Halteprofile hintereinandergereiht werden.

Übersichtliche Konstruktion

Auf eine andere Lösung setzt die Peka-Metall AG im luzernischen Mosen. Beim Pleno-Schuhschrank wird der Platz optimal ausgenutzt. Der Abstand zwischen den einzelnen Libell-Metalltablaren ist frei wählbar. Sie können mit einfachen Handgriffen in den Metallrahmen eingehängt werden.

Beim Öffnen der Tür wird das komplette Schuhregal ausgefahren und bietet so einen vollständigen Überblick.

Die Garderobe ist ein wichtiger Bestandteil des Alltags und wird in ihrer Vielseitigkeit oftmals unterschätzt. Sie bietet Stauraum, sorgt für Ordnung und kann als Gestaltungsobjekt zu einem positiven ersten Eindruck beitragen. Die Garderobe ist also nicht nur eine Visitenkarte für die Eigentümer, sondern ebenso für den Schreiner.

www.schreinerei-schwyz.chwww.schreinerei-oestreicher.chwww.freba.chwww.haefele.chwww.peka-system.chwww.sfsunimarket.biz

mh

Veröffentlichung: 03. August 2017 / Ausgabe 31-32/2017

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