Mehr durchgängige Lösungen

Von Digitaldrucken auf Schrankoberflächen über Korkprodukte bis zu ganzen Fahrzeugkonzepten wurde alles in Szene gesetzt. Bild: Andreas Brinkmann

Zuliefermesse.  Möbel- und Innenausbauer müssen sich für die Zukunft wohl auch vermehrt mit offeneren und engeren Wohnverhältnissen auseinandersetzen. Die Zulieferindustrie zeigte an der Fachmesse Interzum in Köln, was für diesen Zweck entwickelt worden ist.

Wer vergangene Woche zur Interzum nach Köln wollte, hatte zuerst einen Hindernislauf zu absolvieren. Die Gäste mussten an einer Grossbaustelle mit Hochhäusern vorbei und dann über ein riesiges, provisorisches Podest gehen, um die 190 000 m2 Ausstellungsfläche mit 1805 Anbietern aus 60 Ländern zu erreichen.

Fokus auf reduzierte Platzverhältnisse

74 000 Besucher kamen an die internationale Fachmesse für Produkte der Zulieferindustrie für Möbelhersteller und suchten Lösungen, mit denen sie Produkte und Aufträge noch besser ausführen können.

Wer genau hinsah, fand enorm viele Dinge, die entweder mehr Platz schaffen oder auch bei beengteren Bedingungen tolle Wirkungen erzielen. Offenbar stellt sich die Wirtschaft darauf ein, dass zukünftig sehr kleine Wohneinheiten mit optimaler Platzausnutzung ein ernst zu nehmendes Thema sein werden. Auch in Sonderschauen wurden Einrichtungsmöglichkeiten bei sehr geringen Platzverhältnissen gezeigt und deren Handhabung vorgeführt.

Das Wohnungszimmer

Viele bekannte Produkte gab es neu zu entdecken, denn sie wurden weiterentwickelt und ergänzt. Sie bieten nun besonders bei offeneren Einrichtungssituationen bessere Möglichkeiten. Firmen wie Blum, Salice oder Hawa Sliding Solutions zeigten Faltschiebefronten, die Bereiche wie Büro oder Waschküche verschwinden lassen und die beim Öffnen selbst in Taschen versenkt werden können.

Der italienische Hersteller Pessotto verblüffte mit vollwertigen Kippbetten mit nur 400 mm Tiefe, die tagsüber zum Sofa oder Tisch umfunktioniert werden. Erhältlich sind die kompletten Beschlägesätze mit den Bauanleitungen für ganz verschiedene Bettsituationen. Auch gibt es die Möglichkeit der elektrischen Bedienung für Endkunden, die körperlich nicht mehr so fit sind. Die eigentlichen Möbel können dann vom Schreiner individuell auf den Kunden passend gefertigt werden.

Schlanke Klappenbeschläge

Offenbar ist es ein grosses Anliegen, dass Klappenbeschläge weniger Platz wegnehmen und dabei noch besser aussehen. Grass präsentierte mit «Kinvaro T-Slim» einen 12 mm dicken Beschlag, den man in eine 16 mm dicke Seite bündig einlassen kann. Da steht nichts mehr vor. Dadurch, dass das Gehäuse farblich angepasst werden kann, sieht man ihn kaum mehr.

Blum entwickelt in eine ganz ähnliche Richtung und präsentierte eine fast serienreife Studie. Das taten auch andere wie beispielsweise Häfele. Der Kasten mit der ganzen Mechanik trägt nur noch wenige Millimeter auf und soll in einer Variante auch völlig unsichtbar in der Korpusseite einzubauen sein. Bei Kesseböhmer wurde mit «Free Space» ein Beschlag gezeigt, der edel aussieht und auch sehr wenig Platz vom Kasteninnenraum braucht.

Verbindendes im Wohnen

Dass Systeme nicht mehr nur für Küche, Badezimmer oder Wohnbereich gut sind, zeigten auch weitere Firmen: Bei Schüco Alu Competence bietet das System «Openstyle» Rahmen-, Einhänge- und Schiebeelemente, die sehr viele Wand- und Möbelsituationen auf leichte, filigrane Weise entstehen lassen. Sie können sogar für Trennwände und Schiebetüren in Raumhöhe eingesetzt werden. Die Profile sind zudem so ausgelegt, dass Füllungsplatten mit einer Stärke von 16 mm einsteckbar sind. Das System ergänzt auf sehr flexible Weise die bisherige Palette und bietet dem Schreiner viele Gestaltungsmöglichkeiten mit seiner ergänzenden Holzarbeit.

Universelles Grundsystem

Sobald man als Systemhersteller den Bereich Küche verlässt und Produkte anbietet, die bis in den Wohn- und Schlafraum attraktiv sein sollen, müssen diese in ihrer Grösse und Zusammenstellbarkeit flexibel sein. Vauth-Sagel hat daher mit «VS Elements» einen entsprechend anpassbaren Schrankinnenausbau entwickelt. Variable Systemrahmen mit mechanischen Komponenten wie dem linearen Vollauszug oder der Schwenk- und der Absenkmechanik und Einlageelemente erlauben individuelle Möbelausbauten für die liegende, hängende und stehende Aufbewahrung. Mit den zusätzlich verfügbaren Gestellrahmen-Elementen lassen sich sogar offene Regale oder Garderoben zusammenstellen.

Versteckte Arbeitsflächen

Die Peka Metall AG hat schon seit Längerem ihre Produkte für universelle Nutzungen ausgelegt und baut diese stetig funktionell weiter aus. Wer seinen Schrank öffnet, soll aufgeblättert und gut erreichbar den Inhalt vor sich haben. Mit Tablaren an der Tür und entsprechend tiefenreduzierten Auszügen im Korpus lassen sich kleine Dinge viel besser präsentieren. Die vorhandenen Systeme sind einander in den Funktionen entsprechend angeglichen worden.

Damit beispielsweise eine Kaffeemaschine in einem Schrank stehen und auch dort benutzt werden kann, braucht sie einen sicheren, festen Boden. Am Stand wurden Vollauszugstablare gezeigt, die ausgezogen arretieren und somit die Geräte darauf gut zugänglich machen, was auch für einen Drucker im heimischen Büro sehr praktisch ist. Erst durch nochmaliges Ziehen am Tablar lässt es sich wieder einfahren.

Interessant war auch die Studie einer von zwei Korpusseiten aus bedienbaren, grifflosen Schublade mit Einzug. Dabei übernimmt immer das Vorderstück, das betätigt wird, den Schubladenkasten, und das gegenüberliegende Vorderstück bildet auf seiner Seite eine geschlossene Front.

Schichtholz bleibend formen

Die Spannungen von Holz sind immer eine besondere Herausforderung, bieten aber auch Chancen: Die K + W Formholztechnik GmbH ist bekannt für Holzringe und Holzröhren, die sogar elliptisch und mit engen Radien herstellbar sind. An ihrem Stand zeigte die Firma, dass geschnittene Ringe aus einer Schichtholzröhre dreidimensional verformbar sind. Die in der Schnittebene wellenförmig verformten Ringe sind absolut formstabil und ergeben aufeinandergeleimt einen federnden Hocker. Auch andere Hersteller zeigten bleibende Verformungen, allerdings von formgefrästen Teilen aus Multiplexplatten.

Die Formsperrholzspezialistin Fritz Becker GmbH hat ein Verfahren entwickelt, bei dem ohne 3D-Furnier mittelstark geformte Elemente herstellbar werden. Die entsprechend verarbeiteten Deckfurniere der ausgestellten Muster zeigten ein durchgängig störungsfreies Bild und keinerlei Anzeichen von Rissbildungen. Besonders Stuhlrücken dürften davon profitieren.

Dreidimensionale Dekore

Immer in Bewegung ist der Dekorbereich. Da geht es längst nicht mehr um Fantasiedekore, sondern um äusserst genaue Nachbildungen von Hölzern, Steinen und Metallen. Bei Letzterem reichte die Angebotspalette von authentisch wirkenden, angerosteten Stahlplatten bis hin zu Spiegeln, die Formen mit Tiefenwirkung vorspielen. Diese passen sich sogar dem Blickwinkel und Licht- einfall an.

Immer öfter stimmt bei den Oberflächen die Haptik mit der Optik überein, was ihnen und somit auch den Endprodukten eine höhere Wertigkeit verleiht. Um das zu erreichen, werden nicht mehr nur Synchronporen in die Dekorschicht eingepresst, sondern mittels Digitaldruck aufgetragen. Auf diese Weise ist es sogar möglich, in einer glatten Fläche eine Holzeinlegearbeit mit spürbaren Poren darzustellen.

Eine ganze Sonderschau befasste sich mit den Möglichkeiten, die heute dank des Digitaldrucks bestehen. Der Reliefdruck ist wichtig, wenn es um authentische Wirkungen geht. Er zeigt nicht einfach ein zweidimensionales Bild, sondern man ist damit in der Lage, passende Strukturen darzustellen. Es zeigte sich aber auch, dass dicker aufgetragene Strukturen eher künstlich wirken als feinere Übergänge. Bei engeren Platzverhältnissen und entsprechenden Hautkontakten mit Möbeloberflächen dürfte dies dann recht wichtig sein.

www.pessottoreti.comwww.grass.euwww.hafele.comwww.schueco.comwww.vauth-sagel.dewww.peka-system.chwww.formholz.dewww.becker-brakel.de

ab

Veröffentlichung: 30. Mai 2019 / Ausgabe 22/2019

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