Mehr Fluss, weniger Ärger

Choreografie statt Chaos: Die Schreinerei Portner lagert die Werkstücke kommissioniert auf selbst entwickelten Paletten. Bild: Schreinerei Portner

Logistik im Betrieb.  Der Materialfluss in der Werkstatt wird oft nicht genauer betrachtet, auch wenn sich hier mit einfachen Mitteln viel Geld einsparen lässt. Mit passenden Strategien und Hilfsmitteln lässt sich die Effizienz jedoch massiv steigern.

Eine gut durchdachte Organisation und eine effiziente Logistik in der Produktion sind nicht nur für grössere oder spezialisierte Schreinereien ein wichtiges Thema. Auch für kleine und mittlere Firmen sind es zentrale Erfolgsfaktoren. Sie ermöglichen nicht nur reibungslose Abläufe, sondern schaffen auch die Voraussetzung für eine verbesserte Produktqualität sowie eine hohe Zufriedenheit von Mitarbeitenden und Kunden. Einfache und durchdachte Lösungen, zugeschnitten auf den eigenen Betrieb, können den Arbeitsalltag erleichtern und dabei helfen, wertvolle Zeit zu sparen. In vielen Schreinereien sind Arbeitsabläufe historisch gewachsen und werden oft nach dem Prinzip «Das haben wir schon immer so gemacht» gelebt. Und ja, bekanntlich geht es immer irgendwie, auch wenn das Vorgehen tatsächlich zeitraubend und ineffizient ist. Doch gerade in kleinen und mittleren Unternehmen, wo Ressourcen (Zeit, Geld, Material) besonders knapp sind, lohnt sich ein kritischer Blick auf die bestehenden Prozesse, und es gilt, Betriebsblindheit zu überwinden.

Alltägliche Probleme als Ausgangspunkt

Wer schon einmal in einer gut ausgelasteten Schreinerei gearbeitet hat, kennt die Situation: Viele Aufträge werden zur gleichen Zeit bearbeitet, und diese vielen Arbeiten bestehen aus einer Menge an Teilen, die irgendwie effizient bewegt werden müssten. Rasch entsteht ein Chaos, insbesondere, wenn Abläufe unklar sind und nur Standardhilfsmittel wie Paletten oder einfache Transportwagen zur Verfügung stehen. In der täglichen Praxis zeigt sich, dass insbesondere das häufige Suchen und Umlagern von Werkstücken bei der Bearbeitung oder dem Zusammenbau sowie Transportschäden an bereits fertigen Teilen erhebliche Zeitverluste verursachen. Müssen aufgrund von Schäden Teile nachlackiert oder sogar neu gefertigt werden, entstehen nicht nur zusätzliche Kosten, sondern auch unerwünschte Unterbrechungen im Arbeitsfluss. Besonders bei komplexen Aufträgen mit vielen Einzelteilen wird zusätzlich die mangelnde Übersicht zum Problem, wenn Werkstücke nicht logisch gruppiert oder gestapelt sind. «Aus meiner Erfahrung geht viel Zeit durch Unordnung und das Suchen nach Teilen und Kommissionen im Produktionsablauf verloren», sagt Daniel Bigler, Fertigungsspezialist bei der Schreinerei Portner in Hindelbank BE und zuständig für die Produktion. Naturgemäss kennt er die Herausforderungen aus seiner täglichen Arbeit.

Fokus auf die wichtigsten Arbeiten

Eine Herausforderung ist die grosse Vielfalt an Arbeiten, insbesondere in kleinen und mittleren Betrieben, wo vieles in Losgrösse eins, sprich als Einzelstücke nach exaktem Kundenwunsch hergestellt wird. Von der einzelnen Gartenzaunlatte bis hin zum grossen Schrankauftrag ist alles dabei. So wird die Produktvielfalt oft auch als Grund oder vielmehr Ausrede genannt, wieso keine Optimierungen im Betrieb vorgenommen werden können. Hier gilt es jedoch, sich auf seine Kernprodukte zu fokussieren. Wer mengenmässig beispielsweise viele Türen und Küchen fertigt, fokussiert sich auf diese Arbeiten. Die Daten aus der Auftragsverwaltung (Anzahl Aufträge, respektive Teile ergeben die Anzahl Palettenplätze) geben Annäherungswerte zur Menge an Material, die sich wöchentlich in der Fertigung befindet. Die Daten zeigen auch auf, wie gross die Zwischenlager im Betrieb dimensioniert sein müssten. Kombiniert mit den Arbeitsabläufen ergeben sich als Resultat die optimalen Fertigungsprozesse für den Betrieb. «Welche Arbeitsschritte erfolgen zu welchem Zeitpunkt, wann werden welche Werkteile benötigt, etwa zur CNC-Bearbeitung oder für den Zusammenbau? Solche Fragen sind zentral», sagt Bigler.

Eigenschaft der Teile als Ausgangspunkt

Nachdem die Prozesse definiert sind, rückt der Transport der Teile in den Fokus. Es sind Lösungen gefragt, welche über die Europalette oder den Standard-Transportwagen hinausgehen. Nur wenn diese auf die eigenen Anforderungen ausgelegt sind, können sie den optimalen Nutzen bringen. Wer passende Hilfsmittel entwerfen will, muss daher zuerst Klarheit zu den Eigenschaften seiner Teile haben. Menge, Grösse, Gewicht und Reihenfolge bei der Bearbeitung sind wichtig. Wer viele kleine Teile, beispielsweise für schmale Schubladen, bearbeitet, muss diese so organisieren, dass der Zugriff rasch und ohne mühsames Umstapeln vonstatten geht. Wer viele grosse, sperrige Teile wie Türblätter in der Produktion hat, achtet besonders darauf, dass die Hilfsmittel für das hohe Gewicht ausgelegt sind und das Anheben und Beschicken von Maschinen und Arbeitsplätzen effizient und ergonomisch funktionieren.

Generell ist darauf zu achten, dass gleichartige Teile zusammen bearbeitet werden können, so muss eine Maschine nicht mehrfach umgestellt werden. «Für uns steht zusätzlich im Vordergrund, dass fertige Werkstücke während der Zwischenlagerung keinen Schaden nehmen und möglichst platzsparend untergebracht werden», ergänzt Bigler.

Lieber den Spatz in der Hand ...

Für optimale Prozesse wären meist Anpassungen am Betriebslayout nötig. Für viele Firmen sind diese aufwendigen und meist kostenintensiven Anpassungen aus finanzieller und zeitlicher Sicht nicht realistisch, da sie meist auch die Infrastruktur wie Absaugung, Druckluft und Stromanschlüsse betreffen würden – eine weitere beliebte Ausrede, um keine Verbesserungen vorzunehmen. Hier empfiehlt sich, den Fokus auf das Machbare zu legen. Beispielsweise ist der Bau von eigenen, passenden Hilfsmitteln wie speziellen Kommissionierwagen oder einfachen Vorrichtungen an den Arbeitsplätzen mit überschaubarem Aufwand möglich und bringt immer eine Kostenreduktion durch Einsparung an Arbeitszeit mit sich (siehe Kasten auf Seite 10).

Gemeinsame Lösungen finden

«Aus meiner Sicht ist die Einbindung des gesamten Teams absolut zentral für die erfolgreiche Optimierung von Betriebsabläufen», betont Bigler. Mitarbeitende, die täglich in einem bestimmten Bereich arbeiten, erkennen Schwachstellen und Verbesserungspotenziale oft viel schneller und präziser als jemand, der die Prozesse nur aus dem Büro heraus betrachtet. Wenn Mitarbeitende erleben, dass ihre Ideen ernst genommen und umgesetzt werden, steigt die Motivation fast von allein. Dies fördert nicht nur die Innovationskultur im Betrieb, sondern wirkt sich auch positiv auf das Betriebsklima aus. Ein offener Austausch und die aktive Einbindung des Teams sind somit wichtige Grundlagen für nachhaltige Verbesserungen und zufriedene Mitarbeitende. Bei der Schreinerei Portner ist diese Denkhaltung ein fester Bestandteil der Philosophie. Um sich als Betrieb kontinuierlich weiterzuentwickeln, setzt man gezielt auf die Einbindung des gesamten Teams. Verbesserungsvorschläge aus der Belegschaft werden aktiv gefördert und systematisch gesammelt. Als Instrument dazu organisiert die Schreinerei Quartalssitzungen, bei denen jedes Teammitglied verpflichtet ist, mindestens eine Idee zur Optimierung einzubringen. So entstehen regelmässig neue Ansätze, die den Betrieb effizienter machen und die Abläufe verbessern. Entscheidend für den Erfolg dieses Systems ist die Offenheit der Geschäftsleitung, die eingereichten Vorschläge ernst zu nehmen und deren Umsetzung aktiv zu unterstützen. Auf diese Weise wird eine kontinuierliche Verbesserungskultur im Unternehmen aktiv gelebt, und es wird für alle Mitarbeitenden zur Selbstverständlichkeit.

Eigenbau als gute Alternative zum Kauf

Standardhilfsmittel wie Hubtische oder Rollwagen sind in vielen Schreinereien im Einsatz und erweisen sich bei alltäglichen Aufgaben als sehr nützlich. Allerdings passen diese Lösungen häufig nicht optimal zu den spezifischen Anforderungen und sind zudem meist mit hohen Kosten verbunden. Aus diesem Grund lohnt es sich oft, Hilfsmittel selbst zu bauen. Das ist nicht nur kostengünstiger, sondern ermöglicht es auch, individuelle Anforderungen gezielt abzudecken. Zudem bieten Eigenanfertigungen spannende Projekte für Lernende und fördern so deren handwerkliche Entwicklung und das Verständnis für die Abläufe im Betrieb. Auch wenn die Anforderungen sehr unterschiedlich sind, es gibt einige Punkte, die generell beachtet werden können:

  • Robuste Ausführung: Der Einsatz von Hartholz, Dreischichtplatten, Siebdruckplatten, Multiplex und Stahlprofile bietet sich an.
  • Verschiebbar: Rollen oder Hubwagenaufnahme für die flexible Bewegung im Betrieb.
  • Flexibilität: modular umrüstbar und erweiterbar, um verschiedene Teile und Arbeiten abdecken zu können.
  • Rascher Zugriff: Der Zugriff muss ergonomisch und rasch erfolgen, ein Umschichten von Teilen muss verhindert werden. Dies lässt sich mit Trennwänden, verstellbaren Konsolen und Regalböden erreichen.
  • Beschriftung: Klare Kennzeichnung für jedes Projekt mittels Block zum Beschriften oder Klemmbrett bzw. Zeigetasche für Auftragsdeckblätter. Allenfalls Einsatz von verschiedenen Farben zur Kennzeichnung.
  • Schutz vor Beschädigungen: Bürsten, Gummistreifen, Schutzleisten, Trennwände und der Einsatz von Spanngurten verhindern Beschädigungen und das Vermischen der Materialien.
  • Betriebssicherheit: Eigene Hilfsmittel sind so zu konzipieren, dass diese im täglichen Einsatz kein Sicherheits- risiko für die Mitarbeitenden darstellen, beispielsweise durch Kippen oder Herunterfallen von Teilen.

Kleine Schritte, grosse Wirkung

Ist ein Hilfsmittel erst einmal entwickelt und erfolgreich eingeführt, darf man sich nicht auf diesen Lorbeeren ausruhen, sondern muss das System ständig hinterfragen, um Verbesserungen und Weiterentwicklungen zu realisieren. Arbeitsabläufe, technische Möglichkeiten und Kundenwünsche ändern sich stetig, neue Ideen entstehen laufend, sodass einmal eingeführte Lösungen regelmässig an neue Gegebenheiten angepasst werden müssen. Prozesse lassen sich so laufend verbessern, Arbeitswege verkürzen und Fehlerquellen minimieren. Die Schreinerei Portner plant daher aktuell, die bewährten Kommissionierpaletten mit einsetzbaren Zwischenböden auszustatten. Damit können künftig auch kleinere Werkstücke effizient und übersichtlich gelagert werden. Effiziente Betriebsorganisation und Logistik sind keine Frage der Betriebsgrösse, sondern der Haltung. Wer bereit ist, bestehende Abläufe regelmässig zu hinterfragen und gemeinsam mit dem Team weiterzuentwickeln, kann mit einfachen Mitteln viel erreichen.

Es lohnt sich, im Betriebsalltag immer wieder innezuhalten und sich zu fragen: «Wie kann ich mir den Alltag erleichtern?» Häufig sind es einfache, aber durchdachte Massnahmen, die den Unterschied bewirken. Je individueller eine Lösung auf die Bedürfnisse des eigenen Betriebs zugeschnitten ist, desto nachhaltiger und wirkungsvoller zeigt sich ihr Nutzen, für den Betrieb und das gesamte Team.

www.schreinerei-portner.ch

Roland Wild

Veröffentlichung: 17. Juli 2025 / Ausgabe 29-30/2025

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