Miniautos in Tüftlerhänden


Schreiner Reto Hunsperger hat Jahrgang 1981 und besitzt in seiner Sammlung Modell-autos, die gleich alt sind wie er. Bild: Beatrix Bächtold


Schreiner Reto Hunsperger hat Jahrgang 1981 und besitzt in seiner Sammlung Modell-autos, die gleich alt sind wie er. Bild: Beatrix Bächtold
Der Motor heult auf, das Auto springt über eine Rampe und überschlägt sich. Das sieht aus wie ein übler Crash, doch Modellautopilot Reto Hunsperger bleibt cool. Flink gibt er mit dem Zeigefinger am Trigger der Pistolenfernbedienung Gas, worauf das kleine Fahrzeug wie von Geisterhand gepackt zurück auf seine Reifen hüpft und die Höllenfahrt über den «Ricci-Indoor-Rundkurs» im Industriequartier des zürcherischen Regensdorf fortsetzt. Ferngesteuerte Flug- und Fahrzeuge sind seit Weihnachten 1988 Hunspergers Leidenschaft. Damals hat er als 7-jähriger Knirps einen ferngesteuerten Monster-Beetle unter dem Christbaum entdeckt. Doch das Glück war kurz, denn schon bald war das Prunkstück fahruntüchtig und verstaubte auf dem Schrank. «Ich verstand nichts von Modellbau, und da man damals noch kein Internet hatte, war es schwierig, Ersatzteile zu finden», berichtet er. Inzwischen sieht das anders aus: Als gelernter Schreiner kann Reto Hunsperger die verschiedensten Materialien bearbeiten. Mit seinem handwerklichen Geschick dreht er an den winzigsten Schräubchen und kennt sich auch beim Lackieren aus. «Genaue und saubere Arbeit sind wie beim Schreinerberuf das A und O. Nur so erzielt man die nötige Stabilität», sagt er.
Stabilität ist wichtig, denn die kleinen Autos sind im Massstab 1:10 gebaut und fahren bis zu 100 Stundenkilometer schnell. Das bedeutet, dass sie eine bis zu sechs Mal grössere Belastung aushalten müssen als ein richtiges Auto. Im Internet findet man sowohl Ersatzteile wie auch neue Modelle, und so besitzt Hunsperger inzwischen mehr als 50 Exemplare. Die einen sind fahrbereit, die anderen schlummern als RC-Modellbausätze in Kartons vor sich hin. Die Abkürzung RC kommt aus dem Englischen und bedeutet «Radiocontrol», auf Deutsch «Funk-Fernsteuerung».
«Einer meiner Kollegen hat eine Scheune voller Triumph- Oldtimer; zu ihm sage ich immer: ‹Ätsch, ich habe viel mehr Autos als du.›», erzählt er sichtlich amüsiert. Er hat ausgerechnet, dass er sich für den Wert seines Fuhrparks wohl ein richtiges Auto der gehobenen Mittelklasse kaufen könnte. Ob er damit nicht mehr Freude hätte? «Auf gar keinen Fall», beteuert Hunsperger und erklärt auch gleich, warum. «Als ich als Schreiner von der Produktion in die Planung wechselte, wurde es meinem Handwerker- und Tüftlerhändli langweilig.» Sein Hobby kompensiere dieses Defizit perfekt. «Gleichzeitig sorgt es für den Ausgleich zum hektischen Alltag.» Daneben schätze er die «kollegiale Runde» Gleichgesinnter, die sich aus seiner Freizeitbeschäftigung ergeben habe. Rund sieben Stunden pro Woche steckt Hunsperger in seine Autos. Kürzlich ist er dem Wemu-Racing-Team beigetreten, um mit drei Teamkollegen auch nationale Rennen zu bestreiten.
Seinen grössten Erfolg hat er 2012 gefeiert. «Ich erhielt einen Silberpokal bei einem Zwölf-Stunden-Rennen. Die Regeln: Der gleiche Fahrer muss, ohne Ersatzauto, 2500 Runden fahren», erklärt er. Und dann schüttelt er seine Hand und lacht, als er sagt: «Nach dem Zieleinlauf war ich so verkrampft, dass ich meine Finger erst nicht mehr von der Fernsteuerung lösen konnte.»
Keine Frage, ohne die wohlwollende Unterstützung seiner Ehefrau Sandra könnte Reto Hunsperger dieses Hobby glatt vergessen. Rückhalt und Bewunderung findet er auch bei seinen beiden kleinen Töchtern.
Der stolze Papa sagt: «Die einjährige Melina schaut staunend zu, während die vierjährige Alissia bereits ziemlich geschickt Runden mit ihrem eigenen rosafarbenen Modellauto dreht.»
«Genaue und saubere Arbeit sind wie beim Schreinerberuf das A und O. Nur so erzielt man die nötige Stabilität.»
Veröffentlichung: 02. Juni 2016 / Ausgabe 22/2016
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