Mit dem Käfer auf Zeitreise


Das Brautpaar und sein Hochzeitsauto: Anita und Ruedi von Weissen-fluh fuhren im roten Käfer zu ihrer Trauung.


Das Brautpaar und sein Hochzeitsauto: Anita und Ruedi von Weissen-fluh fuhren im roten Käfer zu ihrer Trauung.
Die Käfer schwärmen wieder aus, der Frühling lockt sie aus den Garagen. Einer von ihnen ist feuerrot und trägt ein Berner Nummernschild. Am Steuer sitzt Ruedi von Weissenfluh. Eine Schlüsseldrehung und das moto- risierte Insekt erwacht zum Leben. «Wrum, wrum», der luftgekühlte Vierzylinder-Boxermotor im Heck arbeitet auf Hochtouren, sein metallenes Surren ist wie Musik in den Ohren des Schreiners aus Wichtrach. Eigentlich waren die Tage des VW-Käfers mit Baujahr 1973 bereits gezählt. Jahrelang rostete er neben einer Garage vor sich hin. Der Lack war ab und der Weg auf den Autofriedhof schien vorgezeichnet. Im letzten Moment rettete Ruedi von Weissenfluh den Wagen vor der Blechpresse, machte ihn in eineinhalb Jahren wieder fahrtüchtig und verpasste ihm den original roten Anstrich. Siebzehn Jahre und 80 000 Fahrkilometer später sind die beiden immer noch gemeinsam unterwegs – der Beetle ist zu einem Wegbegleiter geworden. «Ich habe schon so viel mit ihm erlebt. Die Fahrt im Käfer fühlt sich oft wie eine Zeitreise an», sagt er. Im kultigen Auto hat der Berner Oberländer Paare zum Traualtar chauffiert, er ist mit ihm bis nach Norwegen an ein Käfertreffen gefahren – und nachdem er Vater geworden war, montierte er für seine bislang jüngsten Mitfahrer Dreipunktgurten und Kindersitze auf der Rückbank. «Mein Sohn und meine Tochter haben den Käfer ins Herz geschlossen. Ihre Beziehung zu ihm ist viel inniger als zum Subaru, den wir jeden Tag fahren», erklärt er.
Und was ist, wenn der kleine Deutsche Altersschwäche zeigt? «Dann repariere ich ihn», sagt er und lacht. Im Gegensatz zu modernen Neuwagen, die nach ein paar hunderttausend Kilometern für immer ausrollen, hat das Automobil aus dem Volkswagenwerk Wolfsburg ein langes Leben. «Das Material ist robust, es bedarf nur der richtigen Pflege», sagt von Weissenfluh.
Er kümmert sich persönlich um das Wohl seines Käfers, wechselt defekte Teile aus und macht den Service. Der Schreiner, der in seiner Freizeit auch gerne mit Altholz arbeitet, hat gelernt, wie die VW-Ikone tickt und was zu tun ist, wenn sie streikt. «Man muss die Zusammenhänge kennen. Den Käfer kann man nicht wie neue Autos an ein Diagnosegerät hängen, um herauszufinden, was ihm fehlt; und genau das finde ich interessant», sagt er. Der Vize-Präsident der «Käfer & Buggy Freunde Berner Oberland» hält seinem Gefährten die Treue. «Das ist eher ungewöhnlich. Viele Käferfahrer wechseln das Fahrzeug alle paar Jahre; sie entscheiden sich für ein neues, zum Beispiel ein ausgefalleneres Modell.» Aber auch dem Wichtracher scheint der Sinn nach Veränderung zu stehen. Gegenwärtig wandelt sich sein roter Freund. «Ich baue ihn im Stil der 60er-Jahre um», erklärt von Weissenfluh.
Für die Zukunft wünscht er sich mehr Pferdestärken und vorne soll das fahrende Krabbeltier bald etwas tiefer liegen. Auf das Basteln folgt das Fahren. Dabei geht es nicht um Tempobolzerei. Der Weg ist das Ziel und ein unverwechselbarer Käfersound, der ungedämmt ans Ohr dringt, gehört ebenso dazu wie eine etwas hakelige Schaltung. «Es ist ein aktives Fahren, ein echtes Erlebnis», sagt von Weissenfluh.
Am Wochenende vom 9. und 10. Mai wird sich ein bunter Käferschwarm auf die Reise nach Brienz am See machen – alle zwei Jahre organisieren die «Käfer & Buggy Freunde Berner Oberland» ein Treffen auf dem Camping Aaregg. Mit dabei sein wird auch der einst dem Schrottplatz geweihte rote Käfer mit Ruedi von Weis-senfluh am Steuer.
«Den Käfer kann man nicht wie neue Autos an ein Diagnosegerät hängen, um heraus-zufinden, was ihm fehlt».
Veröffentlichung: 07. Mai 2015 / Ausgabe 19/2015
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